Valentinys Büro wirft Schengener Schöffenrat Verleumdung vor
Vor einem knappen Jahr hatte die Gemeinde zwei Verträge mit dem Büro des Architekten aufgelöst. Dieser will das nicht auf sich sitzen lassen
Die Entscheidung des Gemeinderats Schengen, zwei Verträge mit dem Architektenbüro von François Valentiny aufzulösen, hat ein juristisches Nachspiel. Das Büro hatte Bürgermeister Michel Gloden und die beiden Schöffen vor Gericht zitiert – nicht wegen der Vertragsauflösung an sich, sondern wegen Beleidigung und Rufschädigung. Am gestrigen Montag begann der Prozess vor dem Bezirksgericht Luxemburg.
Die Rechtsanwältin des Büros versuchte dem Schöffenrat nachzuweisen, dieser habe durch die von großem Medieninteresse begleitete Gemeinderatsentscheidung und nachfolgenden Interviews den guten Ruf des international tätigen Architektenbüros beschädigt. Bürgermeister Gloden und die Schöffen Tom Weber und JeanPaul Muller waren persönlich erschienen.
Auf der Anklagebank saß zudem ein Beamter des technischen Dienstes, dem die Anwältin des Büros Vorteilsnahme vorwirft. Auch Star-Architekt François Valentiny war gekommen, um als Zeuge auszusagen. Am ersten Prozesstag unternahm das Gericht den Versuch, durch die Aussagen zahlreicher Gemeinderatsmitglieder den Verlauf der Gemeinderatsdebatte zu rekonstruieren.
Mehrheitliche Vertragsauflösung
Der Schöffenrat hatte fünf Punkte zusammengetragen, wegen derer er keine Perspektive für eine vertrauensvolle Zusammenarbeit mit dem Büro Valentiny hvp mehr sah. Das Büro hatte die Ausarbeitung des Einzelbebauungsplans (PAP) für den Schul- und Sportkomplex an den Baggerweihern in Remerschen und die Bauplanung für die Sporthalle auf dem gleichen Gelände übernommen. Im Anschluss an die Ratssitzung, bei der eine Mehrheit von acht Gemeinderatsmitgliedern für die Position des Schöffenrats stimmte, löste die Gemeinde die zwei Verträge auf.
Im Zeugenstand berichteten mehrere Gemeinderatsmitglieder, wie Bürgermeister Gloden den versammelten Gemeindepolitikern den Sachstand erklärt hatte. Übereinstimmend sagten sie aus, dass Gloden den Punkt eher zurückhaltend vorgetragen habe. Der ehemalige Rat Pierre Hirtt meinte außerdem, der Bürgermeister sei vage geblieben und habe auf Hirtts Fragen nicht ausführlich geantwortet. In einem schriftlichen Dokument hatte die Gemeinde fünf Gründe angeführt, weshalb sie die Zusammenarbeit mit dem Büro Valentiny hvp kündigen wollte. Darunter waren Vertrauensbruch, die Kritik, das Büro habe die Wünsche der Gemeinde nicht berücksichtigt und jegliche vertrauensvolle Zusammenarbeit sei nicht mehr möglich. Im Raum stand außerdem der Vorwurf, das Büro habe vertrauliche Dokumente an Personen verschickt, die nicht im Gemeinderat waren.
Aline Pütz, bis zu den Wahlen Gemeinderätin, hatte im Mai gegen die Vertragsauflösung gestimmt. „Ich fand das Vorgehen des Schöffenrats unmöglich. Die Anschuldigungen klangen so, als sei François Valentiny ein Verbrecher“, sagte Aline Pütz vor Gericht.
Da bei der Gemeinderatssitzung das „Luxemburger Wort“und mehrere andere Medien anwesend waren, versuchte die Richterin herauszufinden, wer die Presse eingeladen hatte – bisher ohne Hinweise.
Der Gerichtsprozess fand als Folge einer „Citation directe“statt. Die klagende Partei – also das Architektenbüro – hatte die vier Beklagten unter Umgehung der Staatsanwaltschaft direkt vor Gericht zitiert. Bei diesem Vorgehen muss dann auch die klagende Partei die gesamte Beweislast übernehmen. Für den Prozess sind noch drei weitere Verhandlungstage angesetzt.
:„ Ich fand das Vorgehen des Schöffenrats unmöglich. Die Anschuldigungen klangen so, als sei François Valentiny ein Verbrecher“Aline Pütz, ehemalige Gemeinderätin, die gegen die Vertragsauflösung gestimmt hatte