Hoffnungsschimmer im Kampf gegen Hass im Netz
Das Internet sicherer und fairer machen – das ist das Ziel des Digital Services Act (DSA), der seit Samstag EU-weit für alle OnlinePlattformen gilt. Bereits seit Sommer müssen multinationale Plattformen wie Amazon, Google oder Meta im Rahmen der neuen EU-Verordnung besonders strikte Regeln einhalten. Dazu gehört zum Beispiel die Verpflichtung, rechtswidrige Inhalte schnell zu löschen. Doch die Umsetzung in der Praxis lässt noch zu wünschen übrig. Das World Wide Web, das immer stärker von sozialen Netzwerken dominiert – manche würden sagen „vergiftet“– wird, lässt sich nicht so einfach reparieren.
Wer in Luxemburg schon einmal Opfer von Cybermobbing oder eines Shitstorms geworden ist, konnte bisher kaum mit Hilfe von Facebook oder anderen Betreibern rechnen. Nach der Meldung von problematischen Inhalten in sozialen Netzwerken erhalten die Nutzer oft die enttäuschende Antwort: „Wir haben den Kommentar nicht entfernt.“Ein ärgerlicher Faktor ist, dass die menschlichen und digitalen Helfer der Plattformen die luxemburgische Sprache wohl nur unzureichend beherrschen – oder das kleine Land schlicht als „Quantité négligeable“betrachten. Daran wird auch die neue EUGesetzgebung kurzfristig nichts ändern.
Die Manipulation und Desinformation treibt im Internet indes weiterhin wilde Blüten. Was passiert, wenn alle Schranken zugunsten einer „absoluten“Meinungsfreiheit fallen, lässt sich seit der Übernahme von Twitter (jetzt: X) durch den Multimilliardär und „Obertroll“Elon Musk beobachten: Falschmeldungen und gewaltverherrlichende Inhalte kursieren dort millionenfach. Nach dem Angriff der Hamas auf Israel wurde X mit grausamen Bildern von angeblichen Enthauptungen überschwemmt – ohne dass der Kurznachrichtendienst konsequent eingeschritten wäre.
Noch ist es zu früh, um zu beurteilen, ob sich der Digital Services Act als „Gegengift“für Hass, Gewalt und Lügen im Netz bewährt und zu mehr Transparenz bei Algorithmen führt. In Brüssel gibt man sich kämpferisch: Dass die EU-Kommission Vertragsverletzungsverfahren nach dem Digital Services Act gegen X und TikTok eröffnet hat, ist ein wichtiges Signal. Auch gegen andere Größen wie Facebook, Google, TikTok, Amazon oder Zalando hat die EU vorläufige Schritte eingeleitet.
Gleichzeitig müssen die nationalen Behörden – in Luxemburg ist dies die Autorité de la concurrence – mit den notwendigen Ressourcen und Kompetenzen ausgestattet werden, um die Einhaltung der Regeln zu kontrollieren. Allein im Großherzogtum müssen rund 250 digitale Dienste nach dem DSA überwacht werden.
Gleichzeitig müssen die Bemühungen der Zivilgesellschaft und der Forschung, die Digitalplattformen kritisch zu begleiten, fortgesetzt werden. Wir dürfen Cyber-Gewalt nicht einfach resigniert hinnehmen – denn wer solche Beiträge im Netz verbreitet, begeht eine Straftat. Den Tätern muss klar sein, dass sie für ihre digitalen Angriffe genauso zur Rechenschaft gezogen werden können wie für physische Gewalttaten. Hasskommentare sind eine Bedrohung für die Demokratie, kein harmloser Spaß.
Dass die EU Verfahren gegen X und TikTok eingeleitet hat, ist ein wichtiges Signal.