Mangelhafte Koordination, Desinteresse oder Schlamperei?
Die Regierung antwortet auf eine parlamentarische Frage, die angeforderten Zahlen zu bestimmten Immobilien-Projekten nicht liefern zu können. Doch das stimmt nicht. Eine Analyse
Kurioses aus der Welt des Parlamentarismus. Die Abgeordnete Liz Braz (LSAP) erkundigt sich am vergangenen 19. Januar in einer parlamentarischen Frage (QP 202) für den Zeitraum 2021-2023 nach der Anzahl an verkauften VEFA-Wohnungen (Ventes en état futur d’achèvement), sowohl für Eigentümer (drei Prozent TVA) als auch für Investoren (17 Prozent TVA).
Und sie erkundigt sich nach der geografischen Aufteilung der VEFA-Investitionswohnungen, um so einen Überblick zu haben, in welchen Regionen des Landes in Wohnungen investiert wird. Die Frage geht sowohl an Finanzminister Gilles Roth (CSV) als auch an Wohnungsbauminister Claude Meisch (DP).
Geantwortet hat am 9. Februar lediglich der Finanzminister, wobei seine Antwort wertlos ist. Er kann die geforderten Zahlen nicht liefern, weil, so heißt es in der Antwort, seine Behörde (Enregistrement) nicht zwischen VEFA für Eigentümer und VEFA für Investitionen unterscheiden könne. Damit erübrigt sich dann auch die zweite Frage nach der geografischen Aufteilung der Investitionswohnungen. Die Fragestellerin ist nach dieser Antwort so schlau wie vorher.
Identische Frage von Di Bartolomeo und Cruchten vor zwei Jahren
Interessanterweise gab es bereits vor zwei Jahren eine identische Frage (QP 5374), gestellt von den damaligen LSAP-Abgeordneten Mars Di Bartolomeo und Yves Cruchten für den Zeitraum 2019-2021. Damals lieferte die Regierung die angeforderten Zahlen und Statistiken. Liz Braz hat den Wortlaut der damaligen Fragen quasi 1 zu 1 übernommen, bekommt aber keine Zahlen.
Auf LW-Nachfrage beim Finanz- und beim Wohnungsbauminister, warum heute nicht möglich ist, was damals möglich war, antwortet Enregistrement-Direktor Romain Heinen, die Antwort stamme einzig vom Finanzminister. Seine Behörde, das Enregistrement, sei eine Steuer- und Finanzbehörde und kein statistisches Institut und die IT-Tools seien ausschließlich auf Steuerverwaltungszwecke beschränkt. Was die parlamentarische Frage vom Dezember 2021 betreffe, seien die Daten damals in der Antwort vom Observatoire de l’habitat – das Institut untersteht dem Wohnungsbauministerium – und vom Statec überarbeitet worden.
Allem Anschein nach hat man diesmal nicht auf das Zahlenmaterial des Observatoire und des Statec zurückgegriffen. Liz Braz‘ Frage wurde vom Wohnungsbauministerium gar nicht behandelt. Erst auf LW-Nachfrage lieferte das Wohnungsbauministerium vergangene Woche eine ergänzende Antwort, die man auf der Internetseite der Chamber einsehen kann.
: Der Respekt vor dem Parlament verlangt, dass eine parlamentarische Frage immer direkt und umfassend beantwortet wird. Liz Braz, LSAP-Abgeordnete
Sie sei überrascht gewesen über die Antwort, erklärt Liz Braz auf LW-Nachfrage, „zumal die Zahlen in der Vergangenheit immer transparent kommuniziert worden sind“. Der Respekt vor dem Parlament verlange, „dass eine parlamentarische Frage immer direkt und umfassend beantwortet wird. Das wurde in diesem Fall in einer ersten Phase nicht respektiert.“Was dahinter stecke, sei für sie unklar.
Kuriose Begründung des Wohnungsbauministeriums
Auf Nachfrage zu den Gründen teilte das Wohnungsbauministerium schriftlich mit, die Zahlen seien zum Zeitpunkt, als die Frage gestellt worden sei, nicht verfügbar gewesen. Erst nach der spezifischeren und detaillierte
ren LW-Nachfrage seien die Informationen vom Observatoire de l’habitat aufbereitet worden.
Das ist absurd. Zum einen: Bei der LW-Anfrage ging es nicht um zusätzliche Details, sondern lediglich um die Frage, warum Informationen, die vor zwei Jahren verfügbar waren, auf einmal nicht mehr verfügbar sein sollen. Zum anderen: Die einmonatige Frist, die der Regierung zur Beantwortung einer Frage zusteht, war selbst zum Zeitpunkt der ergänzenden Antwort noch nicht abgelaufen. Am Zeitpunkt kann es also nicht gelegen haben. Das Ganze hat vielmehr den Anschein von Schlamperei, bestenfalls von mangelhafter Koordination zwischen dem Finanz- und dem Wohnungsbauministerium.
Aus der nachträglich eingereichten ergänzenden Antwort geht hervor, dass die Zahl der VEFA-Verkaufstransaktionen seit 2021 rückläufig ist und 2023 völlig eingebrochen ist. 2021 wurden 1.325 VEFA-Wohnungen verkauft, davon 62 Prozent zur Eigennutzung, 2022 waren es 1.169 Wohnungen, davon 61 Prozent zur Eigennutzung. 2023 wurden lediglich 245 VEFA-Wohnungen verkauft, davon 53 Prozent für Eigentümer und 47 Prozent für Investitionen. Die Zahlen von 2023 sind vorläufige Zahlen, da sie nur den Zeitraum Januar bis Ende September umfassen. Allerdings ist angesichts der Flaute auf dem Immobilienmarkt nicht damit zu rechnen, dass die Zahlen noch substanziell steigen werden.
Geografische Verteilung der Investitionswohnungen
Auch zur geografischen Verteilung hat das Wohnungsbauministerium Informationen.
Traditionell werden die meisten Investitionswohnungen im Kanton Luxemburg verkauft, gefolgt vom Kanton Esch/Alzette.
Zwischen 2017 und 2022 entfielen im Schnitt 42,6 Prozent der verkauften VEFA-Investitionswohnungen auf den Kanton Luxemburg. 2023 (Januar bis Ende September) stieg dieser Anteil auf 62,9 Prozent. In Zahlen ausgedrückt: Von den 116 verkauften Investitionswohnungen sind 73 dem Kanton Luxemburg zuzuordnen und 17 dem Kanton Esch/Alzette. Zum Vergleich: 2020 wurden im Kanton Luxemburg 369 Investitionswohnungen verkauft und im Kanton Esch/Alzette 158 Wohnungen.