Caritas will künftig mehr Geld in Luxemburg ausgeben
Die Wohlfahrtsorganisation will den Realitäten des Landes gerechter werden und stellt ihre „Vorschläge für mehr soziale Gerechtigkeit in Luxemburg“vor
Zurückhaltend mit Forderungen und sparsam mit Kritik waren die Vertreter der Caritas bei ihrer Pressekonferenz gestern, dem Welttag der sozialen Gerechtigkeit. Nicht das Bettelverbot sollte im Vordergrund stehen, sondern „Vorschläge für mehr soziale Gerechtigkeit in Luxemburg“. Der Start der neuen Regierung in Sachen Armutsbekämpfung, die eigentlich eine ihrer Prioritäten sein sollte, wurde trotzdem als „ein wenig unglücklich“bezeichnet. Dabei war man bei der Caritas anfangs ganz positiv gestimmt.
„Wir hatten das Gefühl, dass uns zugehört wurde. Viele unserer Topprioritäten finden sich im Koalitionsabkommen wieder“, sagte Generaldirektor Marc Crochet. 2023 sei ein wichtiges Jahr für die Caritas gewesen, „um den politischen Austausch zu suchen“. „Wir machen weiter Druck, damit sich die Situation für die Menschen am Rande der Gesellschaft verbessert und Geflüchtete bessere Perspektiven für die Zukunft bekommen“, versprach Präsidentin Marie-Josée Jacobs. Mit großer Besorgnis nehme man die steigenden Preise zur Kenntnis: „Vor allem bei den Lebensmitteln. Sie sind kein Luxus. Wir müssen aufpassen, dass die Menschen, die mit ihrem Einkommen geradeso über die Runden kommen, nicht plötzlich in die Armut rutschen.“
Spenden in Höhe von 3,3 Millionen Euro
Ihr internationales Engagement plant die Caritas weiterzuführen, jedoch die Zahl der Länder, in denen man aktiv ist, „etwas reduzieren“. Man wolle den Realitäten des Landes gerechter werden und deshalb das Budget künftig anders gewichten, informierte Marc Crochet. Im vergangenen Jahr hat die Caritas Spenden in Höhe von 3,3 Millionen Euro erhalten. „Ein größerer Teil davon fließt nun in unsere Arbeit in Luxemburg“, erklärte er. „Natürlich engagieren wir uns weiterhin in Krisengebieten wie Afghanistan, Syrien und Südsudan“, betonte Marie-Josée Jacobs.
Carole Reckinger, politische Sprecherin der Caritas, will der neuen Regierung nach 95 Tagen im Amt zwar noch keine Zensur ausstellen, dennoch kritisierte sie die kürzlich angekündigte Wohnungsbauoffensive. „Die Maßnahmen kommen vor allem Investoren und Hausbesitzern zugute. Und die Erhöhung des Mietzuschusses geht nicht weit genug“, stellte sie fest und erinnerte in diesem Zusammenhang auch an die hohe Nichtinanspruchnahme von Hilfen.
Anpassung des Revis ist unumgänglich
Ein prominenter Punkt im Koalitionsabkommen sei der Revis (Revenu d’inclusion sociale). Hier sieht die Wohlfahrtsorganisation besonders viel Handlungsbedarf. „Trotz Revis bleibt das Armutsrisiko in bestimmten Kategorien sehr hoch, vor allem bei Kindern und jungen Erwachsenen zwischen 18 und 25 Jahren sowie bei Alleinerziehenden“, bemerkte Reckinger und erinnerte daran, dass in Luxemburg jedes vierte Kind Gefahr laufe, in Armut aufzuwachsen.
Für die Caritas ist es unerlässlich, dass die Verwaltungsverfahren vereinfacht und der Zugang zu Sozialleistungen automatisiert wird. Die Zahl der Sozialarbeiter müsse erhöht werden, um die Menschen bei Behördengängen besser unterstützen zu können. „Die Rolle der So
zialarbeit muss generell gestärkt werden. Fallmanager sollten die Menschen von Anfang an begleiten“, forderte Reckinger.
Schwierig bleibt die Berechnungsgrundlage des Haushaltseinkommens, wenn es um die Auszahlung des Revis gehe. „Wenn zum Beispiel erwachsene Kinder arbeiten, aber noch zu Hause wohnen, wird ihr Einkommen angerechnet, was dazu führen kann, dass die Eltern den Anspruch auf Revis verlieren“, kritisierte sie.
Verbesserungsbedarf sieht die Caritas auch bei der beruflichen Wiedereingliederung. „Es wäre sinnvoll, in einer Studie herauszufinden, wie viele Menschen tatsächlich wieder auf dem ersten Arbeitsmarkt Fuß fassen“, regte Reckinger an. Die im Koalitionsvertrag angedachte Aktivierungsprämie gehe am Bedarf vorbei. „Meist ist es nicht so, dass die Menschen nicht arbeiten wollen, sondern dass sie aus gesundheitlichen Gründen oder wegen fehlender Kinderbetreuung daran gehindert werden. Das muss unbedingt berücksichtigt werden“, so die Politikbeauftragte der Caritas.