Luxemburger Wort

Biden erwägt, Asylrecht per Dekret einzuschrä­nken

Angesichts der außer Kontrolle geratenen Situation an der Grenze zu Mexiko und der Blockade im Kongress setzt der US-Präsident auf dieselben Mittel wie einst Trump

- Von Thomas Spang (Washington)

US-Präsident Biden erwägt einen politische­n Schachzug in der Asylpoliti­k. Per Dekret könnte er wesentlich­e Teile eines überpartei­lichen Kompromiss­es im Senat umsetzen, den die Republikan­er im Repräsenta­ntenhaus auf Geheiß Donald Trumps blockieren. Der Gesetzentw­urf hätte dem Präsidente­n ausdrückli­ch das Recht gegeben, die Grenze zu schließen, wenn diese täglich mehr als 5.000 Personen illegal überqueren.

Angesichts von zuletzt einer Viertelmil­lion Einwandere­r im Dezember wäre dieser Tatbestand im Moment erfüllt. Die Situation an der Grenze geriet im vergangene­n Jahr angesichts fehlender Grenzschüt­zer, Asylrichte­r und Unterbring­ungskapazi­täten immer weiter außer Kontrolle. Die alarmistis­che Berichters­tattung von FOX und Aktivismus in den Netzwerken trugen in den USA zum Eindruck einer Krise bei.

Für Präsident Biden entwickelt­e sich das Thema Einwanderu­ng zu einem Problem, weil es je nach Umfrage im Wahljahr ganz oben auf der Liste der Wählersorg­en steht. Das Weiße Haus hatte vergangene­n Oktober grünes Licht für Verhandlun­gen im Kongress über ein Reformpake­t gegeben, das Änderungen im Asylrecht mit Hilfen für die Ukraine, Israel und Taiwan verknüpft hatte. Ein auf der Linken der Demokraten wenig populäres Zugeständn­is.

Tauziehen im Kongress

Nach monatelang­em Tauziehen einigten sich moderate Republikan­er und Demokraten auf einen Kompromiss, der Biden weitgehend­e Befugnisse an der Grenze erteilt und mehr als 14 Milliarden Dollar für zusätzlich­e Kapazitäte­n bereitgest­ellt hätte. Aus Sorge, ein potentes Wahlkampft­hema zu verlieren, wies Trump seine MAGA-Unterstütz­er im Kongress an, das Gesetz zu blockieren.

Damit findet sich Biden nun an derselben Stelle wieder, wie Trump, der in seiner Präsidents­chaft mit einer vergleichb­aren Situation an der Grenze zu tun hatte. Und wie dieser plant Biden jetzt unter Berufung auf Abschnitt 212f des gültigen „Immigratio­n and Nationalit­y Act“vorübergeh­end Einwanderu­ngsbeschrä­nkungen zu verhängen. Das Gesetz gibt einem Präsi

denten das Recht, jede Person abzuweisen, die er als „schädlich für die Interessen der Vereinigte­n Staaten“befindet.

„Die Regierung hat über Monate in gutem Glauben verhandelt, um eines der härtesten und fairsten Grenzsiche­rungsgeset­ze in Jahrzehnte­n zu erreichen“, erklärte Fernandez Hernandez für das Weiße Haus zu den Überlegung­en, jetzt per Dekret zu einer Lösung zu kommen. Wobei der Sprecher einräumte, dass damit weder die notwendige­n Mittel noch die Grenzschüt­zer bereitsteh­en, die nur der Kongress bewilligen kann, noch alle Rechtsfrag­en geklärt seien.

Anfechtung droht

Der Präsident weiß nur zu gut, dass seinem Vorstoß dasselbe Ende vor Gericht droht wie der Alleingang seines Vorgängers. „Die Gerichte haben mit Nachdruck klargemach­t, dass die Trump-Regierung Asyl nicht allein aufgrund der Weise ablehnen kann, wie jemand ins Land gekommen ist“, sagt Lee Gelernt von der Bürgerrech­tsorganisa­tion American Civil Liberties Union, die seinerzeit geklagt hatte. Er hoffe, dass Biden nicht denselben Weg beschreite­t. „Wir stehen bereit, dies anzu

fechten.“Die Anfechtung vor Gericht erlaubte dem Präsidente­n, Trump und den Republikan­ern die Schuld für das Chaos an der Grenze zuzuweisen. Sprecher Hernandez forderte „Speaker Johnson und die Republikan­er im Repräsenta­ntenhaus“nachdrückl­ich auf, die Blockade zu beenden „und den überpartei­lichen Kompromiss zu beschließe­n.“

Das Weiße Haus betont, es sei noch keine abschließe­nde Entscheidu­ng darüber getroffen worden, ob der Präsident die Einschränk­ungen beim Asylrecht per Dekret anordnen wird. Analysten sind sich einig, dass sich an der Grenze praktisch wenig ändert, solange der Kongress nicht tätig wird. Aber politisch wäre das Thema entschärft.

Analysten sind sich einig, dass sich an der Grenze praktisch wenig ändert, solange der Kongress nicht tätig wird.

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Migranten beim Versuch der Überquerun­g des Rio Grande an der US-mexikanisc­hen Grenze.
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Fotos: AFP US-Präsident Joe Biden will sich mit Blick auf die anstehende­n Wahlen profiliere­n.

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