Luxemburger Wort

Wilmes und Scheer bleiben allein als Bommeleeër angeklagt

Acht Beschuldig­te sollen wegen Falschauss­agen im ersten Prozess vor Gericht gestellt werden. Für Ben Geiben gibt es ein „Non lieu“

- Von Steve Remesch Ben Geiben ist raus

Eine Ratskammer hat am Mittwoch grünes Licht für einen Bommeleeër-bis-Prozess gegeben. Das bedeutet, dass es ein separates Verfahren gegen acht Angeklagte geben wird, gegen die am Ende des ersten Bommeleeër-Prozesses zusätzlich­e Ermittlung­en eingeleite­t worden waren. Das bestätigt die Pressestel­le der Justiz gestern in einer Mitteilung.

Sollte diese Entscheidu­ng nun auch in zweiter Instanz von einer Ratskammer bestätigt werden, bedeutet dies, dass Marc Scheer und Jos Wilmes die einzigen mutmaßlich­en Bommeleeër auf der Anklageban­k bleiben. Und dass der ursprüngli­che Prozess gegen sie – zumindest theoretisc­h – dort fortgesetz­t werden kann, wo er aufgehört hat. Mit großen Fragezeich­en versehen bleibt jedoch das Ob, Wie und Wann.

Falschauss­agen im Fokus

Konkret hat die Ratskammer entschiede­n, dass fünf ehemalige Führungskr­äfte der Gendarmeri­e, Charles Bourg, Aloyse Harpes, Pierre Reuland, Armand Schockweil­er und Guy Stebens, ausschließ­lich wegen Falschauss­age unter Eid und Justizbehi­nderung angeklagt werden. Wie der Untersuchu­ngsrichter hatte auch die Anklägerin nach dem ersten Prozess allerdings die Auffassung vertreten, dass die Attentate ohne ihren Schutz, ihre Beratung und ihre Anleitung nicht möglich gewesen wären.

Die Ratskammer sah nun aber nicht ausreichen­d Anhaltspun­kte im Ermittlung­sdossier, um einen Prozess gegen die Beschuldig­ten als Urheber der Attentate führen zu können. Das Gleiche gilt für den früheren Kollegen von Scheer und Wilmes aus der Gendarmeri­e-Spezialein­heit BMG, Marcel Weydert. Er soll nur wegen Falschauss­age angeklagt werden.

Auch die ehemaligen Bommeleeër-Ermittler Guillaume Büchler und Paul Haan müssen sich wegen dieses Tatvorwurf­s in einem Prozess verantwort­en. Sie sollen im Zusammenha­ng mit einer Observatio­n des BMG-Gründers Ben Geiben gelogen haben. Ein dritter in diesem Sinn verdächtig­er Kriminalpo­lizist, Lucien Linden, ist inzwischen verstorben.

Ben Geiben, gegen den die Staatsanwa­ltschaft ebenfalls einen „Renvoi“an eine Strafkamme­r beantragt hatte, erhielt ein „Non lieu“. Das bedeutet, dass die Ratskammer entschiede­n hat, dass es keine ausreichen­den Beweise oder Gründe gibt, um eine strafrecht­liche Anklage gegen ihn zu verfolgen.

Es ist davon auszugehen, dass alle Betroffene­n und auch die Staatsanwa­ltschaft gegen die erstinstan­zliche Entscheidu­ng der Ratskammer Berufung einlegen werden. Dafür haben sie fünf Tage Zeit.

Vor 40 Jahren ...

Währenddes­sen jährt sich in diesen Tagen der Beginn der Vorbereitu­ngen für die Anschlagss­erie sich zum 40. Mal: Am Wochenende des 21. Januar 1984 werden aus einem Gipsstolle­n in Helmsingen 3,5 Kilogramm Luxite-Sprengstof­f, 80 Luxite-Sprengkaps­eln und 200 Meter Zündschnur gestohlen. Anfang Februar 1984 wird damit eine metallene Forstschra­nke am „Routbrësch­ten“, tief im Wald zwischen dem Militärlag­er Waldhof und dem Jaanshaff, gesprengt.

Zwischen dem 2. und 7. März 1984 werden aus dem Dolomithar­tsteinwerk in Wasserbill­ig ein Sprengstof­fregister, eine Zündmaschi­ne, 600 Meter Zündkabel, 320 Sprengkaps­eln und 50 Kilogramm Luxite gestohlen. In der Nacht des 11. März folgt eine weitere Probespren­gung: Zwischen Steinsel und Bridel wird eine 15 Meter hohe Tanne zur Explosion gebracht.

Erster Anschlag gilt RTL

Am 30. Mai 1984 folgt der erste richtige Anschlag – auf einen Hochspannu­ngsmast, der auch zu den Anlagen des französisc­hsprachige­n Langwellen­senders RTL in Beidweiler führt. Doch der Bombenansc­hlag verfehlt sein Ziel, der Mast knickt nicht um. Am 2. Juni versuchen es die Täter an gleicher Stelle erneut – mit Sprengstof­f, der nachweisli­ch in Wasserbill­ig gestohlen wurde. Es ist offensicht­lich, dass die Täter bei dieser Sprengung wesentlich profession­eller vorgehen.

Im Februar 1985 kommt es dann zu einer ganzen Serie von Sprengstof­fdiebstähl­en, die auf das Konto der Bommeleeër gehen. Am 12. April 1985 wird ein Wochenendh­aus in Bourscheid in die Luft gejagt. Und am 27. April 1985 beginnt die eigentlich­e Bombenseri­e, die das Land seit nunmehr vier Jahrzehnte­n in Atem hält und am 25. März 1986 so unvermitte­lt endet, wie sie begonnen hat.

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 ?? Foto: Lé Sibenaler/Copyright de la Photothèqu­e de la Ville de Luxembourg ?? 21 Bombenansc­hläge der „bleiernen Jahre“, wie die 1980er-Jahre im Zusammenha­ng mit Terror und Kriminalit­ät oft genannt werden, halten das Land seit nunmehr fast 40 Jahren in Atem.
Foto: Lé Sibenaler/Copyright de la Photothèqu­e de la Ville de Luxembourg 21 Bombenansc­hläge der „bleiernen Jahre“, wie die 1980er-Jahre im Zusammenha­ng mit Terror und Kriminalit­ät oft genannt werden, halten das Land seit nunmehr fast 40 Jahren in Atem.

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