Kurze Geschichte, große Dinge
Es ist schwer zu beurteilen, was mich am meisten fasziniert hat, als ich als Kind Erich Kästners Debütroman „Emil und die Detektive“las. Zu lange liegt das zurück. War es die vom Schriftsteller beschriebene Stadtatmosphäre? War es die Reise des kleinen Jungen Emil ganz alleine mit dem Zug nach Berlin? Oder war es vielleicht doch eher diese Clique der Großstadtjungen, die alle viel reifer waren als der junge Leser in demselben Alter.
Emils Mutter, alleinerziehend, hat ihrem Sohn ihr Erspartes anvertraut, das für die Großmutter in Berlin bestimmt sein sollte. Diese besondere Mission, die Emil auferlegt wurde, habe ich als junger Leser ganz bestimmt berührend empfunden. Der Verlauf der Geschichte ist für einen Erwachsenen vielleicht voraussehbar, für einen jungen Leser nicht aber unbedingt: Die Geldscheine sind plötzlich nicht mehr da. Emil verlässt den Zug und lässt seine Großmutter und seine Cousine, die ihn am Bahnhof in Berlin erwarten, sitzen. Stattdessen nimmt er die Verfolgung des Diebes auf. Ab da wurde er für mich (und für bestimmt alle Leser) zu einer echten Heldenfigur. Andere hätten sich weinend in den Schoß der Großmutter gestürzt, Emil aber stürzt sich ins Abenteuer. Bis heute gefällt mir, wie er und seine Detektive, alles Großstadtjungen, zu einer Mannschaft zusammenfinden und wie sie dabei eine Kriegskasse und einen Nachrichtendienst, „Parole Emil“, auf die Beine stellen.
Ja, hinter dieser kurzen Geschichte, in der Kästner selbst sogar als Zeitungsjournalist auftaucht, stecken große Dinge: Solidarität, Disziplin, Zivilcourage und eine Milieubeschreibung. All das macht auch dieses Kinderbuch von Erich Kästner zu einem literarischen Werk.