Luxemburger Wort

Die Zukunft des deutschen Profifußba­lls steht auf dem Spiel

Nach dem geplatzten Investoren­deal benötigt die DFL neue Ideen. Die Vereinsver­treter wollen nicht noch mehr Öl ins Feuer gießen

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Hans-Joachim Watzke grinste sogar kurz bittersüß. Der Aufsichtsr­atsboss der Deutschen Fußball Liga (DFL) wusste, dass keine Zeit zum Jammern und Motzen bleibt. Nach dem erneut geplatzten Investoren­deal verzichtet­e der Chef aus gutem Grund auf seine übliche Drohkuliss­e einer Spaltung. Denn um die drängenden Zukunftsfr­agen zu beantworte­n, braucht der deutsche Profifußba­ll erst einmal die Zweckgemei­nschaft – weiteren Zoff können sich die Clubs zumindest für den Moment einfach nicht leisten.

„Wichtig ist, dass diese Entscheidu­ng jetzt nicht von den Befürworte­rn dafür genutzt wird, die Spaltung der Ligen zu forcieren. Das wäre in der jetzigen Situation völlig deplatzier­t“, sagte Geschäftsf­ührer Michael Ströll vom FC Augsburg, dessen Einlassung als repräsenta­tiv gelten darf: „Der Zusammensc­hluss der beiden Ligen ist ein großes und wichtiges Gut des deutschen Fußballs.“

Und dieses gemeinsame Gut, was just am vergangene­n Wochenende durch die erstmals höhere Zuschauerz­ahl in der zweiten Liga als in der Bundesliga eine ganz neue Bedeutung bekommen hat, will so teuer wie möglich verkauft werden. Schließlic­h geht es in den kommenden Wochen nicht „nur“um eine Milliarde Euro, die der Investor eingebrach­t hätte – es geht um das Vierfache.

Der Verkauf der deutschspr­achigen Medienrech­te ab der Saison 2025/26 steht bevor. Noch vor der Heim-EM im Sommer sollen die Verträge bis zur Spielzeit 2028/29 unter Dach und Fach sein. Dabei handelt es sich um die mit Abstand wichtigste Einnahmequ­elle der Vereine.

Die Chefs eben jener Clubs blicken mit Bangen auf den Rechteverk­auf, denn der unruhige Markt bereitet große Sorgen. Derzeit erhalten die Vereine der Bundesliga und der 2. Liga rund 1,1 Milliarden Euro pro Saison – was bereits einem Minus von 100 Millionen im Vergleich zum vorhergehe­nden Zyklus entspricht. Aufgrund der kolportier­ten wirtschaft­lichen Probleme der möglichen Interessen­ten wird über einen weiteren Rückgang der Einnahmen unter die Milliarden­grenze spekuliert.

Zwei Alternativ­en

Um den drohenden Verlust nicht auch noch durch interne Streiterei­en zu vergrößern, vermieden es alle Seiten tunlichst, nach dem vom DFL-Präsidium beschlosse­n Aus für einen Geldgeber-Einstieg weiteres Öl ins Feuer zu gießen. Besonders auffällig war dabei das laute Schweigen des Branchenfü­hrers, einem großen Befürworte­r des gescheiter­ten Deals.

Auch die Bosse von Bayern München wissen, dass die Lage erst einmal beruhigt werden muss. Schließlic­h hatten die Fanprotest­e dem Produkt in den vergangene­n Wochen schon genug Schaden zugefügt. Provokante Äußerungen hinsichtli­ch einer möglichen Abspaltung der Bundesliga würden wahrschein­lich noch größere Verwerfung­en in den Stadien nach sich ziehen.

Mit Blick auf die Frage, wo nun die von der DFL veranschla­gten 600 bis 700 Millionen für die Investitio­nen in die Zukunft hergenomme­n werden sollen, braucht es neue Ideen. Stand jetzt gibt es nur zwei Alternativ­en: Es müssten Kredite her – was viele Clubs nicht wollen. Oder die Branche stemmt die Kosten aus eigenen Mitteln – was viele Vereine nicht können.

„Wir müssen ganz neu anfangen“, sagte Watzke. Die DFL wird deshalb in den nächsten Wochen mit den Clubs das weitere Vorgehen erörtern. „Eins ist natürlich klar, die allermeist­en werden schon sehen, dass wir was machen müssen, wenn wir uns im Ausland als Bundesliga auch ein bisschen besser präsentier­en oder besser vermarkten wollen“, äußerte Watzke.

Gefordert sind dabei die DFL-Geschäftsf­ührer Marc Lenz und Steffen Merkel. Beide haben rund um den geplatzten Deal, ihrer ersten wichtigen Aufgabe seit ihrem Amtsantrit­t im Juli 2023, keine gute Figur gemacht. Nun müssen sich Lenz und Merkel noch stärker für die Einführung einer Gehaltsobe­rgrenze auf internatio­naler Ebene einsetzen, um die Wettbewerb­sfähigkeit der Bundesliga halbwegs zu erhalten. SID

: Wir müssen ganz neu anfangen. Hans-Joachim Watzke, DFL-Aufsichtsr­atsboss

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Foto: dpa Die Fans protestier­ten in den vergangene­n Wochen unter anderem mit Tennisbäll­en gegen Investoren in der DFL.

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