Pflege, Reparaturen und humanitäre Hilfe
Seit Beginn der russischen Offensive in der Ukraine helfen Luxemburger Organisationen dem Land – vor allem dank anfänglich großzügiger Spenden
Warme Kleidung, medizinische Ausrüstung, Hygieneartikel oder einfach nur Geld. Als die russische Offensive in der Ukraine am 24. Februar 2022 angekündigt wurde, drückten viele Einwohner Luxemburgs ihre Solidarität durch Spenden aus. Während einige ganze Familien bei sich zu Hause aufnahmen, reisten andere sogar bis nach Osteuropa, um Schutzsuchende ins Großherzogtum zu bringen.
„Wenn es zu einer Katastrophe kommt, verspüren die Menschen das Bedürfnis zu handeln, zu helfen, um den Überfluss an Emotionen, den sie empfinden, zu lindern“, meint Olena Klopota, Generalsekretärin von LUkraine. Seit dem Ausbruch des Konflikts hat die Organisation ihre Arbeit auf zwei Säulen aufgebaut: humanitäre Nothilfe vor Ort und die Bewältigung des Flüchtlingsstroms nach Luxemburg.
Finanzierung von Krankenwagen
Im ersten Kriegsjahr sammelte LUkraine 2,6 Millionen Euro, die größtenteils für Notfallausrüstung, Rettungsfahrzeuge und das Gesundheitswesen ausgegeben wurden. „In den ersten acht Monaten konzentrierten wir uns auf die Nothilfe. Zu diesem Zeitpunkt wurde uns klar, dass der Krieg andauern würde, und wir organisierten uns neu, um effizienter zu werden“, erklärte Olena Klopota.
Ende Oktober 2022 startete die Organisation eine große Spendenkampagne. Unter dem Titel „Ukraine is calling“sollten Spenden gesammelt werden, um die Entsendung von 112 Krankenwagen in das Einsatzgebiet zu finanzieren. „Parallel dazu haben wir unsere eigenen Büros in der Ukraine eröffnet, um medizinische Evakuierungsmissionen und die Gesundheitsversorgung für jene lokale Bevölkerung zu leiten, die sich entschieden hat, in der Nähe der Frontlinien zu leben“, erläutert die Generalsekretärin von LUkraine.
Die Spenden der in Luxemburg ansässigen Personen ermöglichten es der Organisation auch, die Aufnahme ukrainischer Flüchtlinge im Großherzogtum zu organisieren. „Wir helfen den Menschen, die sich in Luxemburg niederlassen wollen, und bleiben dabei mit der ukrainischen Gemeinschaft verbunden“, fasst Olena Klopota zusammen. So werden am Samstagmorgen Kurse für Kinder organisiert, während parallel Aktivitäten für ältere Menschen angeboten werden.
Umwälzung der Aktivitäten
„Wir arbeiten viel an der psychischen Gesundheit der Flüchtlinge, die traumatische Erfahrungen gemacht haben und teilweise noch immer unter Kriegstraumata leiden“, fährt das Mitglied von LUkraine fort. Im Jahr 2023 wurden auf diese Weise 1.102 psychologische Beratungen finanziert.
Psychische Gesundheit ist auch eine der Prioritäten von Ärzte ohne Grenzen (MSF). Die NGO, die seit 1999 in der Ukraine mit Projekten zur Bekämpfung von HIV und Tuberkulose tätig ist, hat ihre Aufgaben während der russischen Invasion schnell neu ausgerichtet. „Wir sind zu einer Hilfsaktion für die Opfer des Krieges übergegangen, die aus der Aufnahme von Verletzten, der Weiterführung der Versorgung chronisch Kranker und der Verlegung verletzter Kämpfer von den Frontgebieten in sichere Gebiete besteht“, erläutert Esther Leick, Direktorin für Fundraising und Kommunikation von MSF in Luxemburg.
Innerhalb von zwei Jahren haben die Ärzte der NGO so 3.727 Patienten in medizinisch ausgestatteten Zügen aus den Kriegsgebieten evakuiert. „Die ukrainischen Behörden haben uns Güterzüge zur Verfügung gestellt, die wir umgebaut haben. Damit konnten wir die Kämpfer transportieren und behandeln“, erklärt Esther Leick. Parallel dazu schickte MSF Medikamente und Hygiene-Kits in die Krankenhäuser des Landes. Ebenfalls angeboten wurden Schulungen für das medizinische Personal, unter anderem zum Umgang mit Traumata.
Immer weniger Spenden
„Wir befinden uns nicht mehr in den ersten Stunden des Konflikts, als die Notwendigkeit bestand, in die Krankenhäuser zu gehen, um materiell zu helfen. Zwei Jahre später konzentrieren wir uns auf die Traumatologie, die Rehabilitation und die psychische Gesundheit“, sagt Esther Leick. Sie betont zudem, dass „diese beiden Komponenten sehr wichtig sind, weil die Bevölkerung misshandelt wird“.
Bei verschiedenen Missionen konnte MSF auf die Großzügigkeit der Einwohner Luxemburgs zählen, die es der NGO ermöglichte, bis 2022 zwei Millionen Euro zu sammeln. „Diese Großzügigkeit ist allerdings sehr schnell versiegt. Vergangenes Jahr haben wir
: Wir sind zu einer Hilfsaktion für die Opfer des Krieges übergegangen Esther Leick, Direktorin der Spendenaktion von Ärzte ohne Grenzen
nur 62.000 Euro an Spenden für die Ukraine erhalten, obwohl wir weiterhin viele Aktionen in dem Land betreuen“, bedauert die Leiterin der Fundraising-Abteilung.
Dasselbe Bild zeigt sich beim Luxemburger Roten Kreuz. Während im Jahr 2022 rund 3,8 Millionen Euro an Spenden gesammelt wurden, um auf die Notlage in der Ukraine zu reagieren, wurden im darauffolgenden Jahr nur noch 224.000 Euro gespendet.
Ein Rückgang, der die positive Einstellung von Myriam Jacoby gleichwohl nicht trübt. Die Projektleiterin, die seit 2012 für die UkraineProjekte des Roten Kreuzes verantwortlich ist, möchte die Großzügigkeit der luxemburgischen Spender hervorheben, die es der Organisation ermöglichte, sofort vor Ort zu handeln. „Wenn man sich ansieht, wie vielen Menschen wir in der Ukraine geholfen haben, vor allem in der Nähe der Frontlinie, können wir sehr stolz auf das sein, was wir erreicht haben.“
Direkte Hilfe in den Unterkünften
Insgesamt sind 3.000 Freiwillige des Ukrainischen Roten Kreuzes an der Umsetzung verschiedener Projekte beteiligt, mit denen 2,1 Millionen Menschen geholfen werden konnte. „Wir haben dreimal mehr Menschen geholfen, als in Luxemburg leben. Also können wir wirklich sagen, dass wir etwas bewirkt haben“, schwärmt Myriam Jacoby.
Zu den symbolträchtigen Projekten, die von der Organisation koordiniert wurden, zählt die Leiterin unter anderem die Umwandlung von Bürogebäuden in Unterkünfte für Vertriebene, die Unterstützung von Krankenhäusern an der Frontlinie, aber auch die direkte Unterstützung der Einwohner durch die Verteilung von Lebensmittelpaketen und die Reparatur ihrer Häuser.
So unterstützte das Rote Kreuz in den Regionen Sumy und Kiew jene Einwohner, die sich dafür entschieden hatten, in ihren Häusern zu bleiben, indem sie Fenster reparierte. „Wir sensibilisieren sie dafür, ihre Fenster mit ‚Anti
Blow‘-Filtern auszustatten.
Viele Fenster wurden durch direkten oder indirekten
Raketeneinschlag zerbrochen. Diese Filter halten das
Glas an Ort und Stelle, sodass die Kälte nicht in die
Wohnung eindringen kann“, erklärt Myriam Jacoby.
Die Freiwilligen des Roten Kreuzes sind auf die Unterstützung bei der Wohnungssuche spezialisiert und „reparieren viele Dinge, wie zum Beispiel Dächer“. Da viele Flüchtlinge trotz des schwelenden Konflikts wieder zurück in die Ukraine ziehen, ist das Ziel dieser Reparaturen, einen sicheren Raum für die Bewohner zu schaffen. „Das klingt einfach und banal, aber es ist psychologisch dringend, weil man sich dadurch geschützt fühlt“, betont die Leiterin.
Unterstützung der Nachbarländer
Diese Arbeit der kleinen Reparaturen wird auch von den Freiwilligen der Caritas Luxemburg durchgeführt. „Wir können keine ganzen Häuser wieder aufbauen, aber ein Loch in einem Dach oder in einer Wand reparieren. Das können wir, und wir geben dieses Wissen weiter“, erklärt Michael Feit, Verantwortlicher bei Caritas Luxemburg für die internationale Zusammenarbeit. Vor Ort hat die Hilfsorganisation einen Dreijahresplan aufgestellt, der auf drei Säulen beruht: Unterbringung, Vorbereitung auf den Winter und Aufnahme von Flüchtlingen in den Nachbarländern. In Moldawien finanziert die Caritas ein Zentrum, in dem 80 bis 120 Flüchtlinge untergebracht sind, darunter alleinstehende Frauen mit Kindern und Menschen mit Behinderungen. „Dank der Großzügigkeit der Spender konnten wir direkt eingreifen, und die Flüchtlingshilfe gehört zu den Maßnahmen, die wir sofort umsetzen konnten“, unterstützt Michael Feit. Er war 24 Stunden nach Ausbruch des Konflikts bereits vor Ort. Michael Feit, der seit 35 Jahren im humanitären Bereich tätig ist, davon 28 Jahre bei der Caritas, sagt, er habe in seiner Karriere noch nie eine solche Welle der Solidarität erlebt. Insgesamt wurden von der Hilfsorganisation drei Millionen Euro für die Ukraine im Jahr 2022 gesammelt. „Es ist außergewöhnlich, eine solche Welle der Solidarität zu sehen, die da von der luxemburgischen Bevölkerung ausgedrückt wird. Wir hatten nicht mit diesem Ausmaß gerechnet“, freut er sich.
Wie bei den anderen Vereinen versiegte der Spendenfluss im Jahr 2023, da nur 300.000 Euro gesammelt wurden. „Dieser Rückgang war aber erwartet worden. Es geht nicht nur um die Ukraine, sondern um viele andere Krisen auf der Welt. Daher werden wir unsere Kampagne 2024 auf die globale Krise der Ernährungssouveränität ausrichten. Den Wiederaufbau der Ukraine muss die ganze Welt finanzieren, nicht nur die Caritas Luxemburg.“
Wir haben dreimal mehr Menschen geholfen, als in Luxemburg leben. Also können wir wirklich sagen, dass wir etwas bewirkt haben. Myriam Jacoby, Leiterin der Ukraine-Projekte des Luxemburgischen Roten Kreuzes