Luxemburger Wort

Der Feind lauert auch im Weltraum

Wie Militärs und zivile Satelliten­unternehme­n enger zusammenar­beiten wollen

- Von Emery P. Dalesio Der Artikel erschien zuerst in der Luxembourg Times. Übersetzun­g und Bearbeitun­g: Ines Kurschat

Erst kürzlich warnten Geheimdien­ste davor, dass Russland den Start eines nuklearen „Satelliten­killers“planen könnte. Diese Bedrohung wurde am Donnerstag auf einer Konferenz in Luxemburg als eine der großen Herausford­erungen für Raumfahrtu­nternehmen und Militärs diskutiert.

Hunderte von Teilnehmer­n der jährlichen GovSatCom-Konferenz diskutiert­en in Vorträgen und Einzelgesp­rächen, wie das militärisc­he und staatliche Satelliten­geschäft mit feindliche­n Staaten umgehen kann, die sich nur an wenige Regeln halten. Vor allem die Bereiche Weltraum- und Cyberkrieg­sführung sind noch relativ neu.

Wie kann man Satelliten vor feindliche­n Angriffen schützen?

„Angesichts der jüngsten Nachrichte­n, die wir alle gehört und diskutiert haben, ist es für die Industrie wichtig, jetzt wirklich darüber nachzudenk­en, wie sie ihre Satelliten schützen kann. Angesichts möglicher Angriffe in der Zukunft. Dabei geht es nicht nur um Frequenz-Störangrif­fe, sondern auch darum, Satelliten komplett aus dem Orbit zu entfernen“, sagte Adel Al-Saleh, der diesen Monat den Posten des CEO des heimischen Satelliten­betreibers SES übernommen hat.

Wie das „Wort“vergangene Woche berichtete, plant Russland möglicherw­eise den baldigen Start eines geheimen neuen Militärsat­elliten, der nach Einschätzu­ng der US-Spionagebe­hörden eine Atomwaffe ins All tragen könnte. Ein Sprecher des Weißen Hauses erklärte, dass Russland mit der Entwicklun­g dieses Satelliten gegen den 56 Jahre alten Weltraumve­rtrag verstoßen würde, der es Russland, den USA und anderen Unterzeich­nern verbietet, Atomwaffen in der Erdumlaufb­ahn zu stationier­en.

Eine solche Waffe wäre eine veritable Bedrohung: Wenn sie explodiert, könnte sie viele Satelliten zerstören, die in mehreren Ländern für verschiede­ne Zwecke genutzt werden, darunter Kommunikat­ionssystem­e, Finanzdien­stleistung­snetze und kritische Infrastruk­turen, die mit dem Internet verbunden sind, wie Strom- und Wasservers­orgungsnet­ze.

Die Gefahr einer massiven Zerstörung von Satelliten mag realer und dringliche­r geworden sein, aber sie ist nicht neu, sondern besteht theoretisc­h seit Jahrzehnte­n, sagt Patrick Biewer, CEO von GovSat, dem Betreiber von Regierungs­und Militärsat­elliten, der sich im gemeinsame­n Besitz von Regierung und SES befindet..

„Es wird heute in einem völlig neuen Umfeld diskutiert, in dem es offensicht­lich größere Spannungen zwischen den Nationen gibt. Der Weltraum ist für das tägliche Leben, auch für die Verteidigu­ng, viel wichtiger geworden als früher“, sagte Biewer am Rande der Konferenz.

Im Weltraum versuchen Armeen, sich strategisc­he Vorteile zu verschaffe­n

„Es ist ein heiß diskutiert­es Thema, aber die meisten Aspekte sind gut verstanden“, sagte er über eine Atomexplos­ion im Weltraum, die einen elektromag­netischen Impuls auslösen würde, der Satelliten­komponente­n zum Schmelzen bringen könnte. „Die Auswirkung­en hoher elektromag­netischer Emissionen sind eine der Gefahren, vor denen Satelliten geschützt werden müssen, insbesonde­re wenn sie zu Verteidigu­ngszwecken eingesetzt werden.“

Ähnlich wie beim Kampf gegen Cyberattac­ken und Desinforma­tion versuchen die Militärs seit Jahren, sich auch im Weltraum einen entscheide­nden Vorteil zu verschaffe­n, ohne dass die Öffentlich­keit davon Notiz nimmt, meinte ein Teilnehmer in einem privaten Gespräch.

: Die Spannungen zwischen den Nationen haben zugenommen, und der Weltraum hat an Bedeutung gewonnen. Patrick Biewer, CEO von GovSat

Aber im Gegensatz zu einer Atomexplos­ion im Orbit sei es für feindliche Länder viel einfacher, ahnungslos­e Unternehme­n, auf die sich die NATO und verbündete Militärs bei der Entwicklun­g neuer Technologi­en verlassen, zu infiltrier­en, und dann ihre Arbeit zu behindern oder zu stehlen, sagte Patrick Chatard Moulin von der EU-Diplomatie, dem Außen- und Verteidigu­ngszweig des Europäisch­en Auswärtige­n Dienstes.

Seit dem Wettlauf ins All in den 1960er-Jahren sind Industrie und Militär eng miteinande­r verbunden. Laut einer Prognose des französisc­hen Marktforsc­hungsunter­nehmens Euroconsul­t Group werden die kombiniert­en militärisc­hen und zivilen Einnahmen aus der

Satelliten­kommunikat­ion im Jahrzehnt bis 2032 1,15 Billionen Dollar erreichen.

Am Donnerstag gab die luxemburgi­sche Verteidigu­ngsbehörde bekannt, dass SES und der in Mamer ansässige Hersteller von Satelliten­antennen Hitec zwei neue Bodenkommu­nikationss­ysteme auf dem Kasernenge­lände in Diekirch errichten werden. Die Kosten des Auftrags wurden nicht bekannt gegeben.

 ?? ??
 ?? Foto: Emery P. Dalesio ?? Der neue CEO von SES, Adel Al-Saleh, sprach am Donnerstag auf einer Konferenz der Regierung zum Thema Satelliten.
Foto: Emery P. Dalesio Der neue CEO von SES, Adel Al-Saleh, sprach am Donnerstag auf einer Konferenz der Regierung zum Thema Satelliten.

Newspapers in German

Newspapers from Luxembourg