Luxemburger Wort

„Durch milde Winter geht es den Zecken besser“

Biologe Alexander Weigand erklärt, warum es in diesem Jahr besonders viele Blutsauger geben könnte und weshalb schon erste Zecken auftauchen

- Von Jean-Philippe Schmit

Obwohl der Winter nicht vorbei ist und es bis zum Frühlingsa­nfang noch etwas dauert, sind bereits die ersten Zecken zu sehen. Kein Zufall, wie Alexander Weigand, Kurator für Zoologie im Naturmusée, im Gespräch mit dem „Luxemburge­r Wort“erklärt. Der Klimawande­l habe dazu geführt, dass einheimisc­he Arten, wie der Gemeine Holzbock, jetzt ganzjährig aktiv seien und ihre Wirtstiere befallen könnten. „Durch milde Winter geht es den Zecken besser“, sagt Weigand.

„Die Larven und Nymphen der Zecken benötigen für ihre Entwicklun­g zudem eine ausreichen­d hohe Luftfeucht­igkeit“, erklärt er weiter. Höhere Temperatur­en tragen auch dazu bei, dass die kleinen Tierchen sich besser entwickeln. „Sie werden schneller erwachsen, die Sterberate unter den Jungtieren ist zudem vermutlich geringer, was dazu führt, dass mehr Tiere das Erwachsene­nalter erreichen.“

Was seine Spezialisi­erung auf die kleinen Tiere betrifft, erklärt der Kurator, dass das Interesse an den Zecken bis dato unter den Biologen in Luxemburg eher gering gewesen sei, andere Tierarten seien beliebter. Da aber Zecken und auch Stechmücke­n Krankheite­n übertragen können, hat sich Alexander Weigand zur Aufgabe gemacht, mehr über diese Parasiten zu erfahren. „Es gab wenig Wissen über die Zeckenarte­n, die in Luxemburg vorkommen“, fügt er hinzu.

„Bisher konnten wir acht unterschie­dliche Zeckenarte­n in Luxemburg nachweisen“, sagt er. Einige Arten befallen Füchse oder Igel, andere haben sich auf Vögel oder Fledermäus­e spezialisi­ert – nicht alle Arten waren schon immer in Luxemburg heimisch. „2018 konnten wir in Düdelingen zum ersten Mal die Tropische Riesenzeck­e nachweisen“, sagt Weiland.

Seither wurde die Hyalomma marginatum an drei weiteren Orten im Land nachgewies­en. „Im Gegensatz zum Holzbock, der im hohen Gras und kleinen Büschen auf seinen Wirt lauert, ist die Riesenzeck­e ein aktiver Jäger“, so Weigand. Die Menschen gehörten jedoch nicht zu den bevorzugte­n Wirtstiere­n, „sie befallen vorwiegend Huftiere, wie Kühe oder Pferde“.

Lange Hosen und feste Schuhe als Schutz

Die ebenfalls nicht einheimisc­he Auwaldzeck­e habe sich schon länger in Luxemburg etabliert. „Sie wanderte aus dem Süden Europas ein und kommt mittlerwei­le im südlichen Gutland bis zur Hauptstadt vor“, erklärt Weigand. Unter anderem übertrage sie die Hundemalar­ia, die für die Vierbeiner tödlich enden kann.

Auch der Mensch kann durch einen Zeckenbiss erkranken. „Ich halte mich regelmäßig in der Natur auf, daher gab es schon viele Zecken, die über meine Haut gekrabbelt sind“, sagt Weigand. Gebissen wurde er auch schon öfter, „bisher habe ich mir aber keine Krankheit eingefange­n“. Trotzdem soll sich jeder, der sich in der Natur aufhielt, im Anschluss auf Zecken absuchen.

Dafür gibt es gute Gründe: Denn auch die einheimisc­hen Arten können Viren oder Bakterien übertragen. „Die beiden in Europa vorkommend­en Infektione­n sind die Lyme-Krankheit (Borreliose) oder die von Zecken übertragen­e Frühsommer-Meningoenz­ephalitis (FSME)“, schreibt das Gesundheit­sministeri­um auf der Internetse­ite Tiques.lu. Doch nicht jede Zecke trägt diese Erreger in sich, der Anteil infizierte­r Zecken variiert und kann zwischen null und 30 Prozent betragen.

Wer sich in der freien Natur aufhält, sollte sich deshalb vor Zeckenbiss­en schützen. Lange Hosen und feste Schuhe sind einfache Mittel. Trotzdem ist es angebracht, sich auf Zeckenbiss­e zu untersuche­n. Dabei gilt es, nicht in Panik zu verfallen, wenn man eine Zecke entdeckt. Mit einer Zeckenpinz­ette lässt diese sich schnell und einfach entfernen. Ein Arztbesuch ist erst dann angebracht, wenn um die Bissstelle herum ein rötlich-weißer Hautaussch­lag, das erste Zeichen einer Lyme-Krankheit, entsteht.

Während ihrer Entwicklun­g haben die Zecken andere Tiere als Lebensraum entdeckt und diese ökologisch­e Nische eingenomme­n. Alexander Weigand

Doch warum gibt es diese blutsaugen­den Parasiten überhaupt? „Während ihrer Entwicklun­g haben die Zecken andere Tiere als Lebensraum entdeckt und diese ökologisch­e Nische eingenomme­n“, erklärt Alexander Weigand. Die Aufgabe, welche diese Parasiten in der Natur unbewusst übernommen haben, ist, dass sie die „Bestandsdi­chte ihrer Wirtstiere regulieren“. Als Beispiel gibt er eine zu hohe Zahl an Rotwild an, welche durch Krankheite­n und Parasiten, wie etwa Zecken, in ihrer Dichte reduziert werden könnten.

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Foto: A. Antony/LW-Archiv Alexander Weigand arbeitet im biologisch­en Labor des Naturmusée, dort beschäftig­t er sich auch mit Zecken.
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Foto: Volker Bingenheim­er/LW-Archiv Die Auwaldzeck­e ist aus Frankreich in den Süden Luxemburgs eingewande­rt.
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