Zehn Jahre Haft für Messerstiche an der Tankstelle
Das Gericht setzt die Freiheitsstrafe des Haupttäters weitgehend zur Bewährung aus. Zivilrechtlich erkennt es eine geteilte Verantwortung an
Völlig enthemmt gehen drei junge Männer am 24. Oktober 2020 an einer Tankstelle am hautpstädtischen Salzhaff auf einen anderen Mann los. Als der schwer verletzte 36-Jährige später im Krankenhaus behandelt wird, werden auch vier Stichwunden im Oberkörper, ein Pneumothorax und ein Rippenbruch diagnostiziert.
Im Prozess gegen zwei Tatverdächtige, Eric R. und Igor G., hat die 13. hauptstädtische Kriminalkammer nun am Donnerstag ihr Urteil in erster Instanz gefällt. Ein dritter Angreifer, der im Prozess nur als „Ghost“bezeichnet wurde, konnte bislang nicht identifiziert werden.
Opfer hatte 30.000 Euro Schadenersatz gefordert
Eric R. befinden die Richter der Kriminalkammer des versuchten Totschlags für schuldig. Er hat mit einem Taschenmesser auf das Opfer eingestochen und dies auch zugegeben. Das Gericht verurteilt ihn zu zehn Jahren Freiheitsstrafe. Die Vollstreckung von acht Jahren wird jedoch zur Bewährung ausgesetzt. Die Staatsanwaltschaft hat im Prozess zwölf Jahre Haft gefordert.
Den Mittäter Igor G. verurteilen die Richter zu einer Freiheitsstrafe von 18 Monaten, die sie vollständig zur Bewährung aussetzen.
Zivilrechtlich sieht die Kriminalkammer eine geteilte Verantwortung für die Tathandlungen. Dem Opfer wird ein Drittel, den beiden Angeklagten zwei
Drittel Mitverschulden angelastet. Auf dieser Grundlage müssen sie dem Opfer zusammen 4.000 Euro Schmerzensgeld zahlen – deutlich weniger als die 30.000 Euro, die dieses als Nebenkläger im Prozess gefordert hatte.
Angriff hätte tödlich enden können
Auslöser des Gewaltexzesses, der laut einer Gerichtsmedizinerin durchaus hätte tödlich enden können, war eine Nichtigkeit. Igor G. hatte sich an jenem Abend
an der Tankstellenkasse vorgedrängelt und dabei auch die damals wegen der Covid-19-Pandemie geltenden Abstandsregeln missachtet. Dass das spätere Opfer zurückschubste, führte zunächst zu giftigen Worten und dann vor dem Tankstellenshop zu einem minutenlangen, völlig enthemmten Gewaltexzess.
Die Verteidigung hatte im Prozess auch unter strafrechtlichen Blickpunkten auf eine Mitschuld des Opfers plädiert. Gegen das erstinstanzliche Urteil können alle Parteien innerhalb von 40 Tagen Berufung einlegen.