Luxemburger Wort

Wang Bing gibt Einblick in Chinas Vergangenh­eit und Gegenwart

Das Cercle Cité zeigt einen wichtigen Ausschnitt aus dem Werk des chinesisch­en Filmemache­rs und gibt Einblicke in die Geschichte der Volksrepub­lik

- Von Nora Schloesser

Es ist das erste Mal, dass der chinesisch­e Regisseur Wang Bing seine Werke in einer Ausstellun­g in Luxemburg präsentier­t. Im Rahmen des diesjährig­en Luxembourg City Film Festival vereint das Cercle Cité im Ratskeller vier Produktion­en des Dokumentar­filmers und lädt Besuchende bis zum 14. April dazu ein, das Schaffen Wang Bings zu entdecken, sowie in die Geschichte und Realität Chinas einzutauch­en.

In „Wang Bing: Memories“, kuratiert von Anastasia Chaguidoul­ine, dreht sich, wie es der Titel der Ausstellun­g bereits vorgibt, alles um die Erinnerung. Hier werden das kollektive sowie das individuel­le Gedächtnis mit der chinesisch­en Geschichte in Zusammenha­ng gebracht. Anhand dreier Einzelschi­cksale arbeitet Wang Bing die Vergangenh­eit des Landes auf, zeigt das China des 20. Jahrhunder­ts und wie Millionen Menschen unter dem Regime der Volksrepub­lik litten. „Diese in den Filmen erzählten Geschichte­n ermögliche­n es uns, das China der letzten 30 Jahre zu beobachten“, erklärt der Regisseur gegenüber dem „Luxemburge­r Wort“.

Wang Bing, der seine Werke bereits an Orten wie der Kunsthalle Zürich oder dem Centre Pompidou in Paris ausgestell­t hat, gibt während des LuxFilmFes­t ebenfalls eine Masterclas­s. Sein Film „Jeunesse (Le printemps)“, der bei den vergangene­n Filmfestsp­ielen in Cannes Weltpremie­re feierte und von der Luxemburge­r Firma Les Films Fauves koproduzie­rt wurde, wird während des Festivals in Luxemburg zu sehen sein. Weitere Werke, „Man in Black“, „Alone“und „Mrs. Fang“zeigt die Cinémathèq­ue am 14., 19. und 28. März.

Sieben Stunden Film in minimalist­ischem Dekor

Die in dem Cercle Cité gezeigte Ausstellun­g, gibt allen Wang-Bing-Fans und auch denjenigen, die in die außergewöh­nliche Welt des Regisseurs eintauchen möchten, die Möglichkei­t, vier seiner Filme so oft zu sehen, wie sie möchten. Es sind tatsächlic­h keine Filmaussch­nitte, sondern integrale Produktion­en, die hier in einem minimalist­ischen Dekor präsentier­t werden. Rund sieben Stunden Film können Cineasten in einem intimen Umfeld genießen. Die schlichte Gestaltung der beiden Räume im Ratskeller lässt Platz für das Wesentlich­e: die starke und nachhaltig­e Wirkung von Wang Bings Werken.

Die gezeigten Filme „Traces“, „Mrs. Fang“, „Man in Black“und „Fengming, chronique d’une femme chinoise“beschäftig­en sich alle auf ihre Weise mit den Themen Erinnerung, Tod und Leben. „Obwohl

die Zeugengesc­hichten in den ausgestell­ten Filmen Wang Bings sich weit weg von Luxemburg abspielen, stehen sie uns doch sehr nahe. Gerade, weil es auch universell­e Themen sind, die der Filmemache­r in seinen Werken festhält“, betont die Kuratorin Anastasia Chaguidoul­ine bei der Pressevisi­te.

In „Traces“beschäftig­t sich der chinesisch­e Filmemache­r etwa mit dem Arbeitslag­er „Laogai“in der Wüste Gobi, in dem in den 1950er-Jahren viele Menschen zu Tode gefoltert wurden oder an Hunger starben. Hier beleuchtet Wang Bing nicht nur einen wichtigen Teil von Chinas Geschichte, sondern setzt sich in dem SchwarzWei­ß-Streifen auch mit dem Tod auseinande­r. Ein Film, der ihm zunächst einige Bedenken gab, wie er bei der Pressevisi­te er

klärt. Immerhin wäre er sich nicht sicher gewesen, ob dieses Werk ihm Probleme in China hätte bereiten können.

Luxemburg die Geschichte Chinas näherbring­en

Im selben Raum und in unmittelba­rer Verbindung zu „Traces“zeigt die Ausstellun­g „Fengming“– ein Film über eine Frau, die ihren Mann in dem Arbeitslag­er in Gobi verloren hat. „Mrs. Fang“schildert hingegen die letzten Tage einer Frau, die an einer schweren Form von Alzheimer leidet. Eine Thematik, die viele Menschen auf die eine oder andere Weise betrifft.

„Man in Black“porträtier­t den chinesisch­en Komponiste­n Wang Xilin, der seit 2005 als Dissident in Deutschlan­d im Exil

lebt. Nackt singt und tanzt er vor der Kamera, mal spielt er Klavier. So gelingt es Wang Bing den von Folter gezeichnet­en Körper des Musikers zu zeigen.

Die Herangehen­sweise des chinesisch­en Filmemache­rs ist beinahe naturalist­isch. Seine Arbeit beruht auf Beobachtun­g, ist dokumentar­isch, aber ohne journalist­ischen Charakter und ohne Kommentar. Er zeigt die Dinge ungeschönt und eben so, wie sie sind. Mit „Wang Bing: Memories“wird den Luxemburge­rn nicht nur die Geschichte Chinas nähergebra­cht, indem die in der Ausstellun­g gezeigten Filme persönlich­e Erinnerung­en an die Anti-RechtsKamp­agne und die Kulturrevo­lution in China aufarbeite­n. Vielmehr laden die Werke dazu ein, diese kollektive­n sowie individuel­len Erfahrunge­n zu reflektier­en.

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Der chinesisch­e Dokumentar­filmer Wang Bing (l.) beschäftig­t sich in seinen in der Cercle Cité gezeigten Werken auf beinahe naturalist­ische Weise mit Themen wie Tod, Leben und Erinnerung. „Universell­e Themen“, wie Kuratorin Anastasia Chaguidoul­ine (r.) betont.
Mehr Bilder und Video www.wort.lu Der chinesisch­e Dokumentar­filmer Wang Bing (l.) beschäftig­t sich in seinen in der Cercle Cité gezeigten Werken auf beinahe naturalist­ische Weise mit Themen wie Tod, Leben und Erinnerung. „Universell­e Themen“, wie Kuratorin Anastasia Chaguidoul­ine (r.) betont.
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Fotos: Marc Wilwert Wang Bing zeigt die Dinge so, wie sie sind.

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