Legal kiffen: Kraft des Faktischen
Am Ende stimmte die Ampel-Koalition in Deutschland für die Legalisierung von Cannabis. Nicht alle: Bis zum Schluss gab es Kritiker in den eigenen Reihen, bei der SPD, bei der FDP, sogar bei den Grünen. Was man den Koalitionären jenseits der Mosel lassen muss: Sie haben in kürzester Zeit umgesetzt, was die Luxemburger Fortschritts-Koalition am Ende ihrer Regierungszeit gewissermaßen als faulen Kompromiss verabschiedete. Denn am Anfang hatten DP/LSAP/Déi Gréng noch getönt, Luxemburg werde als erstes Land in der EU den Freizeitkonsum von Cannabis entkriminalisieren, staatlich kontrollierten Anbau und den Konsum von Cannabis in regulierten Coffeshops erlauben. Was von der Pionierarbeit übrig blieb: Vier Pflanzen dürfen Erwachsene mit Wohnsitz in Luxemburg pro Haushalt zu Hause anbauen. Aus Saatgut gezogen und ohne von der Straße sichtbar zu sein.
Die hehren Ziele, die sowohl die Regierung in Berlin als auch die in Luxemburg mit der limitierten Freigabe verbinden: dem Schwarzmarkt das Wasser abzugraben, Freizeitkonsumenten nicht durch Beschaffungshürden zu kriminalisieren und eine risikobewusste Produktion und Konsum des berauschenden Krauts zu bekommen, sind so aber nicht zu erreichen. Denn zum einen gelingt der Indoor-Anbau in unseren Breitengraden meistens nur mit teurem Zusatzgeschirr wie Wärmekammer, Infrarotlampe und Spezialdünger, sodass die meisten Cannabis-Fans auf den Aufwand verzichten und ihr Kraut weiter auf dem Schwarzmarkt kaufen dürften. Zum anderen kontrolliert niemand, welches Saatgut die Hobbyzüchter verwenden und wie hoch der Anteil der berauschenden Substanz THC darin ist. Dabei warnen Politiker, die gegen eine Freigabe sind, dass sich mit steigendem Konsum die Anzahl an Psychosen im Land häufen würden.
Das ist kein Horrorszenario von Anti-Drogen-Puristen, sondern die Sorge ist berechtigt. Besonders junge Menschen tragen ein Gesundheitsrisiko: Das jugendliche Hirn ist bis Mitte 20 Jahre nicht voll ausgereift, und zu hohe THC-Werte können sich negativ auf ihre Entwicklung auswirken. Es gibt einen nachgewiesenen Zusammenhang von Cannabis und die Auslösung von Psychosen. Statt die Problematik umfassend zu diskutieren, Experten anzuhören, Risiken und Chancen informiert abzuwägen, geht die neue CSV/DP-Regierung einen anderen Weg: Sie hat die komplizierte Auseinandersetzung mit der Drogenpolitik gestoppt, belässt es bei der Pseudo-Freigabe und entwickelt keine eigenen Ideen, wie damit umgehen, dass immer mehr (junge) Menschen zum Joint greifen.
Bei Alkohol und Zigaretten greift die Prävention inzwischen: Jugendliche trinken und rauchen immer später. Es ist bewiesen, dass wer später Suchtmittel ausprobiert und noch dazu über Gesundheitsrisiken Bescheid weiß, weniger Gefahr läuft, ein riskantes Suchtverhalten zu entwickeln. Aber um wissenschaftliche Erkenntnisse geht es in der Drogenpolitik leider meistens nicht.
Niemand kontrolliert, wie hoch der THC-Anteil bei daheim gezüchteten Pflanzen ist.