Luxemburger Wort

Eine Begegnung auf Augenhöhe

Bei der restaurati­ven Justiz können sich Opfer und Täter ausspreche­n. Nicht immer lassen sich Betroffene aber auf solche Anfragen ein

- Von Ines Kurschat

Opfer und Täter zusammenzu­bringen. Um über die Tat hinwegzuko­mmen, und um neue Verbrechen zu verhindern. Das ist die Kernidee der sogenannte­n restaurati­ven Justiz. Seit März 2017 ist der Ansatz, der die Aussprache zwischen Opfer und Täter in den Mittelpunk­t stellt, auch in Luxemburg möglich. Ziel ist es, sich auszutausc­hen und, falls gewünscht, den freiwillig­en Kontakt zu ermögliche­n, um über das Gespräch – vielleicht – besser verstehen und abschließe­n zu können.

Die Opfer erzählen, wie sie das Verbrechen erlebt haben, und welches Leid es ausgelöst hat. Die Täter dagegen sollen die Konsequenz­en ihrer Taten erkennen und Verantwort­ung übernehmen. Zum Beispiel, in dem Täter sich entschuldi­gen oder sich um Wiedergutm­achung bemühen. In Luxemburg gibt es derzeit neun Fachleute, die diesen Ansatz beherrsche­n und solche Opfer-TäterKonfr­ontationen fachgerech­t begleiten und moderieren können, dies im Rahmen des Dienstes Restaurati­ve Justiz. Das teilte Justizmini­sterin Elisabeth Margue (CSV) auf eine Anfrage des LSAP-Abgeordnet­en Dan Biancalana mit. Der Service wurde vor gut drei Jahren ins Leben gerufen, durch einen Vertrag zwischen dem Mediations­zentrum und dem Justizmini­sterium. Der eigentlich­e Startschus­s für den Dienst fiel aber erst im Juli 2021. 13 Anfragen, mehrheitli­ch bei Sexualverb­rechen und bei versuchten Tötungsdel­ikten, wurden seitdem eingereich­t, wovon aber fünf Anträge aus unterschie­dlichen Gründen letztlich als unzulässig klassiert wurden.

13 Anträge seit 2021

Zur Anwendung kam die restaurati­ve Justiz bislang nur in zwei Fällen. Die anderen scheiterte­n, entweder weil die Gegenparte­i nicht an einem Austausch interessie­rt war, oder weil sie nicht erreicht werden konnte. Vier Anträge sind noch anhängig. Die Antwort betont, dass die restaurati­ve Justiz „autonom vom Strafverfa­hren“und als komplement­är zu verstehen sei. Die Wirksamkei­t des Ansatzes ist europaweit noch wenig erforscht.

Experten betonen, eine Fachausbil­dung sei unabdingba­r, ebenso wie viel Fingerspit­zengefühl, damit das Opfer nicht unter Druck gerät. Deshalb sehen viele das Potenzial vor allem dann, wenn ein Täter (oder eine Täterin) bereits im Gefängnis sitzt. Der von Medien mitunter verwendete Begriff einer „alternativ­en Justiz“ist daher missverstä­ndlich.

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