Beim Geld hört die Partei-Freundschaft auf
Fokus steht mit 70.000 Euro bei zwei Geldgebern in der Kreide. Wegen dieser Summe ist ein Streit entbrannt, der nun über Anwälte ausgetragen wird
Die Partei Fokus bereitet sich auf den Europawahlkampf vor. Doch dieser wird überschattet von einem parteiinternen Konflikt, bei dem es um Rückzahlungsforderungen und Vorwürfe in Bezug auf den Umgang mit staatlichen Geldern geht.
Fokus steht mit rund 70.000 Euro bei zwei Personen in der Kreide. Die Partei gibt an, einen Teil des Geldes in Raten zurückzuzahlen und beruft sich auf eine entsprechende Abmachung. Die Gläubiger hingegen fordern die sofortige Rückzahlung der gesamten Summe. Hintergrund ist ein Streit, der auf Dezember 2023 zurückgeht.
Privater Darlehensvorschuss in Höhe 50.000 Euro
Rückblende. Im Sommer 2023 war bei Fokus noch alles in Ordnung. Die Partei benötigte Geld, um den Nationalwahlkampf zu bestreiten. Weil sie aber keinen Kredit bekam, beschloss Jacques Linster, Gründungsmitglied und zum damaligen Zeitpunkt Schatzmeister von Fokus, einen Kredit in Höhe von 50.000 Euro aufzunehmen und der Partei diese Summe zur Verfügung zu stellen.
Sollte die Partei bei den Wahlen die ZweiProzent-Hürde erreichen und dadurch in den Genuss von staatlichen Subventionen kommen, werde der Kredit zurückgezahlt. So steht es in einem Schreiben vom 4. Oktober 2023 an Jacques Linster, das unter anderem von Parteipräsident Marc Ruppert und Parteisprecher Frank Engel unterzeichnet ist und dem LW vorliegt. In dem Schreiben steht aber nicht explizit, dass die Summe sofort integral zurückgezahlt werden muss.
Das Darlehen von Jacques Linster ist nur die eine Seite der Geschichte. Weil sich die Abwicklung des Darlehens hinzog, bat Linster ein Familienmitglied, die 50.000 Euro als Darlehensvorschuss vorzustrecken – der auf den 21. August 2023 datierte Bankauszug liegt dem LW vor –, „damit die Partei Rechnungen bezahlen konnte“. Den eigentlichen Kredit in Höhe von 50.000 Euro gewährte die Bank 14 Tage später. Am 11. September hat Linster die 50.000 Euro an die Partei überwiesen. Damit war Fokus nicht im Besitz von
50.000 Euro, wie es eigentlich vorgesehen war, sondern 100.000 Euro.
Ruppert: Keine schriftlichen Rückzahlungsbedingungen
Drei Wochen nach den Nationalwahlen hat die Partei eine erste Tranche in Höhe von 10.000 Euro an das Familienmitglied von Jacques Linster überwiesen. „Dass wir die 50.000 Euro nicht sofort zurückerstattet haben, war damals für niemanden ein Problem“, erklärt Marc Ruppert auf LW-Nachfrage. Auch seien damals keine Rückzahlungsbedingungen festgehalten worden, zumindest keine schriftlichen. Zu diesem Zeitpunkt herrschte noch Vertrauen zwischen den Parteimitgliedern.
Das änderte sich im Dezember 2023, nachdem die ersten staatlichen Gelder überwiesen worden waren und der Verwaltungsrat von Fokus asbl sich in einem Hotel am Bostalsee getroffen hatte, um darüber zu beraten, wie man die staatlichen Mittel (14.300 Euro monatlich während fünf Jahren) nutzen wolle.
Laut dem schriftlichen Beschluss des Verwaltungsrats, der dem LW vorliegt, sollte ab Mitte Januar ein fester Mitarbeiter eingestellt werden. Mit Parteisprecher Frank Engel sollte ein Vertrag abgeschlossen werden, der ihm ab Januar 2024 ein monatliches Honorar von 1.000 Euro für Beraterdienste zuzüglich Spesen in Höhe von 1.000 Euro monatlich zusichert. Parteipräsident Marc Ruppert stehen 300 Euro Spesen pro Monat zu und Generalsekretärin Anne Winter 200 Euro. In der Zwischenzeit ist der von der ADEM kofinanzierte Mitarbeiter eingestellt, und auch Frank Engel bezieht sein Honorar und veröffentlicht, wie vertraglich festgelegt, nebst anderen Tätigkeiten Artikel auf der Plattform www.debatt.lu.
Finanzielle Ansprüche der Parteiführung als Stein des Anstoßes
Was die privaten Geldgeber aufregt, ist der Umstand, dass die Parteiführung staatliche Mittel für sich beansprucht, bei dem Treffen in Deutschland aber kein Wort über die Rückzahlung ihrer Schulden verlor. Präsident Marc Ruppert kann diesen Vorwurf nicht nachvollziehen. Für ihn sind das zwei völlig verschiedene Dinge. „Die Rückzahlung der Schulden hat nichts mit den Honoraren und Spesen zu tun.“Die Partei stehe zu ihrem Engagement und zahle ihre Schulden, bekräftigt Ruppert.
Im Dezember zahlte die Partei insgesamt 15.000 Euro an Linsters Familienmitglied, seit Januar zahlt sie monatliche Raten an Jacques Linster zur Tilgung des Kredits. „Und mit dem Familienmitglied sind wir über unseren Anwalt in Kontakt, um über die Rückzahlung der restlichen 25.000 Euro zu verhandeln“, so Ruppert.
Doch das reicht den beiden Privatiers nicht. Jacques Linster wirft der Partei vor, das Geld zurückzuhalten, um damit den Europawahlkampf zu finanzieren. „Für diesen Zweck aber ist das Geld nicht gedacht“, so der ehemalige Schatzmeister.
Teilnehmer sollen Hotelkosten als Spende an die Partei überweisen
Es liegt noch ein weiterer Vorwurf auf dem Tisch. In einer E-Mail vom 30. Dezember 2023 an die Verwaltungsräte, die an der Tagung am Bostalsee teilgenommen hatten, fordert Generalsekretärin Anne Winter diese auf, „die Kosten des Wochenendes in Höhe von 230 Euro in Form einer Spende an die Partei“zu überweisen. Darauf angesprochen, erklärt Marc Ruppert, er habe nicht weiter verfolgt, ob und unter welcher Bezeichnung die Teilnehmer die Kosten erstattet hätten. Ob sie sie als Spende oder als Hotelkostenrückzahlung eingezahlt hätten, wisse er nicht.
Die Erstattung von Hotelkosten als Spende zu verbuchen, ist problematisch. Mitgliederbeiträge und Spenden gehören in die Rubrik „Eigenmittel“. Um in den vollen Genuss der staatlichen Subventionen zu kommen, müssen Parteien 20 Prozent Eigenmittel aufbringen. Fokus aber ist eine kleine Partei und hat Probleme, einen derart hohen Anteil an Eigenmitteln zu generieren. Die Tarnung von Ausgaben als Spende käme einem Griff in die Trickkiste gleich, um den Eigenmittelanteil zu erhöhen.
Es sind die finanziellen Ansprüche der Parteiführung und der Umgang mit staatlichen Geldern, die das Vertrauen einzelner Mitglieder in die Parteiführung – und umgekehrt – untergraben und Ende Januar zum Rausschmiss dieser Mitglieder aus der Partei geführt haben.
Marc Ruppert hofft auf eine baldige Einigung mit den Geldgebern. Ein entsprechendes Schreiben ging am Montag an Linsters Angehörige. Darin verlangt die Partei Klarheit darüber, an wen sie die 25.000 Euro überweisen soll: an Jacques Linster, der dem Familienmitglied die Summe inzwischen aus eigener Tasche erstattet hat, oder an das Familienmitglied. „Wir wollen Doppelzahlungen beziehungsweise das Risiko vermeiden, Geld an die falsche Person zurückzuzahlen“, heißt es in dem Schreiben.
Dass wir die 50.000 Euro nicht sofort zurückerstattet haben, war damals für niemanden ein Problem. Marc Ruppert, Fokus-Präsident
Für diesen Zweck aber ist das Geld nicht gedacht. Jacques Linster, Ehemaliger Fokus-Schatzmeister