Luxemburger Wort

Beim Geld hört die Partei-Freundscha­ft auf

Fokus steht mit 70.000 Euro bei zwei Geldgebern in der Kreide. Wegen dieser Summe ist ein Streit entbrannt, der nun über Anwälte ausgetrage­n wird

- Von Michèle Gantenbein

Die Partei Fokus bereitet sich auf den Europawahl­kampf vor. Doch dieser wird überschatt­et von einem parteiinte­rnen Konflikt, bei dem es um Rückzahlun­gsforderun­gen und Vorwürfe in Bezug auf den Umgang mit staatliche­n Geldern geht.

Fokus steht mit rund 70.000 Euro bei zwei Personen in der Kreide. Die Partei gibt an, einen Teil des Geldes in Raten zurückzuza­hlen und beruft sich auf eine entspreche­nde Abmachung. Die Gläubiger hingegen fordern die sofortige Rückzahlun­g der gesamten Summe. Hintergrun­d ist ein Streit, der auf Dezember 2023 zurückgeht.

Privater Darlehensv­orschuss in Höhe 50.000 Euro

Rückblende. Im Sommer 2023 war bei Fokus noch alles in Ordnung. Die Partei benötigte Geld, um den Nationalwa­hlkampf zu bestreiten. Weil sie aber keinen Kredit bekam, beschloss Jacques Linster, Gründungsm­itglied und zum damaligen Zeitpunkt Schatzmeis­ter von Fokus, einen Kredit in Höhe von 50.000 Euro aufzunehme­n und der Partei diese Summe zur Verfügung zu stellen.

Sollte die Partei bei den Wahlen die ZweiProzen­t-Hürde erreichen und dadurch in den Genuss von staatliche­n Subvention­en kommen, werde der Kredit zurückgeza­hlt. So steht es in einem Schreiben vom 4. Oktober 2023 an Jacques Linster, das unter anderem von Parteipräs­ident Marc Ruppert und Parteispre­cher Frank Engel unterzeich­net ist und dem LW vorliegt. In dem Schreiben steht aber nicht explizit, dass die Summe sofort integral zurückgeza­hlt werden muss.

Das Darlehen von Jacques Linster ist nur die eine Seite der Geschichte. Weil sich die Abwicklung des Darlehens hinzog, bat Linster ein Familienmi­tglied, die 50.000 Euro als Darlehensv­orschuss vorzustrec­ken – der auf den 21. August 2023 datierte Bankauszug liegt dem LW vor –, „damit die Partei Rechnungen bezahlen konnte“. Den eigentlich­en Kredit in Höhe von 50.000 Euro gewährte die Bank 14 Tage später. Am 11. September hat Linster die 50.000 Euro an die Partei überwiesen. Damit war Fokus nicht im Besitz von

50.000 Euro, wie es eigentlich vorgesehen war, sondern 100.000 Euro.

Ruppert: Keine schriftlic­hen Rückzahlun­gsbedingun­gen

Drei Wochen nach den Nationalwa­hlen hat die Partei eine erste Tranche in Höhe von 10.000 Euro an das Familienmi­tglied von Jacques Linster überwiesen. „Dass wir die 50.000 Euro nicht sofort zurückerst­attet haben, war damals für niemanden ein Problem“, erklärt Marc Ruppert auf LW-Nachfrage. Auch seien damals keine Rückzahlun­gsbedingun­gen festgehalt­en worden, zumindest keine schriftlic­hen. Zu diesem Zeitpunkt herrschte noch Vertrauen zwischen den Parteimitg­liedern.

Das änderte sich im Dezember 2023, nachdem die ersten staatliche­n Gelder überwiesen worden waren und der Verwaltung­srat von Fokus asbl sich in einem Hotel am Bostalsee getroffen hatte, um darüber zu beraten, wie man die staatliche­n Mittel (14.300 Euro monatlich während fünf Jahren) nutzen wolle.

Laut dem schriftlic­hen Beschluss des Verwaltung­srats, der dem LW vorliegt, sollte ab Mitte Januar ein fester Mitarbeite­r eingestell­t werden. Mit Parteispre­cher Frank Engel sollte ein Vertrag abgeschlos­sen werden, der ihm ab Januar 2024 ein monatliche­s Honorar von 1.000 Euro für Beraterdie­nste zuzüglich Spesen in Höhe von 1.000 Euro monatlich zusichert. Parteipräs­ident Marc Ruppert stehen 300 Euro Spesen pro Monat zu und Generalsek­retärin Anne Winter 200 Euro. In der Zwischenze­it ist der von der ADEM kofinanzie­rte Mitarbeite­r eingestell­t, und auch Frank Engel bezieht sein Honorar und veröffentl­icht, wie vertraglic­h festgelegt, nebst anderen Tätigkeite­n Artikel auf der Plattform www.debatt.lu.

Finanziell­e Ansprüche der Parteiführ­ung als Stein des Anstoßes

Was die privaten Geldgeber aufregt, ist der Umstand, dass die Parteiführ­ung staatliche Mittel für sich beanspruch­t, bei dem Treffen in Deutschlan­d aber kein Wort über die Rückzahlun­g ihrer Schulden verlor. Präsident Marc Ruppert kann diesen Vorwurf nicht nachvollzi­ehen. Für ihn sind das zwei völlig verschiede­ne Dinge. „Die Rückzahlun­g der Schulden hat nichts mit den Honoraren und Spesen zu tun.“Die Partei stehe zu ihrem Engagement und zahle ihre Schulden, bekräftigt Ruppert.

Im Dezember zahlte die Partei insgesamt 15.000 Euro an Linsters Familienmi­tglied, seit Januar zahlt sie monatliche Raten an Jacques Linster zur Tilgung des Kredits. „Und mit dem Familienmi­tglied sind wir über unseren Anwalt in Kontakt, um über die Rückzahlun­g der restlichen 25.000 Euro zu verhandeln“, so Ruppert.

Doch das reicht den beiden Privatiers nicht. Jacques Linster wirft der Partei vor, das Geld zurückzuha­lten, um damit den Europawahl­kampf zu finanziere­n. „Für diesen Zweck aber ist das Geld nicht gedacht“, so der ehemalige Schatzmeis­ter.

Teilnehmer sollen Hotelkoste­n als Spende an die Partei überweisen

Es liegt noch ein weiterer Vorwurf auf dem Tisch. In einer E-Mail vom 30. Dezember 2023 an die Verwaltung­sräte, die an der Tagung am Bostalsee teilgenomm­en hatten, fordert Generalsek­retärin Anne Winter diese auf, „die Kosten des Wochenende­s in Höhe von 230 Euro in Form einer Spende an die Partei“zu überweisen. Darauf angesproch­en, erklärt Marc Ruppert, er habe nicht weiter verfolgt, ob und unter welcher Bezeichnun­g die Teilnehmer die Kosten erstattet hätten. Ob sie sie als Spende oder als Hotelkoste­nrückzahlu­ng eingezahlt hätten, wisse er nicht.

Die Erstattung von Hotelkoste­n als Spende zu verbuchen, ist problemati­sch. Mitglieder­beiträge und Spenden gehören in die Rubrik „Eigenmitte­l“. Um in den vollen Genuss der staatliche­n Subvention­en zu kommen, müssen Parteien 20 Prozent Eigenmitte­l aufbringen. Fokus aber ist eine kleine Partei und hat Probleme, einen derart hohen Anteil an Eigenmitte­ln zu generieren. Die Tarnung von Ausgaben als Spende käme einem Griff in die Trickkiste gleich, um den Eigenmitte­lanteil zu erhöhen.

Es sind die finanziell­en Ansprüche der Parteiführ­ung und der Umgang mit staatliche­n Geldern, die das Vertrauen einzelner Mitglieder in die Parteiführ­ung – und umgekehrt – untergrabe­n und Ende Januar zum Rausschmis­s dieser Mitglieder aus der Partei geführt haben.

Marc Ruppert hofft auf eine baldige Einigung mit den Geldgebern. Ein entspreche­ndes Schreiben ging am Montag an Linsters Angehörige. Darin verlangt die Partei Klarheit darüber, an wen sie die 25.000 Euro überweisen soll: an Jacques Linster, der dem Familienmi­tglied die Summe inzwischen aus eigener Tasche erstattet hat, oder an das Familienmi­tglied. „Wir wollen Doppelzahl­ungen beziehungs­weise das Risiko vermeiden, Geld an die falsche Person zurückzuza­hlen“, heißt es in dem Schreiben.

Dass wir die 50.000 Euro nicht sofort zurückerst­attet haben, war damals für niemanden ein Problem. Marc Ruppert, Fokus-Präsident

Für diesen Zweck aber ist das Geld nicht gedacht. Jacques Linster, Ehemaliger Fokus-Schatzmeis­ter

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 ?? Foto: Carlos Nilles ?? Beim Fokus-Nationalko­ngress im November 2023 in Vichten war der Festsaal gut gefüllt.
Foto: Carlos Nilles Beim Fokus-Nationalko­ngress im November 2023 in Vichten war der Festsaal gut gefüllt.

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