„Wir sind der Meinung, dass Frieden autoritär vorgeht“
100 Tage haben für die Regierung nicht gereicht, ihre politischen Gegener von ihrer Arbeit zu überzeugen. Ganz im Gegenteil: Sie haben ihnen wiederholt Kanonenfutter geliefert. Das finden zumindest Déi Lénk, die pünktlich zum schwarz-blauen 100 Tage-Jubiläum bei einer Pressekonferenz die „autoritäre und neoliberale“Regierung des Luc Frieden anprangern. Dabei verfügt die CSV-DP-Regierung über eine parlamentarische Mehrheit im Parlament. Von „autoritär“kann demnach kaum die Rede sein. Das überzeugt die linke Partei jedoch nicht. „Wir sind der Meinung, dass Frieden autoritär vorgeht. Er mag im Parlament eine Mehrheit haben, aber nicht in der Bevölkerung“, kommentiert der Abgeordnete David Wagner (Déi Lénk) die 100 Tage CSV-DP. Die CSV habe bei den Wahlen „auf einem historischen Stimmentief stagniert“. Das gebe Frieden nicht das Recht, sich als „Chef“über die Bevölkerung hinwegzusetzen. Die 100 ersten Tage hätten nun das bestätigt, was sich bereits im Wahlkampf vorigen Jahres angebahnt hat: Der neue Luc ist immer noch der Gleiche. Was die Tür zukünftig für eine Austeritätspolitik öffnet, befürchten Déi Lénk.
Dabei hat die neue Regierung bisher gar keine solchen Maßnahmen angekündigt. „Es sind bisher tatsächlich keine konkreten Aussagen gemacht worden“, gesteht Wagner. Der Weg der Austerität sei jedoch die logische Folge der Steuerpolitik Friedens, schlussfolgert er. „Steuergeschenke an Großunternehmen bedeuten auch weniger Steuereinnahmen. Auch die angekündigten Reformen im Rentenwesen sind ein Anzeichen, dass es so oder so zu Austeritätspolitik kommen wird.“
In der Pressemitteilung von Déi Lénk zu 100 Tagen Schwarz-Blau häufen sich die Kampfvokabeln. Schwarz-Blau betreibe eine „katastrophale“Klimapolitik, „die Friedens Wirtschaftsfreunde nicht stören soll“. Der Logementsdësch sei ein Reinfall gewesen, der nur einen Tag gedauert hat, wo nur Friedens „Freunde vom Bausektor“eingeladen wurden. Und Bildungs- und Wohnungsbauminister Claude Meisch (DP), der nach Gewaltvorwürfen „konsequenzlos“davon gekommen ist, sei ein Symbol für den „autoritären Machismus“der Regierung.
Kurz: Schwarz-Blau hat bereits nach 100 Tagen zu viele Leichen im Keller.
Dass ein Minister 100 Tage brauche, um sich in seinem Ministerium zurechtzufinden, findet Wagner zwar normal. Bei Schwarz-Blau sei das Problem jedoch ein anderes: „Die Regierung schafft einfach Fakten.“Innenminister Léon Gloden (CSV) hätte, bevor er dem Bettelverbot in Luxemburg-Stadt grünes Licht gegeben hat, sich bei der Polizei und der Justiz informieren können, findet Wagner. Stattdessen habe er davon gesprochen, dass bekannt sei, dass weiße Limousinen mit belgischen Nummernschildern morgens Bettler vom Mont-Saint-Martin in die Oberstadt fahren – ein Beweis also für organisierte Kriminalität.
In einer parlamentarischen Anfrage musste Gloden vorige Woche jedoch gestehen: Beweise dafür gibt es aktuell keine. Im Gegensatz zu neuen Ministern „haben Obdachlose keinen Welpenschutz bekommen“, fügt Wagner hinzu.
Und wie hat sich nun der Oppositionsblock in den ersten 100 Tagen geschlagen? „Wir sind noch dabei, uns zurechtzufinden“, sagt Wagner. Gemeinsam mit der LSAP und den Grünen habe man mehrere Initiativen zum Bettelverbot ins Leben gerufen. Déi Lénk selber seien jedoch noch zu klein, um einen Unterschied zu machen. „Wir haben Stimmen bei den Wahlen verloren, wir können nicht nur den anderen die Schuld geben.“FJ