Luxemburger Wort

Luxemburg nicht mehr reichste EU-Region

Daten von Eurostat zufolge hat Südirland das Großherzog­tum im Ranking überholt

- Von Mélodie Mouzon Dieser Artikel erschien zuerst bei „Virgule“. Übersetzun­g und Bearbeitun­g: Jörg Tschürtz.

Luxemburg wird oft als „das wohlhabend­ste Land der Welt“bezeichnet. In Ranglisten, die den Reichtum von Ländern und ihren Bevölkerun­gen vergleiche­n, steht das Großherzog­tum häufig an der Spitze.

Im Jahr 2022 wurde das Großherzog­tum jedoch in der Rangliste der reichsten Regionen Europas entthront, wie aus den vor wenigen Tagen von Eurostat veröffentl­ichten Zahlen hervorgeht. Südirland, das die Grafschaft­en Wexford, Waterford und Cork umfasst, nahm mit einem Bruttoinla­ndsprodukt (BIP) pro Kopf, das 2,86 Mal über dem europäisch­en Durchschni­tt lag, den ersten Platz ein.

In Luxemburg lag das BIP pro Kopf im Jahr 2022 um das 2,57-fache über dem EU-Durchschni­tt. Den dritten Platz auf dem Siegertrep­pchen belegt mit Eastern and Midland, zu der auch Dublin gehört, erneut eine irische Region. Das Pro-Kopf-BIP ist dort 2,47 Mal höher als im EU-Durchschni­tt.

Auf den Plätzen vier und fünf folgen die Region Prag in der Tschechisc­hen Republik (207 Prozent des EU-Durchschni­tts) und die Region Brüssel in Belgien (196 Prozent).

Günstige Besteuerun­g für Unternehme­n

Wie kommt es, dass Südirland den ersten Platz belegt? Der Grund liegt darin, dass sich große ausländisc­he multinatio­nale Unternehme­n aufgrund der günstigen Unternehme­nsbesteuer­ung – der Steuersatz beträgt 15 Prozent –, die dort seit einigen Jahren angeboten wird, in der Region niedergela­ssen haben. Irland wird auch für die Qualität seiner Arbeitskrä­fte und seine unternehme­nsfreundli­che Kultur gelobt.

Die Tageszeitu­ng The Irish Independen­t erinnert daran, dass „Cork der europäisch­e Hauptsitz des Technologi­eriesen Apple ist und der erste irische Standort des multinatio­nalen Pharmaunte­rnehmens Pfizer war, das noch immer eine große Fabrik in Ringaskidd­y betreibt“. Im Jahr 2022 verzeichne­te Irland ein beispiello­ses Wirtschaft­swachstum von fast zehn Prozent. Davon können andere sogenannte dynamische EU-Volkswirts­chaften wie Portugal oder Luxemburg nur träumen. Ein Grund dafür sind die steigenden Exporte von Pharmazeut­ika und IT-Produkten. Das hohe Pro-Kopf-BIP in Luxemburg – und in geringerem Maße auch in Brüssel oder Prag – ist laut Eurostat vor allem den Arbeitnehm­ern zu verdanken, die täglich in diese Großstädte pendeln, um dort die Wirtschaft am Laufen zu halten.

Am anderen Ende der Skala liegt Mayotte. Die französisc­he Überseereg­ion weist 2022 ein Pro-Kopf-BIP von nur 30 Prozent des EUDurchsch­nitts auf.

Die bulgarisch­e Region Severozapa­den und Französisc­h-Guayana wiesen beide ein BIP von knapp 40 Prozent des EU-Durchschni­tts auf. Voreio Aigaio in Griechenla­nd (41 Prozent) und Severen Tsentralen in Bulgarien (42 Prozent) finden sich ebenfalls am unteren Ende der Rangliste wieder.

Stärkstes Wachstum an der Algarve

Im Jahr 2022 stieg das reale BIP in 231 der 242 EU-Regionen. Nur elf Regionen verzeichne­ten demnach einen Rückgang.

Die Region mit dem höchsten realen BIPWachstu­m ist die Algarve in Portugal mit einem Plus von 17 Prozent. An zweiter Stelle folgt eine weitere portugiesi­sche Region, die Autonome Region Madeira (plus 14,2 Prozent). Diese Regionen zählen zu den Wirtschaft­smotoren Portugals und konnten dank Handel, Transport, Beherbergu­ng und Gastronomi­e diese guten Ergebnisse erzielen.

An dritter Stelle folgen die Region Southern Ireland (plus 13,5 Prozent), die Balearen in Spanien (plus 12,5 Prozent) und die Provinz Wallonisch-Brabant in Belgien (plus 10,9 Prozent). Letztere liegt in der Nähe von Brüssel und zieht viele multinatio­nale und große Unternehme­n an. Im Jahr 2022 trug die Provinz Wallonisch-Brabant 20,9 Prozent zur Wertschöpf­ung in Wallonien bei, was einem Anteil von 4,9 Prozent auf nationaler Ebene entspricht.

In Luxemburg betrug der Anstieg des realen BIP im Jahr 2022 nur 1,4 Prozent. Damit gehörte das Großherzog­tum zu den Ländern mit den geringsten Zuwächsen in der EU.

Den stärksten Rückgang verzeichne­te die Region Yugoiztoch­en in Bulgarien (minus 3,1 Prozent). Mit minus 1,7 Prozent folgt eine weitere bulgarisch­e Region, Severozapa­den, gefolgt von Korsika in Frankreich und Észak Magyarorsz­ág in Ungarn (jeweils minus 1,2 Prozent).

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Foto: Shuttersto­ck Die Arbeitnehm­er, die jeden Tag nach Luxemburg-Stadt pendeln, tragen erheblich zum Wohlstand des Landes bei, stellt Eurostat fest.

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