Die vielen Baustellen der Basketball-Nationalmannschaft
Nach den beiden Länderspielen der FLBB-Auswahl bleiben einige wichtige Zukunftsfragen offen
Ken Diederich steht wenige Minuten nach Spielende neben seiner Trainerbank. Er schaut auf die Statistiken und schüttelt den Kopf. Dass die luxemburgische BasketballNationalmannschaft am Sonntag das Heimspiel gegen Norwegen mit 58:72 verloren hat, ärgert ihn besonders. „Schade, dass wir uns nicht belohnt haben. Die Coque war voll, leider haben wir nicht besser geworfen und gewonnen. Dann wäre die Euphorie noch größer.“
Seit dem Auswärtssieg in Rumänien am vergangenen Donnerstag war das Interesse an der FLBB-Auswahl rasant gestiegen. Hunderte der insgesamt 1.800 Tickets wurden kurzfristig verkauft, die Stimmung im Gymnase der Coque kochte. Die Basketball-Nationalmannschaft ist für das Luxemburger Publikum so interessant wie selten zuvor, doch Diederich hat einige Baustellen, die in den kommenden Jahren noch größer werden könnten.
Wer sind die Schlüsselspieler?
Gegen Norwegen punktete nur Clancy Rugg zweistellig. Die anderen Leistungsträger waren zuletzt inkonstant. Mit Bob Melcher wurde am Sonntag zusammen mit der ehemaligen Nationalspielerin Nadia Mossong ein langjähriger Schlüsselspieler verabschiedet.
Amicale-Teamkollege und FLBB-Kapitän Alex Laurent benötigt in seiner ersten Saison nach der Profikarriere noch Eingewöhnungszeit. „Acht Stunden zu arbeiten, ist eine Umstellung. Danach gehe ich immer eine Stunde ins Fitnessstudio, weil mein Körper das braucht. Im Training bin ich nie so fit wie zu meiner Zeit als Profi. Da konnte ich mich den ganzen Tag erholen und vorbereiten. Ich kann kein Mittagsschläfchen mehr machen und mich nicht mehr so viel dehnen, das merke ich. Im Training bin ich oft sehr müde.“
Philippe Gutenkauf, Ben Kovac, Thomas Grün und Oliver Vujakovic verfügen allesamt über Scorerqualitäten, die allerdings auf höchstem Niveau nicht immer zum Tragen kommen.
Wer sind die Nachfolger?
Im FLBB-Kader stehen einige vielversprechende Talente. Malcolm Kreps ist ein begnadeter Verteidiger, Max Logelin hat beim Auswärtssieg in Rumänien bewiesen, dass er auch auf internationalem Parkett überzeugen kann. Ivan Delgado möchte nach vielen Verletzungsproblemen wieder zu alter Stärke zurückfinden. Ivor Kuresevic spielt in der österreichischen Bundesliga.
„In Rumänien haben unsere Talente gezeigt, was in ihnen steckt. Das ist genau das, was wir brauchen. In ein paar Jahren kommt der nächste Umbruch, dann hören wieder einige Spieler auf und andere müssen nachrücken. Deshalb liegt es an ihnen, die erste
Nervosität abzulegen. Sie sind motiviert, nehmen ihre Rolle an und versuchen, so viel wie möglich zu lernen. So bin auch ich damals ins Team gekommen“, sagt Laurent.
Das größte luxemburgische Talent der jüngeren Vergangenheit steht erst in den Startlöchern. Dorian Grosber verpasste zwar verletzungsbedingt die beiden WMVorqualifikationsspiele, wird in diesem Jahr aber ohnehin erst 18 Jahre alt. Die Zu
kunft gehört wohl ihm und dem erst 16-jährigen Namik Muratovic. Der 2,15 Meter große Center spielt für Bayern München.
Wie wird das Dreierproblem gelöst?
Gegen Rumänien traf die FLBB-Auswahl fünf von 28 Dreiern (17,9 Prozent), gegen Norwegen vier von 27 Versuchen (14,8 Prozent). Die Wurfquote ist derzeit das größte Problem der Nationalmannschaft. „Wir
können viel besser werfen, aber im Moment sind wir in einem kleinen Loch“, weiß Diederich. „Wir haben in der Vergangenheit manchmal besser geworfen. Bei den Siegen haben wir in der Regel acht bis zehn Dreier verwandelt. Das braucht man auf diesem Niveau“, sagt Laurent.
Aber liegt das Problem am Personal? Die einzigen überdurchschnittlichen Dreierschützen im Team sind Gutenkauf, Kovac und Debütant Christopher Jack. Der Düdelinger gehört zu den besten Werfern der LBBL, kam in der vergangenen Woche aber nur zu zwei Kurzeinsätzen. Auch wenn dem 25-Jährigen einige Qualitäten anderer Nationalspieler fehlen, könnte sein überragender Wurf der FLBB-Auswahl helfen. Da im Nachwuchsbereich viel Wert auf Wurftraining gelegt wird, besteht zudem die Hoffnung, dass die nächste Generation das Dreierproblem lösen kann.
: Wir können viel besser werfen, aber im Moment sind wir in einem kleinen Loch. Nationaltrainer Ken Diederich