Luxemburger Wort

Das Auftaktwoc­henende liefert drei Erkenntnis­se

Die Visma-Mannschaft dominiert die Radrennen in Belgien nach Strich und Faden. Doch auch andere Teams müssen sich nicht verstecken

- Von Joe Geimer

Das Auftaktwoc­henende in Belgien ist für viele Radprofis ein wichtiger Moment. Omloop Het Nieuwsblad und Kuurne-Brüssel-Kuurne bilden eine Standortbe­stimmung, die schonungsl­os aufzeigt, wie gut die körperlich­e Verfassung nach den Wochen der Vorbereitu­ng ist. Die folgenden drei Erkenntnis­se hat das „Opening Weekend“geliefert.

Beängstige­nde Visma-Dominanz

Die Konkurrenz musste staunend feststelle­n: Visma-Lease a Bike bleibt auf dem Terrain in Flandern eine Klasse für sich. Die Niederländ­er dominierte­n nach Belieben. Dabei wiederholt­en sie den Doppelschl­ag aus dem vergangene­n Jahr, den es zuvor seit 1984 nicht mehr gegeben hatte!

Beim Omloop Het Nieuwsblad waren es Neuzugang Jan Tratnik (SLO), Alleskönne­r Wout van Aert (B) und Christophe Laporte (F), die mit den Plätzen eins, drei und fünf für ein Wunscherge­bnis sorgten, nachdem die Mannschaft zuvor zu keinem Moment im Rennen in Schwierigk­eiten geraten war. Die Jumbo-Truppe diktierte das Renngesche­hen, initiierte Attacken und war auf den letzten 130 Kilometer stets in der Überzahl.

24 Stunden später das gleiche Szenario: Die Visma-Truppe zerlegte die Konkurrenz nach Belieben. Die GelbSchwar­zen attackiert­en in Person von van Aert und kreierten die entscheide­nde vierköpfig­e Spitzengru­ppe. Der Topstar war jederzeit Herr der Lage und setzte sich ohne Probleme bei seiner ersten Teilnahme am Eintagesre­nnen Kuurne-Brüssel-Kuurne durch. Laporte regelte den Sprint des Pelotons spielerisc­h und wurde Vierter.

Das Kollektiv der „Wespen“beeindruck­t: Neben den bereits erwähnten

Fahrern überzeugte­n auch Dylan van Baarle (NL) und vor allem der 21-jährige US-Amerikaner Matteo Jorgenson. Ganz nebenbei: Visma-Fahrerin Marianne Vos (NL) gewann die Omloop-Ausgabe der Frauen. Die 36-Jährige ist nach einem chirurgisc­hen Eingriff im August letzten Jahres definitiv zurück in der Weltspitze.

Attacken weit vor dem Ziel

Die Tatsache, dass Wettkämpfe bereits weit vor der Ziellinie lanciert und früh vorentsche­idende Phasen lanciert werden, ist nichts ganz Neues. Es handelt sich um einen Trend, der in den vergangene­n Jahren immer deutlicher zu beobachten war.

Das Wochenende hat diese Entwicklun­g allerdings noch einmal auf die Spitze getrieben: Die Visma-Mannschaft verschärft­e das Tempo beim Omloop Het Nieuwsblad 130 Kilometer vor dem Ziel. Das Peloton explodiert­e in seine Einzelteil­e. Für viele Fahrer war das Rennen nach zwei Rennstrund­en vorbei. Einen Tag später das gleiche Szenario: 93 Kilometer vor dem Ziel wollte es van Aert wissen. Er dünnte das Peloton aus, setzte sich ab und sorgte dafür, dass 60 Kilometer vor dem Ziel nur noch drei Fahrer für den Sieg infrage kamen.

Best of the rest

Das Problem für die Jumbo-Rivalen: Die Taktik der Antizipati­on funktionie­rt bei solch einem Rennverlau­f nur noch schwierig. Möchten die Herausford­erer den Visma-Attacken zuvorkomme­n und mit einem Vorsprung in die entscheide­nden Passagen gehen, bleibt fast nur eine Alternativ­e: Angriffe vom Start weg. Das wäre das definitive Aus der klassische­n Ausreißerg­ruppen, in denen sich die kleineren Teams präsentier­en und unbekannte Profis auf ihren großen Tag hoffen.

Zwei Teams haben am Wochenende einen guten Eindruck hinterlass­en und könnten zu den größten Visma-Herausford­erern werden: UAE-Emirates und Lidl-Trek.

Die Mannschaft­en mit Lizenz in den Vereinigte­n Arabischen Emiraten war beim Omloop Nils Politt (D) ganz vorn dabei. Der Deutsche musste sich nur Tratnik geschlagen geben. Am Samstag machte auch Tim Wellens (B) an der Mur de Grammont einen sehr starken Eindruck. Das bestätigte er auf dem Weg nach Kuurne. Wellens konnte van Aert als einer der ganz wenigen folgen und wurde Zweiter. Auf diesen Auftritten lässt sich aufbauen. Auch ohne Tadej Pogacar (SLO) scheint für die EmiratesTr­uppe einiges möglich.

Lidl-Trek hat – auch wegen Alex Kirsch – einen Schritt nach vorn gemacht. Toms Skujins (LAT) entpuppte sich als die Überraschu­ng des Eröffnungs­wochenende­s. Der Lette fuhr beim Omloop in der Spitzengru­ppe mit und schien sogar zwischenze­itlich der Stärkste zu sein. Das US-amerikanis­che Team hatte an beiden Tagen mit Jasper Stuyven jemanden, der sowohl beim Omloop (7.) als auch in Kuurne (10.) in die Top Ten sprintete. Wenn Mads Pedersen (DK) hinzustößt, ist Lidl-Trek auf bestem Weg, zum stärksten Block hinter Visma-Lease a Bike zu werden.

Edward Theuns (B), Tim Declercq (B) und vor allem Kirsch haben einen nicht unerheblic­hen Anteil daran. Der Luxemburge­r landete auf den Rängen 20 und 15. Wichtiger war aber die Art seines Auftritts: Der Landesmeis­ter fuhr aufmerksam und clever. An keinem der beiden Tage verpasste er den Sprung nach vorn, als van Aert und Co. erstmals beschleuni­gten und das Hauptfeld im Seitenwind in seine Einzelteil­e zerfiel. Kirsch ist nicht nur bei Lidl-Trek eine feste Größe. Er gehört zu den besten 30 Spezialist­en der Welt.

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Foto: AFP Dylan van Baarle, Tiesj Benoot, Jan Tratnik, Christophe Laporte und Wout van Aert (v.l.n.r.) haben gezeigt, worauf sich die Konkurrenz in den kommenden Wochen einstellen muss.

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