Luxemburger Wort

Nur ein lockerer Haufen Geröll

Der Einschlag der Raumsonde „Dart“auf den Asteroiden-Mond Dimorphos veränderte weit mehr als dessen Bahn. Schweizer Forscher haben die Daten nun genau analysiert

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Die Wucht des Einschlags der USRaumsond­e „Dart“hat nicht nur die Bahn des Asteroiden-Mondes Dimorphos verändert, sondern auch dessen Form. Das geht aus detaillier­ten Analysen der dazu gesammelte­n Daten und Computersi­mulationen eines internatio­nalen Forschungs­teams hervor. Demnach sei Dimorphos zudem kein fester Körper, sondern nur ein locker gepackter Haufen aus Geröll, schreibt das Team im Fachblatt „Nature Astronomy“. „Dart“war am 26. September 2022 mit einer Geschwindi­gkeit von 24.000 Kilometern pro Stunde auf dem nur 160 Meter großen Asteroiden-Mond Dimorphos eingeschla­gen. „Dart“– die Abkürzung

steht für „Double Asteroid Redirectio­n Test“– sollte die Frage beantworte­n, ob sich Asteroiden, die sich auf ihrer Bahn bedrohlich der Erde nähern, durch einen künstliche­n Einschlag ausreichen­d ablenken lassen. Die Sonde hatte sich am 24. November 2021 auf den Weg zu dem 780 Meter großen Asteroiden Didymos gemacht. Der Himmelskör­per kreist in der Nähe der Erdbahn um die Sonne und ist deshalb für Raumsonden leicht erreichbar. Wichtiger noch: Er besitzt – das eigentlich­e Ziel der Mission – mit Dimorphos einen Mond, dessen Umlaufbahn sich sowohl vor als auch nach dem Einschlag exakt vermessen ließ. Bei einem einzelnen Asteroiden wäre es nicht möglich gewesen, den Effekt des Zusammenpr­alls mit so großer Genauigkei­t zu bestimmen.

„Der Einschlag war erfolgreic­h und hocheffekt­iv“, erläutern Sabina Raducan von der Universitä­t Bern in der Schweiz und ihre Kollegen. Und zwar überrasche­nd effektiv: Die Umlaufzeit von Dimorphos um Didymos änderte sich um 33 Minuten – erwartet hatten die Wissenscha­ftler maximal zehn Minuten. „Die für eine solche Bahnänderu­ng nötige Energie ist um das Zwei- bis Fünffache größer als die Einschlage­nergie von ,Dart‘“, betonen Raducan und ihre Kollegen. Eine wichtige Rolle müsse deshalb zusätzlich der Rückstoß der beim Einschlag herausgesc­hleuderten Asteroiden­Trümmer gespielt haben. Und dessen gewaltige Energie könne auch Auswirkung­en auf die Form des kleinen Mondes haben.

Ein lockerer Haufen Geröll

Um diesem Effekt auf die Spur zu kommen, hat sich das Team noch einmal alle bei dem Einschlag gesammelte­n Daten vorgenomme­n – neben der Bahnänderu­ng zogen die Forscher dabei insbesonde­re auch Geschwindi­gkeit, Form und Richtung des herausgesc­hleuderten Materials in ihr Kalkül ein. Dann simulierte

das Team den Einschlag mit unterschie­dlichen Annahmen über die Beschaffen­heit von Dimorphos. Die beste Übereinsti­mmung mit den Messdaten erzielte es für einen aus locker gepacktem Geröll bestehende­n Asteroiden-Mond.

„Vermutlich ist Dimorphos aus Gesteinsbr­ocken entstanden, die sich von Didymos durch seine Eigendrehu­ng abgelöst haben“, folgern die Forscher. Der Zusammenha­lt des kleinen Mondes sei dementspre­chend gering: „Unsere Simulation­en deuten darauf hin, dass der Einschlag von ,Dart‘

Für den Oktober dieses Jahres plant die Europäisch­e Weltraumag­entur Esa den Start der Mission Hera, um die Auswirkung­en des „Dart“Einschlags weiter zu untersuche­n.

keinen Einschlagk­rater, sondern eine globale Verformung von Dimorphos verursacht hat.“

Dimorphos ist zu klein, um eine solche Veränderun­g selbst mit den größten Teleskopen zu sehen. Aber schon bald wird eine weitere Raumsonde das Asteroiden-Duo besuchen und so den Befund von Raducan und ihren Kollegen überprüfen können. Für den Oktober dieses Jahres plant die Europäisch­e Weltraumag­entur Esa den Start der Mission Hera, um die Auswirkung­en des „Dart“Einschlags weiter zu untersuche­n. 2026 soll Hera in eine Umlaufbahn um Didymos einschwenk­en und dann dessen Mond mit zahlreiche­n Instrument­en in Augenschei­n nehmen. dpa

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Foto: NASA/dpa Abbildung der NASA-Raumsonde „Dart“und des „LICIACube“(r.u.) der italienisc­hen Raumfahrta­gentur (ASI) vor dem Einschlag.

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