Vorwahlen in Michigan werden zu Denkzetteln für Biden und Trump
Die Wähler der arabisch-amerikanischen Gemeinschaft im Bundesstaat haben den amtierenden US-Präsidenten abgestraft. Auch Konkurrent Trump musste kräftig einstecken
Der Präsident und sein Herausforderer ahnten wohl schon, was auf sie zukam, und tauchten am Wahltag erst gar nicht in Michigan auf. Dabei wird der alte Industriestaat im Mittleren Westen neben Arizona, Georgia, Nevada, Pennsylvania und Wisconsin Ground Zero bei den Präsidentschaftswahlen im November sein. Ohne die Wahlleute von hier wird es für Joe Biden und Donald Trump schwierig, erneut ins Weiße Haus zu ziehen.
Die „Listen To Michigan“-Kampagne (dt. „Hört auf Michigan“) übertraf ihr Ziel mit mehr als 100.000 Enthaltungen bei den Vorwahlen der Demokraten um das Zehnfache. Der von einem Bündnis der arabisch-amerikanischen Gemeinde, Studenten und Linken organisierte Protest verpasste Joe Biden mit 13,3 Prozent der Stimmen einen Denkzettel für seine Nahost-Politik.
Auch für Donald Trump lief es nicht gut. Obwohl seine Herausforderin Nikki Haley keine echte Chance mehr auf einen Sieg über den Ex-Präsidenten hat, stimmten fast 300.000 Menschen für die Konservative aus South Carolina. Das war mehr als einer von vier Wählern bei den Primaries der Republikaner.
Statt sich vor Ort den Realitäten zu stellen, redeten Biden und Trump das Ergebnis aus der Ferne schön. Ohne auf die Enthaltungs-Kampagne mit nur einem Wort einzugehen, dankte der Präsident allen, die sich an den Wahlen beteiligt hatten. Das sei, was Amerika wirklich großartig machte, erklärte Biden unter Anspielung auf Trumps Wahlkampf-Slogan „Make America Great Again“.
Der MAGA-Führer selbst meldete sich per Telefon bei der Wahlparty seiner Anhänger. „Wenn wir Michigan holen, gewinnen wir das ganze Ding“, verkündete Trump triumphal. Die Ergebnisse hätten alle Erwartungen übertroffen. Nicht ganz. In einem Interview hatte der Ex-Präsident noch am Wahltag erklärt, er gehe davon aus, dass Haley „mit um die 80 Prozentpunkten Abstand verlieren wird“. Tatsächlich holte er nur 68,2 Prozent.
„Blinkendes Warnsignal für Trump“
Die Chefin der Initiative „Listen to Michigan“, Layla Elabed, feierte das Ergebnis ihrer Kampagne als Warnung an den Präsidenten. Ihre Unterstützer wollten keine „Trump-Präsidentschaft“, aber Biden habe den israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu über die amerikanische Demokratie ge
stellt. „Wir können es uns nicht leisten, die Rechnung für die Missachtung palästinensischer Leben zu bezahlen.“
Elabed ist die Schwester der einzigen palästinensisch-stämmigen Abgeordneten im Kongress, Rashida Tlaib, die zusammen mit dem Bürgermeister von Dearborn und anderen regionalen Parteigrößen vor den Toren Detroits die „Uncomitted“-Kampagne unterstützt hatte. Team Biden hatte im Vorfeld darauf hingewiesen, dass sich bei den Demokraten „immer“um die 20.000 Menschen enthalten würden. Dieses Mal waren es fünfmal so viele. Und besonders stark fiel der Widerstand in Dearborn sowie den Universitätsstädten Ann Arbor und Lansing aus.
Bei den Republikanern wertete Haley das Ergebnis in der Wahlnacht als „blinkendes Warnsignal für Trump im November“. Sie versprach, bis nach dem Super-Dienstag am 5. März im Rennen zu bleiben, um den Republikanern eine Alternative zu bieten. Obwohl die Koch-Milliardäre ihr nach der Niederlage in South Carolina den Geldhahn abdrehten, hat Haley noch Mittel, um kommenden Diens
Wir können es uns nicht leisten, die Rechnung für die Missachtung palästinensischer Leben zu bezahlen. Layla Elabed, Kopf der Initiative „Listen to Michigan“
tag zu konkurrieren. Während der Ausgang der Primaries von Michigan nicht infrage stand, galten die Ergebnisse als wichtiges Barometer für die Wahlen im November. Die demokratische Abgeordnete Debbie Dingell, eine Biden-Unterstützerin, mahnt den Präsidenten, den Protest in ihrem Bundesstaat gegen seine Nahostpolitik ernst zu nehmen. „Er muss und wird mit der arabisch-amerikanischen Gemeinde sprechen“, sagt Dingell.
„Listen to Michigan“hatte die Marke von 10.000 Enthaltungen gewählt, die symbolisch für den Stimmenabstand in dem Swing State bei den Präsidentschaftswahlen 2016 steht. Vier Jahre später hatte Biden hier mit 150.000 Stimmen Vorsprung gewonnen.