„Wir sind richtig abgebogen“
Die Vereinigung ALAN um Direktor Daniel Theisen blickt positiv auf den ersten Aktionsplan für seltene Erkrankungen zurück. Eine Neuauflage ist nahe
„Wir stehen an einer Kreuzung; wenn wir falsch abbiegen, droht uns jahrelanger Stillstand“– diese Befürchtung äußerte Daniel Theisen in einem Interview mit dem „Luxemburger Wort“im vergangenen Jahr. Der Geschäftsführer der Vereinigung ALAN – Maladies Rares, die sich für Betroffene von seltenen Krankheiten einsetzt, spielte damit auf den ersten Nationalen Aktionsplan für seltene Krankheiten (PNMR) an. Dieser lief Ende 2023 aus, ein Nachfolgedokument war damals noch in der Schwebe. Bei ALAN machten sich daher Bedenken breit.
Ein Jahr später klingt Theisen deutlich gelassener: „Wir sind richtig abgebogen“, sagt der Direktor heute mit zufriedener Stimme. Ein zweiter PNMR ist nämlich zum Greifen nah. „Er ist im Koalitionsprogramm der neuen Regierung verankert“, freut sich Theisen. Seit Monaten arbeiten Arbeitsgruppen am Gerüst des neuen Plans, im kommenden Jahr soll er wahrscheinlich anlaufen. „Wir haben im vergangenen Jahr viel Lobbyarbeit geleistet und sind dankbar für die Unterstützung, die wir nun von der Politik erhalten haben“, freut sich auch ALAN-Präsidentin Anja di Bartolomeo.
Meisten Ziele wurden erreicht
Sowohl di Bartolomeo als auch Theisen bewerten den ersten PNMR, der von 2018 bis 2023 lief, positiv. „Wir haben sehr gute Arbeit geleistet. Ich würde sagen, dass wir 80 Prozent der gesteckten Ziele erreicht haben. Das ist für einen ersten Anlauf nicht schlecht“, schildert Daniel Theisen. „Wir haben viele konkrete Ergebnisse erzielt. Zum Beispiel haben wir einen Ratgeber herausgegeben, in dem Informationen über seltene Krankheiten zusammengefasst sind“, berichtet er.
Außerdem wurde die Infoline (Mail: infolineMR@alan.lu oder Telefon: 20212022) ins Leben gerufen, eine zentrale Anlaufstelle für alle Betroffenen. Hier erhalten sie Informationen zu ihrer jeweiligen Erkrankung oder werden an die zuständigen Stellen weitervermittelt. Anfangs waren es gut 300 Anfragen im Jahr, in den beiden vergangenen Jahren war es jeweils über 600. „Wir planen daher, unser Team aufzustocken, um dem wachsenden Andrang gerecht zu werden“, so der Direktor. Trotz des Erfolgs des ersten PNMR gebe es aber weiterhin Handlungsbedarf. „Wir dürfen jetzt nicht nachlassen, es gibt noch immer viele Baustellen, die wir angehen müssen“, fährt Theisen fort. „Das größte Problem sind nach wie vor die administrativen Hürden“, so Theisen. Als Beispiel nennt er die Probleme, die Betroffene oft haben, wenn sie Dienste wie den Adapto oder den Mobibus in Anspruch nehmen wollen. „Hier gibt es einfach zu viele verschiedene Anlaufstellen“, kritisiert Theisen.
Nationales Datenregister gefordert
„Wenn du nicht in eine der bestehenden Schubladen passt, dann existierst du nicht“, kritisiert er die allgemeine Situation von Menschen mit seltenen Erkrankungen im Behördendschungel. „Verwaltungsvereinfachung und Digitalisierung gehören daher zu unseren Hauptforderungen für die kommenden Jahre“, so Theisen weiter.
Weitere Schwerpunkte des PNMR 2 sind unter anderem die Verbesserung der Forschung und die Schaffung einer nationalen Datenbank, die offizielle Zahlen über die Anzahl der Menschen mit seltenen Krankheiten in Luxemburg liefert.
Auch Sensibilisierungskampagnen sollen verstärkt werden. „Ein Problem, das nach wie vor besteht, sind Vorurteile. Menschen, die mit einer seltenen Krankheit leben, werden im Alltag sehr oft mit solchen konfrontiert“, kritisiert Anja di Bartolomeo. Daher brauche es mehr Aufklärungskampagnen. „Das muss schon bei den Kleinsten in der Schule beginnen“, ist die ALAN-Präsidentin überzeugt.