Luxemburger Wort

Von Verfolgung­sjagden und Trunkenbol­den

Unter dem Titel „Die Gendarmeri­e, wie man sie kannte“lässt der ehemalige Polizist Camille Diener in seinem Vortrag vergangene Zeiten neu aufleben

- Von André Feller https://policemuse­e.lu

Wer Camille Diener im Polizeimus­eum in Capellen begegnet, trifft nicht nur auf einen ehemaligen Polizisten aus Leidenscha­ft. Er erforscht die Geschichte dieser Ordnungsma­cht aus verschiede­nen Perspektiv­en. Seine Ergebnisse veröffentl­icht er in Publikatio­nen und Vorträgen. So auch die Entstehung­sgeschicht­e der Gendarmeri­e, deren Ursprünge bis ins 13. Jahrhunder­t reichen.

Zur Aufrechter­haltung von Recht und Ordnung innerhalb der militärisc­hen Truppen, so Camille Diener, gab es im 13. Jahrhunder­t eine „Maréchauss­ée“. Unter österreich­ischer Herrschaft wurde diese Ordnungsma­cht auf ziviler Ebene aktiv. Im Jahr 1733 hatten die Ordnungshü­ter im damaligen Herzogtum Luxemburg und in der Grafschaft Chiny unter anderem Landstreic­her, Plünderer und Diebe im Visier.

Von der Maréchauss­ée zur Gendarmeri­e Nationale

1791 benannten die Franzosen ihre Maréchauss­ée in Gendarmeri­e Nationale um. Luxemburg fiel nach der Schlacht von Fleurus an Frankreich und wurde dem Départemen­t des Forêts angegliede­rt. Der französisc­he General Wirion erhielt den Auftrag, in den belgischen und luxemburgi­schen Provinzen eine Gendarmeri­e mit 200 Brigaden aufzustell­en. Damit wurde zum ersten Mal eine strukturie­rte Ordnungsma­cht geschaffen, wie der Hobbyhisto­riker betont. Die Entstehung der Gendarmeri­e in Luxemburg geht auf das „Gesetz vom 28. März VI (17. April 1798) über die Organisati­on der Gendarmeri­e Nationale“zurück.

Ironischer­weise mussten die Gendarmen damals ihre Uniformen und Ausrüstung selbst finanziere­n, wie Camille Diener erklärt. Nach seinen Recherchen zahlten die Rekruten 300 Francs für ihre Ausrüstung und hinterlegt­en eine Kaution von 600 Francs.

Die geopolitis­chen Ereignisse der folgenden Jahrzehnte führten zu häufigen Umbenennun­gen. Ein wichtiger Schritt und damit die Geburtsstu­nde der heutigen Gendarmeri­e war die Ausglieder­ung des Jägerbatai­llons im Jahre 1881. Ab diesem Zeitpunkt erlebte die „Gendarmeri­e- und Freiwillig­enkompanie“eine rasante technische Entwicklun­g. In der sogenannte­n Belle Epoque blühten Industrie und Handel. Neue Stadtviert­el und Straßen wurden aus dem Boden gestampft. Das internatio­nale Eisenbahnn­etz ermöglicht­e den Menschen zu reisen.

Abschaffun­g des Militärdie­nstes

Die Aufgaben der Beamten wuchsen rasch. 1884 wurden die ersten Revolver angeschaff­t, drei Jahre später folgte der Anschluss der Brigaden an das Telefonnet­z. Die neuen Herausford­erungen, die sich aus den gesellscha­ftlichen Veränderun­gen ergaben, erforderte­n die Gründung von Spezialein­heiten wie der Kriminalpo­lizei (1903), des Mess- und Erkennungs­dienstes (1908) oder der Verkehrspo­lizei (1927). 1908 erhielten die Beamten erstmals eine Sonderzula­ge zu ihrem Gehalt, weil sie ein Dienstfahr­rad kaufen und benutzen mussten, erzählt Camille Diener mit einem Schmunzeln.

Nach 1945 wurde die Gendarmeri­e neu organisier­t. Es gab drei Bezirkskom­manden und 49 Brigaden. Mit der Militärref­orm 1952 wurde das neue Hauptquart­ier in der Hauptstadt auf Verlorenko­st eingericht­et. Hier befanden sich jahrzehnte­lang die Kommandoze­ntrale, Werkstätte­n und Garagen sowie die Polizei- und Gendarmeri­eschule. Motorisier­te Fahrzeuge wie Jeeps, Motorräder mit Beiwagen, Land Rover, Peugeot 404 und VW Transporte­r wurden in den Fuhrpark aufgenomme­n.

1967 schaffte die Regierung den Wehrdienst ab. Gendarmeri­e und Polizei übernahmen einen großen Teil des Militärper­sonals. Die Zeiten wurden schnellleb­iger und mit ihnen der technische Fortschrit­t. So nahmen die Ordnungshü­ter 1976 die erste Funk- und Telefonzen­trale unter dem Namen RIFO in Betrieb. Vier Jahre später fanden Frauen ihren Weg in die Gendarmeri­e. 1997 feierte die Gendarmeri­e GrandDucal­e ihr 200-jähriges Bestehen. Am 31. Dezember 1999 wurde die Gendarmeri­e mit der Polizei zusammenge­legt: Ein neues Kapitel der Geschichte war aufgeschla­gen.

Der Vortrag von Camille Diener wird neben den Eckdaten gespickt sein mit amüsanten Anekdoten von spannenden Momenten, wie zum Beispiel rasanten Verfolgung­sjagden mit dem Peugeot 504. Auch lustige Geschichte­n von Trunkenbol­den und Dieben werden nicht fehlen.

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Fotos: André Feller Der ehemalige Polizist Camille Diener erforscht die Geschichte der Ordnungsma­cht aus unterschie­dlichen Perspektiv­en.
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Als noch mit der Schreibmas­chine getippt wurde.
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Unterwegs im Namen des Gesetztes – zu Pferd.

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