Marion Barter in Australien für tot erklärt
Die Anhörung zum Verbleib der vermissten australischen Lehrerin endet mit der Feststellung, dass sie nicht mehr lebt. Aus dem Vermisstenfall könnte jetzt eine Mordermittlung werden
Die seit 1997 vermisste Marion Barter alias Florabella Remakel, deren Verschwinden Verbindungen nach Luxemburg aufweist, ist gestern in Australien für tot erklärt worden. Das Untersuchungsverfahren zum Verbleib der australischen Lehrerin dauerte mehrere Jahre. Die Entscheidung war erwartet worden, die Staatsanwaltschaft und der Anwalt von Barters Tochter Sally Leydon hatten entsprechende Anträge gestellt.
Gleichzeitig verkündete Coroner Teresa O‘Sullivan, dass keine genauen Erkenntnisse über die Umstände des Todes vorlägen. Während der Anhörung hatte mit dem 84-jährigen Belgier Ric Blum eine sehr verdächtige Hauptfigur die Bühne betreten. O‘Sullivan empfiehlt aufgrund „der besorgniserregenden Umstände des Verschwindens“eine Ermittlung wegen Mordes. Der australischen Polizei steht es jetzt frei, dem zu folgen, sofern sie genügend Anhaltspunkte sieht.
Die damals 51-jährige Marion Barter hatte Ende Juni 1997 Australien verlassen. Sie wolle eine einjährige Auszeit nehmen und von Großbritannien aus mit dem Orient Express durch Europa fahren. Sie kündigt, verkauft ihr Haus, fliegt nach England. Im Oktober 1997 wird ihr Konto leergeräumt. Offenbar von Barter selbst, denn kurz nach ihrem Flug nach England ist sie wieder nach Australien eingereist, auch das steht mit dem Beschluss vom Donnerstag fest. Insgesamt fehlt am Ende ein sechsstelliger Betrag (in Australischen Dollar). Und jede Spur von Marion Barter. Der von O‘Sullivan angenommene Todeszeitpunkt: nach dem 15. Oktober 1997.
Der neue Name: Florabella Remakel
Barter hatte im Mai 1997 ohne das Wissen ihrer Familie ihren Namen in Florabella Natalia Marion Remakel ändern las
sen. Auf den Dokumenten ihrer unangekündigten Rückreise nach Australien im August 1997 steht, sie sei verheiratete Hausfrau in Luxemburg – wohin sie bisher keinerlei Verbindung hatte.
Barter stand in engem Kontakt mit dem heute 84-jährigen Ric Blum, der in den 1980ern in Luxemburg gewohnt hatte. Blum hat seit 1976 die australische Staatsbürgerschaft und lebt auch dort, allerdings ist er seitdem fast jährlich zu monatelangen Aufenthalten nach Belgien gereist. Er lebte zeitweise auch in England.
Der 1939 in Tournai geborene Blum ist ein Serienbetrüger mit langem Strafregister. Im Laufe seines Lebens hat er mehrere Dutzend Pseudonyme verwendet und einige dieser falschen Namen auch offiziell geführt, darunter den Namen
Fernand Remakel. Blum hat einem Luxemburger Bürger gleichen Namens in den 1980ern die Identität gestohlen, besaß dazu auch einen australischen Führerschein. 1994 hat er als Remakel eine Kontaktanzeige aufgegeben, die die Ermittler auf seine Spur und damit nach Luxemburg führte. Es ist unklar, ob Barter diese Anzeige gesehen hat oder jemals in Luxemburg war.
O‘Sullivan kommt zu dem Schluss, dass das zumindest ihre Absicht war – weil Blum ihr vorgespielt hat, er wolle dort mit ihr leben. Er selbst streitet das zwar ab. Doch O‘Sullivan sagte ausdrücklich: Ric Blum weiß mehr über Barters Reise, ihre Rückkehr, über die Beziehung der beiden in der Zeit dazwischen, über die Abhebungen bei der Bank – und er teilt dieses Wissen absichtlich nicht.
Blum hat enge Verbindungen nach Luxemburg, er hatte zum Beispiel eine außereheliche Affäre mit einer Luxemburgerin. Ab 1980 hat er in Nörtzingen ein Möbelgeschäft betrieben, dazu existiert ein Eintrag im Handelsregister. Für eine Filiale in Schifflingen gründete er eine weitere Firma, gemeinsam mit zwei Luxemburgerinnen und einem Luxemburger. Beide Geschäfte schloss er wenig später und ließ seine Geschäftspartner sitzen. Als einer ihn anzeigte, wusste die Polizei bereits Bescheid.
Wie geht es jetzt weiter?
Dass die Polizei gegen Blum ermitteln wird, vielleicht auch hierzulande, ist noch nicht sicher. Allerdings stehen die Chancen gut, denn O‘Sullivans Statement legt das ausdrücklich nahe. Der Totenschein indes eröffnet Sally Leydon neue Möglichkeiten, nach ihrer Mutter zu suchen, die ihr bislang aus rechtlichen Gründen verwehrt waren. Im Herbst will sie in Luxemburg, England, Belgien und den Niederlanden weitere Nachforschungen anstellen.
: Dass die Polizei gegen Blum ermitteln wird, vielleicht auch hierzulande, ist noch nicht sicher.