Der Herr gibt und der Herr nimmt
Seit dreieinhalb Monaten ist die CSV-DP-Koalition im Amt. Bei RTL durfte sich Luc Frieden diese Woche feiern lassen. „Mission accomplie!“, lautete die freundliche Überschrift zum Interview mit dem Premier über 100 Tage SchwarzBlau. Also alles in Butter im „Team Luc“? Nun ja.
Zwar hat der CSV-Regierungschef die erste Etappe weitgehend fehlerfrei hinter sich gebracht. Im Vergleich zu seinem locker-flockigen Vorgänger Xavier Bettel (DP) scheint der Mann, der sich gern als CEO der „Luxemburg SA“oder „Chef vun all de Leit am Land“sieht, die Zügel deutlich straffer anzuziehen.
Einige seiner Minister haben sich jedoch schon Ausrutscher geleistet. Allen voran Innenminister Léon Gloden (CSV), der sich offenbar die Reinhard-Mey-Zeile „Und wo immer auch ein Fettnapf steht, da tapp‘ ich voll hinein“zu Herzen genommen hat.
Glodens grimmige Law-and-Order-Amtsführung wirkt mehr als befremdlich. Wenige Tage nach Amtsantritt winkte der frühere Rechtsanwalt ein juristisch äußerst wackeliges Bettelverbot in der Hauptstadt durch und zog damit zurecht Kritik auf sich. Hat die neue Regierung nicht versprochen, als Erstes das Thema Armut anzugehen? Nur um dann gleich die Ärmsten der Armen zu triezen? Die Ankündigung wirkt im Nachhinein zynisch.
Der Polizeiminister war sich auch nicht zu schade, in die Werkzeugkiste der Populisten zu greifen und reißerische Räuberpistolen über Bettlerbanden in „décken däitsche Limousinne“zu verbreiten. Aber immerhin: Bürgermeisterin Lydie Polfer ist happy.
Ob der ehemalige Handelskammerpräsident Frieden tatsächlich eher ein Ohr für die Belange der Unternehmer – und weniger für die der Arbeitnehmer – hat, wird sich noch zeigen. Nach dem „Einstandsgeschenk“zum 1. Januar und der Steuersenkung stehen nun Sparmaßnahmen auf der Tagesordnung. Der Herr gibt und der Herr nimmt.
Von der DP hört man, abgesehen von der pikanten Meisch-Affäre, wenig. Xavier Bettel weilt qua Amt meist im Ausland und meidet neuerdings die Mikrofone der Medien. Eine Wiederholung der Geschichte droht: Wenn die DP als Juniorpartner mit der CSV koalierte, ging das selten gut für sie aus. Auch das menschliche Gesicht der Liberalen hat durch die empörenden Äußerungen der Deputierten Simone Beissel über Obdachlose deutlich gelitten.
Dabei hat die Regierung die großen Probleme des Landes durchaus erkannt: Im Wohnungsbau und bei den Renten wurden erste Pflöcke eingeschlagen. In Umweltfragen hingegen hat Schwarz-Blau im Vergleich zur Vorgängerkoalition rhetorisch abgerüstet. Noch ist nicht klar, ob die Maßnahmen zur Bekämpfung des Klimawandels tatsächlich verwässert werden oder man die Menschen nur „weniger nerven“will. Im Stil hat das männerdominierte Kabinett Frieden jedenfalls noch deutlichen Nachholbedarf. Die hölzern-maskuline Art des Regierens wirkt wie aus der Zeit gefallen.
Die Koalition aus CSV und DP hat in den ersten 100 Tagen bereits viel Staub aufgewirbelt.