Wirbel um den Richter, der Österreichs Ex-Kanzler schuldig sprach
Nach der Verurteilung von Sebastian Kurz könnte ein richterlicher Fauxpas Konsequenzen haben
Das Urteil hatte es schon in sich: Acht Monate Haft auf Bewährung wegen Falschaussage für eine ExKanzler, das ist nicht nichts. Doch eine Woche später redet die Nation nicht über den unrühmlich gefallenen ehemaligen Polit-Superstar Sebastian Kurz, sondern über seinen Richter. Denn der ist lange vor dem Prozess selbst verurteilt worden – wegen Weitergabe von Ermittlungsdetails an KurzGegner.
„Bananenrepublik“titelt die „Kronen Zeitung“diese Woche; von „schiefe Optik“über „Befangenheit?“bis „Justiz-Skandal“lauten die übrigen Kommentare; und im Boulevard-Billigblatt „Österreich“wird
Sebastian Kurz aufgefordert, bei der Nationalratswahl im Herbst für die ÖVP oder mit einer eigenen Liste anzutreten, weil „nur die Wähler“und nicht eine Justizintrige entscheiden dürften, wer in Österreich regiert.
Dabei schienen die Spekulationen, ob der über Falschaussage- und Korruptionsvorwürfe gestolperte Ex-Kanzler (2017-2021 mit kurzer Unterbrechung) in die Politik zurückkehren würde, mit dem Urteil von vor einer Woche beendet: Der frühere ÖVP-Chef habe im parlamentarischen Untersuchungsausschuss seine Rolle bei Postenbesetzungen kleingeredet, befand Richter Michael Radasztics und verhängte die Bewährungsstrafe.
Drei Tage später platzte die Bombe: Michael Radasztics hatte im Jahr 2018, damals noch als Staatsanwalt, Informationen aus Ermittlungsakten in einer ganz anderen Causa (Eurofighter) an den ehemaligen Grünen Peter Pilz weitergeleitet. Einen Tag später stellten Pilz und die Grüne Alma Zadic eine einschlägige parlamentarische Anfrage. Pikant: Pilz gilt als einer der größten Kurz-Jäger. Und Alma Zadic ist heute grüne Justizministerin.
Rückenwind für Berufung
Noch pikanter: Michael Radasztics wurde im Mai 2023 wegen der Informationsweitergabe zu einer Disziplinarstrafe verurteilt. Im Sommer 2023 wurde er zum Richter im Prozess gegen Sebastian Kurz bestellt. Das Urteil gegen Radasztics wurde erst zwei Tage nach dem Kurz-Urteil im offiziellen Rechtsinformationssystem (RIS) veröffentlicht.
Schon zu Prozessbeginn hatten die Kurz-Verteidiger wegen vermuteter Pilz-Nähe Radasztics‘ einen Richterwechsel gefordert; Radasztics lehnte einen Richterwechsel ab – seine Disziplinarstrafe verschwieg er. Das ist noch einmal pikanter, weil er dem Ex-Kanzler in der Urteilsbegründung vergangene Woche erklärte, dass jemand, der zwar die Wahrheit spricht, aber wichtige Teile weglasse, sich der Falschaussage schuldig mache.
Die Kurz-Verteidigung spürt nun Rückenwind für die Berufung gegen das Urteil. Kurz selbst hat ja von Beginn an gegen eine links-orientierte Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA, die Ankläger) und politische Justiz gewettert. Und Kurz-Anhänger sehen sich in ihrem Narrativ, eine linke Jagdgesellschaft wolle den einstigen ÖVP-Superstar erledigen, bestätigt.
Da kann die Justiz noch so sehr beteuern, die seinerzeitige InfoWeitergabe des damaligen Staatsanwalts Radasztics habe nichts mit dem Fall Kurz zu tun: Einen Gefallen hat sie ihrer Glaubwürdigkeit nicht getan.
Die KurzVerteidigung spürt nun Rückenwind für die Berufung gegen das Urteil.