Welche Parteien laut Umfrage die Nase vorn haben
100 Tage vor der EU-Wahl am 9. Juni wirft das LW einen Blick auf die Absichten der Wähler. Populisten wie die AfD oder der Rassemblement National sind im Aufwind. In Luxemburg befindet sich die CSV in der Poleposition
Drei Monate vor den Europawahlen zeichnen sich die neuen Kräfteverhältnisse im künftigen EU-Parlament ab. Der Trend in den 27 EU-Mitgliedstaaten geht zu Protestparteien und populistischen Parteien. Das geht aus Umfragedaten hervor, die das Nachrichtenportal Euractiv veröffentlicht hat.
Die am Donnerstag auf der Grundlage der von Europe Elects erhobenen Daten veröffentlichten Wahlabsichten für den Monat Februar zeigen, dass die Fraktionen Konservative und Reformisten (EKR, EU-kritische Konservative) sowie Identität und Demokratie (ID, Dachverband rechter Parteien) im Vergleich zu 2019 deutlich zulegen konnten. Mit 11,7 Prozent und 11,6 Prozent der Wählerstimmen könnte der Einfluss der Euroskeptiker und Rechten im Straßburger Parlament ein noch nie dagewesenes Ausmaß erreichen.
Auf Platz eins und zwei liegen die Europäische Volkspartei (EVP, 22,6 Prozent) und die Sozialdemokraten (S&D, 18,9 Prozent). Mitte-Links-Parteien, Grüne und Liberale müssen laut Stand vom Februar mit Verlusten bei der Wahl im Juni rechnen.
Derzeit würden die Fraktion der Konservativen und Reformisten, zu der unter anderem Fratelli d’Italia und die NVA gehören, und die Fraktion Identität und Demokratie mit Rassemblement National und der AfD im Vergleich zu ihrem Ergebnis von 2019 jeweils 21 Mandate hinzugewinnen. Dieser Zugewinn geht insbesondere auf Kosten der liberalen Fraktion Renew Europe (minus 26 Mandate) und der Grünen/EFA (minus 25 Mandate).
Aufstieg der radikalen Rechten
Der seit einigen Monaten weltweit zu beobachtende Aufstieg der radikalen Rechten spiegelt sich in den 27 EU-Mitgliedstaaten nicht in gleicher Weise wider. Während diese Parteien in Ländern wie Österreich, Frankreich oder den Niederlanden in den Umfragen vorne liegen, haben sie es in den nordischen Ländern, im Süden oder Osten schwerer. Eine Ausnahme bildet Ungarn, wo die Fidesz-Partei von Viktor Orban in den Umfragen weiterhin an der Spitze liegt.
Auf der anderen Seite des politischen Spektrums gewinnt die Fraktion der Vereinigten Linken ebenfalls an Boden, wenn auch in wesentlich geringerem Maße, da die linken Parteien im Vergleich zu ihrer derzeitigen Situation mit drei zusätzlichen Sitze rechnen können. Dies ist vor allem auf den aktuellen Popularitätszuwachs der irischen Sinn Féin zurückzuführen.
CSV und LSAP mit Zugewinnen
Im traditionell europafreundlichen Luxemburg haben die politischen Ränder aufgrund der geringen Zahl an verfügbaren Sitzen kaum Chancen, Mandate zu ergattern. Von den sechs zu verteilenden Mandaten würde die CSV – die Teil der EVP ist – nach dem aktuellen Wahltrend drei Sitze erhalten. Das ist einer mehr als 2019. Der Zugewinn geht auf Kosten von Déi Gréng, die ihr einziges Europamandat verlieren würden. Dies wäre das erste Mal seit 1994, als Jup Weber ein Mandat in Straßburg erreichte, und würde die schwierige Lage der Partei nach dem Verlust von fünf Mandaten bei den Kammerwahlen vom 23. Oktober bestätigen.
Die DP würde ihrerseits einen Sitz erhalten – ein Rückgang gegenüber 2019, als die Liberalen mit Monica Semedo antraten, die ihr Mandat seit 2021 als Unabhängige ausübt, nachdem sie zum ersten Mal wegen Mobbings be
straft worden war. Die LSAP würde ihrerseits zwei Sitze erhalten. Das wäre ein Gewinn von einem Mandat im Vergleich zu 2019, das Nicolas Schmit einheimste. Schmit reichte das Mandat Ende 2019 weiter an Marc Angel, nachdem Schmit zum EU-Kommissar ernannt wurde.
In den anderen Ländern der Großregion scheinen die Tendenzen sehr unterschiedlich zu sein. In Belgien besteht nach wie vor ein deutlicher Unterschied zwischen Flandern und Wallonien, wo der Vlaams Belang (ID) in der Wählergunst Ende Februar auf vier Sitze und die Nieuw-Vlaamse Alliante (EKR) auf drei Sitze kommt. In Wallonien würde die PS zwei Sitze erhalten, ebenso die MR. CD&H würde einen Sitz erhalten, ebenso wie Ecolo.
In Frankreich erhielte der Rassemblement National (ID) laut aktuellem Wahltrend 28 Mandate, Renaissance (Renew Europe) elf, die Sozialistische Partei (S&D) und die Fraktion der Europäischen Volkspartei (EVP) jeweils neun Mandate. In Deutschland würden CDU und CSU 25 Mandate, die AfD 20 und die SPD 15 Mandate erhalten.
Einer Umfrage zufolge könnte es im künftigen EU-Parlament zu neuen Kräfteverhältnissen kommen.