Hamas hat die Chance auf ein souveränes Palästina brutal zerstört
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Jetzt über einen palästinensischen Staat zu diskutieren, käme einer Belohnung der terroristischen Hamas gleich.
Staaten haben Palästina offiziell auf UN-Niveau anerkannt, darunter neun EU-Mitgliedsländer. Luxemburg zählt nicht dazu, obwohl der ehemalige Außenminister Jean Asselborn (LSAP) sich sehr klar zu einer Zwei-Staaten-Lösung bekannt hat. Der neue Außenminister Xavier Bettel sich dazu bisher nicht geäußert – dafür Luc Frieden. Auf dem Pressebriefing am 21. Februar in Schloss Senningen sagte der Premier, Luxemburg unterstütze weiterhin die Zwei-Staaten-Lösung. Aber die Umstände dafür seien derzeit nicht gegeben.
Frieden hat recht. Die Anerkennung von Palästina als souveränen Staat ist seit dem 7. Oktober 2023 in noch weiterer Ferne gerückt als vor dem sadistischen Hamas-Massaker. Und eine diesbezügliche Forderung ist naiv und derzeit unrealistisch.
Israel unter Benjamin Netanjahu war die vergangenen Jahre ohnehin nicht als Unterstützer der UN-Resolution 181 mit dem Teilungsplan von 1948 aufgetreten, der die Bildung zweier Staaten vorsah. Im Gegenteil, unter dem Rechtsaußen-Politiker haben die orthodoxen Siedler Oberwasser bekommen – und seitdem ist die Territorialfrage erst recht umstritten.
Die Problematik eines präzise umschriebenen Territoriums mit verlässlichen Grenzen ist nur einer von vielen komplizierten Aspekten, die vorher verbindlich geklärt werden müssten, bevor Palästina als Staat anerkannt werden kann. (Ein anderer ist, was mit den in ausländischen Flüchtlingscamps lebenden Palästinensern geschieht.)
Bloß: Jetzt ist nicht der Zeitpunkt, solch ein Unterfangen überhaupt anzugehen. Das käme nämlich einer Belohnung der terroristischen Hamas gleich. Die israelische Bevölkerung ist durch die Morde an über 1.200 Israelis schwer traumatisiert und wird ganz sicher keinen Staat in unmittelbarer Nachbarschaft dulden, der sie feindlich angreift.
Für die Hamas war die Grenzfrage nie geklärt. „From the river to the sea“, im Kampfspruch der Organisation schwingt dieser territoriale Absolutheitsanspruch mit, auch wenn sich das die Palästina-Freunde nicht eingestehen wollen und sie die Parole jetzt sogar auf internationalen Filmfestivals salonfähig machen.
Dass in Großbritannien David Cameron und in den USA Außenminister Anthony Blinken neuerdings ankündigen, eine Souveränität der palästinensischen Gebiete beschleunigt prüfen zu wollen, hat wahltaktische Gründe und ist, so betrachtet, moralisch unlauter. Die US-Demokraten stehen unter Druck, auch innerhalb ihrer eigenen Partei. Ein Sieg des amtierenden US-Präsidenten Joe Biden ist keineswegs sicher – umso wichtiger sind Signale an die Basis, darunter die arabische Community in den USA, die klassisch eher demokratisch wählen.
In Großbritannien stehen die unbeliebten Tories ebenfalls vor einem Debakel, wenn im Oktober die Briten voraussichtlich ein neues Unterhaus wählen. Die Insel beherbergt viele arabische und muslimische Gemeinschaften – und die hören so etwas gern.
Aber Israel und die Mehrheit seiner Bevölkerung werden auf lange Sicht keinem palästinensischen Staat in der Westbank zustimmen. Sollte je ein Funke Vertrauen in einen möglichen Frieden und die Staatsfähigkeit der Palästinenser bestanden haben, so wurde dies mit dem Massaker mehr als zerstört. Das werden selbst Sicherheitsgarantien und die Verpflichtung auf palästinensischer Seite, sämtliche Waffen abzugeben und sich komplett zu entmilitarisieren, nicht wieder herstellen.
Die Chance auf ein souveränes Palästina für seine Bewohner hat die Hamas am 7. Oktober zerschlagen – und tut es mit jedem weiteren Tag, an dem sie die Geiseln nicht freigibt.