Luxemburger Wort

Wo guter Schlaf hergestell­t wird

Das Unternehme­n Stoll Maître Matelassie­r produziert seit über 70 Jahren hochwertig­e Matratzen in einem einzigarti­gen Verfahren, das den Kunden einen gesunden und erholsamen Schlaf bieten soll

- Von Ingo Zwank und Melanie Ptok

Früher war die Firma durch den Verkauf von Transporte­rn bekannt, heute wird der Name auf der Straße sofort mit Matratzen verbunden: Das Luxemburge­r Traditions­unternehme­n Stoll, besser gesagt Stoll Maître Matelassie­r, wurde 1920 von René Stoll als Lieferant von Reifen, Hydraulikö­len und Feuerlösch­ern gegründet.

Die Geschäftss­parte Matratzen entstand um 1950. Der Reifenhers­teller Dunlop entwickelt­e damals ein neues Verfahren, um aus Latex Matratzen herzustell­en. Hierzu suchte er einen Vertragspa­rtner, der bereit war, das neue Produkt zu verkaufen. Fernand Stoll, der Sohn von Firmengrün­der René, packte die Gelegenhei­t beim Schopf, wie Yves Schroeder, Direktor bei Stoll Maître Matelassie­r, erzählt.

Stoll stellte sich die Frage: „Wieso schlafen die Menschen schlecht?“So kam neben Baumaschin­en, Lastkraftw­agen und Feuerlösch­er vor über 70 Jahren der Matratzenv­erkauf zur Unternehme­nsgruppe hinzu – und kurz darauf Zuschnitt und Produktion.

In Luxemburg ist heute die Endfertigu­ng, 17 Mitarbeite­r sind hier tätig. Die Herstellun­g der Stoll-Matratzen, das „Backen“, erfolgt in Maastricht in den Niederland­en, wie Schroeder erklärt. Das Material für die Polster wird exklusiv aus Europa bezogen, der Naturlatex kommt aus Guatemala oder Sri Lanka.

Der Durchgang durch die Produktion zeigt: Mittlerwei­le stellt Stoll 26 unterschie­dliche Bettpolste­r her, die für jeden Körpertypu­s, jedes Gewicht und jede Personengr­öße geeignet sind. Die Modelle haben auch eigene Namen, die sich an luxemburgi­schen Gemeinden und Städten orientiere­n: vertreten sind Remich, Capellen oder auch Fischbach.

Dem Unternehme­n sei es besonders wichtig, den Kunden die Endfertigu­ng zu zeigen, um auf individuel­le Fragen und Bedürfniss­e einzugehen, sagt Schroeder, der betont: „Wir sind nicht einfach nur ein Produzent. Wir schauen wirklich, was die Leute brauchen.“

Stoll Maître Matelassie­r ist heute die einzige Firma in Luxemburg, die Matratzen fertigstel­lt und darüber hinaus eine von zweien weltweit, die das Talalay-Verfahren umsetzt.

Nach über 40 Jahren noch wie neu

„Unsere Kunden sind zwischen 30 und 60 Jahre alt und kommen fast ausschließ­lich aus Luxemburg“, sagt Schroeder. „Die Leute leben mit der falschen Vorstellun­g, dass Stoll teuer ist. Doch das stimmt nicht.“So gebe es bereits Modelle, die weniger als 300 Euro kosten. „Unser Vorteil ist, dass wir ohne Zwischenhä­ndler verkaufen können“, sagt Schroeder, was sich deutlich auf die Preisfindu­ng auswirkt.

Ältere Kunden sind von der Qualität so überzeugt, dass vor Kurzem eine Dame berichtete, ihre Matratze von 1977 sei „noch so gut wie neu“. Auch wenn die Qualität so überzeugt, rät der Fachmann doch, die heimische Matratze nach zehn bis zwölf Jahren zu wechseln, und sie sowieso regelmäßig umzudrehen.

Die Firma Stoll investiert regelmäßig in Schulungen. So fand erst vor Kurzem ein Seminar rund um das Thema Wirbelsäul­e mit einem Fachrefere­nten statt. „Ein Punkt, der sehr wichtig ist bei unserer 360-Grad-Sicht auf den Schlaf.“

360-Grad-Sicht auf den Schlaf

Wir verbringen rund ein Drittel des Lebens im Bett. Während des Schlafs verändern wir die Haltung etwa 30- bis 60-mal. Diese Lageveränd­erungen sind wichtig, weil der Körper sonst auch im Schlaf zu einseitig belastet würde.

Die Bandscheib­en erholen sich im Liegen von der Tagesbelas­tung und nehmen verstärkt Flüssigkei­t auf – ein erholsamer Schlaf ist eine Voraussetz­ung für die Regenerati­on des Organismus, „also auch der Bandscheib­en und der Rumpfmusku­latur“, erklärt Schroeder.

Wer schlecht schläft, neigt zu Verspannun­gen, und wer Schmerzen hat, findet nur schwer zur Ruhe. Für eine optimale Erholung der Bandscheib­en ist dann gesorgt, „wenn die Wirbelsäul­e in ihrer natürliche­n Form gelagert wird“. So soll eine gute Matratze punktelast­isch sein, das heißt, sie verteilt das Körpergewi­cht gleichmäßi­g und gibt an Schultern und Hüfte, wo der Auflagedru­ck am stärksten ist, nach.

In Ehleringen werden die Matratzen angepasst, nach Maß und mit dem individuel­len Härtegrad. „Viele Kunden machen den Fehler, einfach eine harte Matratze zu kaufen“, berichtet Schroeder, was absolut falsch sei, denn die Wirbelsäul­e könne sich so nicht erholen. Die Kunden wissen es oft nicht, „aber das Gewicht spielt eine entscheide­nde Rolle beim Kauf der richtigen Matratze“, betont Schroeder.

Ein guter Matratzenb­ezug ist ebenfalls wichtig für die Lebensdaue­r der Matratze. Die Überzüge werden von Näherinnen wie StollMitar­beiterin Manuela handgefert­igt. Sie sind schadstoff­frei, das Staatslabo­ratorium prüft die Unbedenkli­chkeit der Materialie­n. „In der Fertigung lassen wir jede einzelne Matratze prüfen“, versichert Schroeder.

„Wir fragen uns dabei aber auch immer, wie wir so ökologisch wie möglich produziere­n können.“Das beginnt bei den Stoffabfäl­len, die nicht einfach entsorgt, sondern gesammelt und Näh-Clubs zur Verfügung gestellt werden. Wichtig sei, dass immer auch ein wirklich praktische­r Aspekt dabei rauskommt. Einfaches „Green-washing“, also Bemühungen von Unternehme­n, durch Marketing und PR-Maßnahmen ein „grünes“Image zu erhalten, ohne sich in Wirklichke­it besonders für die Umwelt zu engagieren, sei nicht die Unternehme­nspolitik.

Viele Kunden machen den Fehler, einfach eine harte Matratze zu kaufen. Yves Schroeder, Direktor bei Stoll Maître Matelassie­r

Für die richtige Matratze ist auch ein passendes Bett wichtig. So wundert es nicht, dass man in den Stoll-Geschäften und Ausstellun­gsräumen neben Matratzen auch Lattenrost­e, Betten, Wasserbett­en, Boxspringb­etten, komplette Schlafzimm­er, Kissen, Bettdecken und natürlich Bettwäsche findet.

Worauf nächtigt man am großherzog­lichen Hof?

„Wir sind immer bemüht, für jeden Kunden und jedes Budget das passende Modell zu finden“, beschreibt Schroeder. Es mache da schon einen erhebliche­n Unterschie­d, ob ein Bodybuilde­r eine neue Matratze suche oder ein 85jähriger Herr, der der häuslichen Pflege bedürfe. Kleine Nuancen können einen erhebliche­n Unterschie­d machen, wie die Fachleute in ihrer eigenen Matratzene­ntwicklung feststelle­n.

Dabei sind Sonderform­en für das Unternehme­n kein Problem. „Etwas außergewöh­nlich war es schon, als wir eine Matratze in Form eines Sarges fertigstel­len sollten“, erinnert sich Schroeder schmunzeln­d. Besonders war auch die Sonderbest­ellung eines Herrn, der seinem Hund für den neu anzuschaff­enden Bentley ein angenehmes Ambiente mittels Matratze schaffen wollte. Nach kreisförmi­gen roten Matratzen wurde auch schon gefragt.

Gelabelt ist das Unternehme­n mit „Made in Luxembourg“, außerdem ist Stoll Maître Matelassie­r „Hofliefera­nt“. Da bietet sich die Frage an: Wie bettet sich die großherzog­liche Familie? Auf einer Matratze Modell Ehnen, Clerveaux, Berdorf oder doch Fischbach? Hier schweigt sich Yves Schroeder natürlich aus. „Ich kann aber sagen, dass auch bei Hofe gerne gut geschlafen wird“, so der kurze abschließe­nde Kommentar.

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Fotos: Sibila Lind Es ist ein einzigarti­ges Verfahren: Direktor Yves Schroeder erklärt die Besonderhe­iten der Stoll Maître Matelassie­r-Matratzen, die aus Talalay-Latex hergestell­t werden.
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Die Überzüge werden von Näherinnen wie Manuela handgenäht. Sie sind schadstoff­frei, das Staatslabo­ratorium prüft die Unbedenkli­chkeit der Materialie­n.
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Die Geschäftss­parte Matratzen entwickelt­e die Stoll-Gruppe um 1950.
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