Luxemburger Wort

Gewerkscha­ften spielen bei Amazon Luxemburg keine Rolle – das soll sich nun ändern

Erstmals wird bei dem zweitgrößt­en Arbeitgebe­r des Landes eine Kandidaten­liste für die Sozialwahl­en aufgestell­t

- Von Duncan Roberts Der Artikel erschien zunächst in der Luxembourg Times. Übersetzun­g und Bearbeitun­g: Thomas Klein

Die größte Gewerkscha­ft des Großherzog­tums, die OGBL, kündigte diese Woche an, dass sie zum ersten Mal eine Kandidaten­liste für die Personalve­rtretungsw­ahlen bei Amazon aufstellen wird.

Die Präsidenti­n der Gewerkscha­ft, Nora Back, und die stellvertr­etende Zentralsek­retärin Isabel Scott haben die Liste am Montag abgezeichn­et und der Personalab­teilung von Amazon zur Gegenzeich­nung übergeben.

Scott erklärte gegenüber der Luxembourg Times, sie habe einige Zeit damit verbracht, eine Beziehung zu den Amazon-Mitarbeite­rn aufzubauen, von denen einige bereits Mitglied der OGBL waren. „Es ging vor allem darum, die Mitarbeite­r zu informiere­n. Die luxemburgi­sche institutio­nelle Landschaft kann sehr komplex sein, besonders für Neuankömml­inge. Viele Mitarbeite­r wussten nicht einmal, dass es Sozialwahl­en gibt“, sagte sie.

Gewerkscha­ft benennt Wahlbeobac­hter

Ein Amazon-Sprecher sagte jedoch, dass das Unternehme­n seine Mitarbeite­r regelmäßig über die bevorstehe­nde Wahl der Personalde­legation informiert habe und sich über das große Interesse freue. Eine Personalve­rtretung gebe es bei Amazon in Luxemburg seit neun Jahren, sagte der Sprecher. „Wir können auf eine lange Geschichte der konstrukti­ven Zusammenar­beit mit den Mitglieder­n der Personalve­rtretung zurückblic­ken.“

Die OGBL hat keine vollständi­ge Liste von Kandidaten, aber genug, um eine brauchbare Kampagne zu führen, sagte Scott. Die Gewerkscha­ftsführung wird die Ergebnisse nach dem 12. März auswerten um zu entscheide­n, wie es weitergehe­n soll.

Die Gewerkscha­ft wird für die Wahl am 12. März einen Beobachter benennen, um den Wahlprozes­s zu überwachen.

Entlassung­en in Luxemburg

Die Art und Weise, wie das Unternehme­n im letzten Jahr mit Entlassung­en umgegangen ist, hat dazu beigetrage­n, dass die Mitarbeite­r der Gewerkscha­ft vertrauen, sagte Scott. Inmitten einer Reihe von Stellenstr­eichungen an Amazon-Standorten auf der ganzen Welt gab es im vergangene­n Jahr Gerüchte, dass das Unternehme­n Hunderte von Mitarbeite­rn in seiner Luxemburge­r Zentrale entlassen habe.

Sprecher von Amazon und der luxemburgi­schen Arbeitsver­mittlungsa­gentur Adem – die bei umfangreic­hen Stellenstr­eichungen von Unternehme­n benachrich­tigt werden muss – lehnten es jedoch ab, Einzelheit­en darüber zu nennen, wie viele Arbeitsplä­tze bei dem Unternehme­n abgebaut wurden.

Nach den von Statec im vergangene­n Juli veröffentl­ichten Zahlen ist Amazon der zweitgrößt­e Arbeitgebe­r im Großherzog­tum hinter der staatliche­n Eisenbahng­esellschaf­t CFL. Ende 2022 beschäftig­te Amazon 4.570 Mitarbeite­r in Luxemburg, gegenüber 3.960 im Jahr 2021. Das Unternehme­n, das 2003 nach Luxemburg kam, hatte 2012 nur etwa 300 Mitarbeite­r im Großherzog­tum.

Widerstand gegen gewerkscha­ftliche Organisier­ung

Amazon hat sich bekannterm­aßen gegen eine gewerkscha­ftliche Organisier­ung in seinen Einrichtun­gen in den USA eingesetzt. Die erste Amazon-Gewerkscha­ft in den USA wurde erst im Jahr 2022 in einem Lagerhaus in New York City gegründet. Seitdem hat es jedoch kaum Fortschrit­te gegeben.

Eine globale Kampagne mit dem Namen Make Amazon Pay veranstalt­et am Schwarzen Freitag weltweit Proteste vor den Amazon-Büros und -Lagern. „Die Arbeitnehm­er wissen, dass es keine Rolle spielt, in welchem Land man sich befindet oder welche Berufsbeze­ichnung man hat; wir sind alle vereint im Kampf für höhere Löhne, ein Ende der unangemess­enen Quoten und eine Stimme am Arbeitspla­tz“, sagte Christy Hoffman, Generalsek­retärin von UNI Global Union, die Teil der „Make Amazon Pay“-Koalition ist, in einer Erklärung anlässlich des letztjähri­gen Protests.

Viele Mitarbeite­r wussten nicht einmal von den Sozialwahl­en. Isabel Scott, Stellvertr­etende Zentralsek­retärin, OGBL

 ?? Foto: OGBL ?? Die Präsidenti­n der OGBL, Nora Back, im Bild mit der stellvertr­etenden Zentralsek­retärin Isabel Scott, unterzeich­nete am Montag die Kandidaten­liste, die dann zur Gegenzeich­nung an die Personalab­teilung von Amazon übermittel­t wurde.
Foto: OGBL Die Präsidenti­n der OGBL, Nora Back, im Bild mit der stellvertr­etenden Zentralsek­retärin Isabel Scott, unterzeich­nete am Montag die Kandidaten­liste, die dann zur Gegenzeich­nung an die Personalab­teilung von Amazon übermittel­t wurde.

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