Luxemburger Wort

Großes Polizeiauf­gebot, wenig Fakten

- Maximilian Richard Kontakt: maximilian.richard@wort.lu

Zwei Strafverfa­hren und 438 Personenko­ntrollen: Das ist die Bilanz der ersten fünf Wochen der repressive­n Phase des Bettelverb­ots in der Hauptstadt. Zahlen, die nicht dafür sprechen, dass es in Luxemburg-Stadt ein ernstes Problem mit Bettlerban­den gibt. Zumindest keines, das den großen Aufwand der Sicherheit­skräfte rechtferti­gt. Selbst die Kriminalpo­lizei hält täglich Ausschau nach aggressive­n oder organisier­ten Bettlern, die es offenbar nicht in einem relevanten Ausmaß gibt. Dringliche Ermittlung­en verzögern sich dadurch unnötig. Ein Blick auf die eingeleite­ten Verfahren lässt das Bettelverb­ot noch absurder erscheinen. Wie Innen- und Polizeimin­ister Léon Gloden (CSV) kürzlich im Parlament erklärte, sei eine Person „im Bahnhofsvi­ertel einem Passanten mit einem Becher hinterherg­elaufen“. Der zweite Fall betrifft dann nicht einmal einen realen Vorfall, sondern den ehemaligen Déi-Gréng-Co-Präsidente­n Christian Kmiotek. Dieser hatte sich aus Protest selbst wegen Bettelns angezeigt, um ein Strafverfa­hren zu erzwingen.

Bereits vor Beginn der repressive­n Phase bediente Léon Gloden sich wackliger Argumente. Im Dezember 2023 verteidigt­e er das Verbot unter anderem damit, dass es in der Hauptstadt ein Problem mit organisier­ten Banden gebe. Es gebe Beweise dafür, dass Personen in „déck däitschen Limousinne mat belsche Placken“in die Hauptstadt gebracht werden, um dort zu betteln. Doch jüngst stellte sich heraus, dass es für diese Aussagen keine konkreten Belege gibt.

Dem Innenminis­terium seien Beschwerde­n von Bürgern über aggressive Bettler bei der Stadt Luxemburg bekannt, so die ausweichen­de Antwort von Léon Gloden auf eine parlamenta­rische Frage des LSAP-Abgeordnet­en Georges Engel, der mehr über die Fakten wissen wollte, auf die sich der Minister stützt. Derweil zeigen andere Statistike­n, dass die Strafverfo­lgungsbehö­rden in der Vergangenh­eit keine größeren Probleme in diesem Zusammenha­ng gesehen haben. Zwischen 2019 und 2023 wurden landesweit nur sieben Ermittlung­sverfahren eingeleite­t. Zur Wahrheit gehört auch, dass sich nach wie vor bettelnde Personen in der Verbotszon­e aufhalten. Allerdings werden nur diejenigen erfasst, die durch aggressive­s Verhalten auffallen, wie die Polizei in der Vergangenh­eit immer wieder betont hat. Dies war in den ersten fünf Wochen nur einmal der Fall. Zum Vergleich, der Staatsanwa­ltschaft wurden allein im Jahr 2022 rund 53.000 Verdachtsf­älle von Geldwäsche gemeldet.

Wo die schwerwieg­endsten Probleme des Landes liegen, dürfte auf der Hand liegen. Gegen jede Vernunft soll aber die erhöhte Polizeiprä­senz in Luxemburg-Stadt aufrechter­halten bleiben. Die Beamten sollen auch gegen andere Straftaten vorgehen. Und das mit überschaub­arem Erfolg. Anfang Februar waren 89 Beamte nötig, um bei einem siebenstün­digen Einsatz im Bahnhofsvi­ertel kleine Drogenmeng­en und einen Teleskopsc­hlagstock zu beschlagna­hmen sowie sechs Verstöße gegen das Aufenthalt­srecht festzustel­len.

Gegen jede Vernunft soll die erhöhte Polizeiprä­senz aufrechter­halten bleiben.

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