Großes Polizeiaufgebot, wenig Fakten
Zwei Strafverfahren und 438 Personenkontrollen: Das ist die Bilanz der ersten fünf Wochen der repressiven Phase des Bettelverbots in der Hauptstadt. Zahlen, die nicht dafür sprechen, dass es in Luxemburg-Stadt ein ernstes Problem mit Bettlerbanden gibt. Zumindest keines, das den großen Aufwand der Sicherheitskräfte rechtfertigt. Selbst die Kriminalpolizei hält täglich Ausschau nach aggressiven oder organisierten Bettlern, die es offenbar nicht in einem relevanten Ausmaß gibt. Dringliche Ermittlungen verzögern sich dadurch unnötig. Ein Blick auf die eingeleiteten Verfahren lässt das Bettelverbot noch absurder erscheinen. Wie Innen- und Polizeiminister Léon Gloden (CSV) kürzlich im Parlament erklärte, sei eine Person „im Bahnhofsviertel einem Passanten mit einem Becher hinterhergelaufen“. Der zweite Fall betrifft dann nicht einmal einen realen Vorfall, sondern den ehemaligen Déi-Gréng-Co-Präsidenten Christian Kmiotek. Dieser hatte sich aus Protest selbst wegen Bettelns angezeigt, um ein Strafverfahren zu erzwingen.
Bereits vor Beginn der repressiven Phase bediente Léon Gloden sich wackliger Argumente. Im Dezember 2023 verteidigte er das Verbot unter anderem damit, dass es in der Hauptstadt ein Problem mit organisierten Banden gebe. Es gebe Beweise dafür, dass Personen in „déck däitschen Limousinne mat belsche Placken“in die Hauptstadt gebracht werden, um dort zu betteln. Doch jüngst stellte sich heraus, dass es für diese Aussagen keine konkreten Belege gibt.
Dem Innenministerium seien Beschwerden von Bürgern über aggressive Bettler bei der Stadt Luxemburg bekannt, so die ausweichende Antwort von Léon Gloden auf eine parlamentarische Frage des LSAP-Abgeordneten Georges Engel, der mehr über die Fakten wissen wollte, auf die sich der Minister stützt. Derweil zeigen andere Statistiken, dass die Strafverfolgungsbehörden in der Vergangenheit keine größeren Probleme in diesem Zusammenhang gesehen haben. Zwischen 2019 und 2023 wurden landesweit nur sieben Ermittlungsverfahren eingeleitet. Zur Wahrheit gehört auch, dass sich nach wie vor bettelnde Personen in der Verbotszone aufhalten. Allerdings werden nur diejenigen erfasst, die durch aggressives Verhalten auffallen, wie die Polizei in der Vergangenheit immer wieder betont hat. Dies war in den ersten fünf Wochen nur einmal der Fall. Zum Vergleich, der Staatsanwaltschaft wurden allein im Jahr 2022 rund 53.000 Verdachtsfälle von Geldwäsche gemeldet.
Wo die schwerwiegendsten Probleme des Landes liegen, dürfte auf der Hand liegen. Gegen jede Vernunft soll aber die erhöhte Polizeipräsenz in Luxemburg-Stadt aufrechterhalten bleiben. Die Beamten sollen auch gegen andere Straftaten vorgehen. Und das mit überschaubarem Erfolg. Anfang Februar waren 89 Beamte nötig, um bei einem siebenstündigen Einsatz im Bahnhofsviertel kleine Drogenmengen und einen Teleskopschlagstock zu beschlagnahmen sowie sechs Verstöße gegen das Aufenthaltsrecht festzustellen.
Gegen jede Vernunft soll die erhöhte Polizeipräsenz aufrechterhalten bleiben.