Frank Engel: Regierung setzt auf „Effekthascherei“
Das Bettelverbot hält der Fokus-Politiker für rechtsstaatlich bedenklich, die Steuer-Anreize im Wohnungsbau würden den Falschen helfen
Der erste öffentliche Auftritt von Monica Semedo für Fokus, die für die Partei bei den Europawahlen antreten wird, lässt auf sich warten. Am Samstagmorgen in der Galerie Subtile in Luxemburg-Stadt, in die Fokus Medienvertreter geladen hatte, um zu 100 Tagen Regierung Stellung zu beziehen, und Fragen zu Semedos Kandidatur zu beantworten, war die Europaabgeordnete jedenfalls nicht anwesend.
Kritische Fragen zu ihrem ersten Interview als Fokus-Kandidatin (das „Wort“berichtete), konnten die anwesenden Journalisten also nicht an sie richten. Semedo hatte im Radio 100,7 Vorwürfe zurückgewiesen, die Ex-Mitarbeiterinnen gegen sie erhoben hatten, und für die sie zweimal vom Europaparlament bestraft wurde.
Man werde in den kommenden zehn Tagen mehr zu den Hintergründen der Anschuldigungen sagen, versprach Frank Engel, politischer Berater von Fokus, dies „im Respekt der Privatsphäre“jener, die gegen Monica Semedo ausgesagt hatten. Außerdem will die Parteiführung zu gegebener Zeit ein Erklärvideo veröffentlichen, in der die Kandidatin sich selbst äußern werde.
Fokus und Semedo machen es weiterhin spannend – bei einem Video dürfte es erneut schwer sein, direkt nachzuhaken. So viel scheint klar: Die Parteileitung und das Nationalkomitee stehen hinter ihrer umstrittenen Kandidatin, auch wenn ihre Ernennung ihnen teils heftige Kritik einbringt. Engel will persönlich „Seite für Seite“der Semedo-Akte bei ihrem Anwalt in Belgien eingesehen haben. Monica Semedo hat infolge der Sanktionen gegen das Europaparlament geklagt.
Fokus: Regierung setzt auf Aktionismus und „Effekthascherei“
Was Engel da gelesen hat, darunter mehrere Seiten WhatsApp-Nachrichten zwischen Semedo und Büromitgliedern, hat ihn offenbar davon überzeugt, dass Semedo einen Platz auf der Fokus-Europaliste verdient. Frank Engel sprach von einem „Vertrauensbruch“zwischen Semedo und ehemaligen Mitarbeitern – und er gibt sich weiterhin überzeugt, dass die gegen sie erhobenen Anschuldigungen arbeitsrechtlich nicht haltbar seien.
Ansonsten bilanzierte der ehemalige Fokus-Spitzenkandidat ausführlich die ersten 100 Tage der Regierung – die „keine guten 100 Tage waren“. So steht es in der kleinen 30-seitigen Broschüre, die die Partei aushändigte. Das Bettelverbot sei „Effekthascherei“gewesen, um zu zeigen, dass CSV und DP zupackten – jedoch aus rechtsstaatlicher Sicht bedenklich.
Luc Friedens angebliche Aussage, Ungarns Ministerpräsident Viktor Orbán zunächst anhören zu wollen, um ihn besser zu verstehen, kritisierte Engel scharf. „Last time I checked war Luc Frieden in der CSV“, so Engel, der darauf verwies, dass die CSV sich seit 2012 von Orbán distanziere.
Was Engel nicht sagte: Dass der Premier sich von jenem „Politico“Artikel distanziert hatte; er sei falsch zitiert worden, so Frieden. Auch die steuerpolitischen Maßnahmen von Schwarz-Blau fanden bei Engel keinen Zuspruch. Diese führten eher dazu, dass die „Dicken Steuern sparen“, eine echte Entspannung auf dem Wohnungsbaumarkt brächten die Maßnahmen nicht, so seine Überzeugung.
Fokus will Erklärvideo von und mit Monica Semedo veröffentlichen
Fokus plädiert für „eine großangelegte Bauoffensive auf Basis von Erbpachtverträgen“. Statt auf Mehrwertsteuer und Lohnsteuer auf der Einnahmenseite zu setzen, täte die Regierung außerdem besser daran, sich dafür einzusetzen, europaweit eine Finanztransaktionssteuer einzuführen. Den geplanten „Landwirschaftsdësch“begrüßte Engel indes als „eine gute Initiative“.
Parteiparteipräsident Marc Ruppert verkündete die gute Nachricht, dass Mitgliederzahlen (aktuell 239 Mitglieder, vor den Wahlen 241) und Finanzen trotz parteiinterner Turbulenzen stabil seien. 60.000 Euro Schulden seien zurückbezahlt worden, 50.000 davon an die Schwester des ehemaligen FokusMitglieds Jacques Linster. ExSchatzmeister Linster, der seinerseits der Partei Geld geliehen hatte, erhalte monatlich einen festen Betrag zurück.