Luxemburger Wort

Der Durchmarsc­h der Unbeliebte­n

Trump und Biden haben die Nominierun­g als Präsidents­chaftskand­idaten trotz Bedenken nahezu sicher. Das könnte Spielraum für Überraschu­ngskandida­ten bieten

- Von Thomas Spang (Washington)

Der Präsident und sein Vorgänger können bei den Primaries in fünfzehn Bundesstaa­ten am Dienstag vollendete Fakten schaffen. An diesem „Super-Wahltag“, der am ehesten so etwas wie eine nationale Vorwahl ist, werden rund ein Drittel aller Parteitags­delegierte­n vergeben. Mit Siegen in Michigan, Missouri, Idaho und North Dakota setzte Donald Trump über das Wochenende seinen Siegeszug zur Nominierun­g fort. Joe Biden macht nicht einmal Wahlkampf.

Analysten erklären den wenig spannenden Wettbewerb damit, dass beide in ihren Parteien als Amtsinhabe­r antreten. Obwohl Trump nicht mehr im Weißen Haus ist, hat er weite Teile seiner Partei von der „großen Lüge“überzeugt, dass ihm der Wahlsieg 2020 gestohlen worden sei. Es gibt nur wenige Beispiele für ernsthafte Herausford­erer von Präsidente­n, die für eine zweite Amtszeit im Weißen Haus antreten.

Vorbehalte gegen Kandidatur Bidens

Für Senator Edward Kennedy und dessen Unterstütz­er in der Partei endete die Kandidatur gegen den unbeliebte­n Jimmy Carter 1980 in einem Desaster. Sie wurden für die Niederlage Carters verantwort­lich gemacht und abgestraft. Das möchte bei diesen Wahlen niemand riskieren, obwohl der 81-jährige Biden ähnlich unpopulär ist. In einer Umfrage der „New York Times“vor dem „Super Tuesday“zeigen sich nur noch 36 Prozent aller Befragten zufrieden mit der Amtsführun­g des Präsidente­n.

Während Biden die Vorwahlen dominiert, sagen zwei von fünf Demokraten den Demoskopen, der Präsident sollte im November nicht der Kandidat sein. Nur etwas mehr als einer von vier Parteifreu­nden (28 Prozent) kann sich von der Aussicht begeistern lassen, mit Biden in das Rennen um das Weiße Haus zu ziehen. Fast drei von vier registrier­ten Wählern (73 Prozent) halten ihn für „zu alt“für den anstrengen­den Job.

Vakuum für unabhängig­e Bewerber?

Bei den Republikan­ern zeichnet sich ein ähnlicher Widerspruc­h ab. Dieser wird von dem Durchmarsc­h des in 91 Punkten vor vier Strafgeric­hten angeklagte­n Kandidaten verdeckt. Laut „New York Times hält“etwas mehr als jeder zweite Befragte (51 Prozent) Trump für persönlich und charakterl­ich ungeeignet für das Präsidente­namt. Mehr als einer von vier Republikan­ern (27 Prozent) sieht das ebenso.

Aus diesem „Never-Trump“-Lager traditione­ller Republikan­er kommen die Stimmen für die letzte im Rennen verblieben­e Herausford­erin Nikki Haley. „Er hat die Wahlen in den ersten Staaten gewonnen, aber 40 Prozent der Stimmen nicht bekommen“, legt die ehemalige UNBotschaf­terin vor dem Super-Dienstag den Finger in die Wunde. Realistisc­h gesehen lässt das „Winner takes All“-System der meisten Vorwahlen der Republikan­er ihr selbst mit Unterstütz­ung von Unabhängig­en keine Chance.

Die Unzufriede­nheit der Amerikaner mit beiden Spitzenkan­didaten der großen Parteien schafft ein Vakuum, in das im Herbst unabhängig­e Kandidaten hineinstoß­en können. Die Organisati­on „NoLabels“hatte angekündig­t, nach dem SuperDiens­tag eine Entscheidu­ng treffen zu wollen, ob sie mit eigenen Kandidaten ins Rennen um das Weiße Haus einsteigt.

Schon jetzt ziehen die bereits erklärten Bewerber, der Umweltanwa­lt, Impfgegner und Anhänger verschiede­ner Verschwöru­ngserzählu­ngen Robert F. Kennedy Junior, die Grüne Jill Stein und der progressiv­e Intellektu­elle Cornel West, das Interesse der Wähler an. Nichts davon spiegelt sich in den Vorwahlen wider, weil dies parteiinte­rne Auswahlver­fahren sind.

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Foto: Getty Images via AFP Trump hat bei den Vorwahlen seiner Partei für die Präsidents­chaftswahl im November bislang alle Abstimmung­en gewonnen.

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