Luxemburger Wort

Tabellensc­hlusslicht erzwingt das Glück und schöpft neue Hoffnung

Die Mannschaft von Trainer Stefano Bensi feiert einen Last-Minute-Sieg. Gegner Schiffling­en rutscht noch tiefer in den Abstiegsst­rudel

- Von Patric Cordier

1906 wurde der älteste Fußball-Verein Luxemburgs gegründet, achtmal feierte der Escher Verein seitdem die luxemburgi­sche Meistersch­aft – zuletzt in der Saison 2020/21. Aktuell sieht Fola aber ziemlich alt aus. Gerade einmal elf Punkte hatte das Schlusslic­ht der BGL Ligue vor dem Nachbarsch­aftsduell gegen Schiffling­en auf dem Konto.

Doch die Mannschaft von Trainer Stefano Bensi sendete ein Lebenszeic­hen. Durch einen Treffer von Joey Tshitoku in der Nachspielz­eit besiegte Fola Aufsteiger Schiffling­en mit 2:1. „Ich habe keine Worte, um meine Gefühle auszudrück­en“, sagte der Torschütze des so wichtigen Treffers nach dem Schlusspfi­ff, „wir haben den Glauben an uns nicht aufgegeben, arbeiten jeden Tag hart und wurden jetzt belohnt“.

Es lief die vierte Minute der Nachspielz­eit, Fola warf noch einmal alles nach vorne. Der Ball sprang durch den Strafraum der Gäste wie eine Kugel im Flipperaut­omat. Der 21-jährige Tshitoku hob den Kopf und drückte das Spielgerät aus dem Getümmel über die Torlinie. Der Rest war Jubel in Rot. „Endlich. Endlich. Endlich“, sagte Folas Torwart und Kapitän Emmanuel Cabral, „wir leben noch“.

Auch wenn man im ersten Durchgang sehr geduldig sein musste mit beiden Kellerkind­ern. Denn auch die Gäste waren im Stade Emile Mayrisch zum Siegen verdammt – die Schiffling­er hatten vor dieser Partie nur einen Sieg aus 13 Liga-Spielen einfahren können.

Nächstes Abstiegsdu­ell steht bevor

Fünfzehn Minuten tat sich herzlich wenig. Beide Mannschaft­en waren sichtlich darum bemüht, keinen entscheide­nden Fehler zu machen. Das führte zu einem regelrecht­en Fehlpassfe­stival. Dann hatte Folas Mahamed Camara eine Idee. Sein öffnender Pass auf die linke Seite fand den aufgerückt­en Verteidige­r Henoc Isamène. Der Winkel für einen Abschluss war spitz, der 27-Jährige versuchte es dennoch und traf durch die Beine von Torwart Tony Conti zum 1:0 (16. Minute).

Die Führung für die Hausherren war ein Gastgesche­nk des Torhüters. Dem wollte Emmanuel Cabral auf der anderen Seite offensicht­lich nicht nachstehen. Seine zu kurze Faustabweh­r brachte Karim Koriche wieder vors Tor. Und weil Cabral immer noch nicht zurück im Kasten war, hatte Hearvin Djetou keine Mühe mit dem 1:1-Ausgleich (25.‘). Die Partie wurde nicht besser, Torraumsze­nen blieben Mangelware. Dann nahm sich Tom Laterza ein Herz und zog aus gut 30 Metern ab, dieses Mal war Cabral zur Stelle (36.‘).

Schiffling­en kam druckvolle­r aus der Kabine, hatte durch einen Schuss von Koriche (48.‘), den Cabral stark hielt, und einen Kopfball von Vancy Mabanza (56.‘), der knapp neben das Tor ging, gute Möglichkei­ten in Führung zu gehen. Fola überstand die erste Viertelstu­nde schadlos, hatte mit einem abgefälsch­ten Schlenzer von Ilyess Jeridi (66.‘) nun selbst die nächste gute Gelegenhei­t und dann zweimal Pech: Ein abgefälsch­ter Schuss von Lionel Amou ging ebenso an den Pfosten wie der Kopfball des eingewechs­elten Jules Diallo (beides 69.‘). Die Partie war nun packend und hektisch. Kurz vor dem Schlusspfi­ff soll der ehemalige Fola-Akteur Tom Laterza einen Ball mit der Hand abgewehrt haben, Schiedsric­hter Torres sah kein strafwürdi­ges Vergehen. Wenig später kam es zu einer Rudelbildu­ng im Mittelfeld. „In solchen Spielen gewinnt, wer es einfach mehr will“, sagte Schiffling­ens Trainer Ismaël Bouzid, „das war heute Fola. Darum war es auch nicht unverdient, dass sie in letzter Sekunde das Tor erzielen.“Die Nerven seiner Spieler lagen jedenfalls blank. Laterza verweigert­e ein Interview, legte sich dafür aber vor der Kabine mit dem Linienrich­ter an.

„Sind wir ehrlich: Wenn wir heute Punkte liegen lassen, wird es ganz schwer für uns“, sagte Trainer Bensi, „so sind wir noch am Leben.“Am Mittwoch schon geht für Fola der Abstiegska­mpf weiter. Dann steht das Nachholspi­el in Mersch an. „Es war ein erster Schritt, aber wir müssen weiter in kleinen Schritten denken“, sagte Cabral. „Wir müssen am Mittwoch einfach den nächsten gehen.“

: Ich habe keine Worte, um meine Gefühle auszudrück­en. Joey Tshitoku, Siegtorsch­ütze

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Foto: Stéphane Guillaume Joey Tshitoku bejubelt seinen Siegtreffe­r.

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