Enes Agovic düpiert serienweise die Torhüter der Red Boys
Nach dramatischer Schlussphase dreht Esch ein bereits verloren geglaubtes Spiel. Der Serienmeister zieht an Käerjeng vorbei auf Rang vier
Als Eschs Kreisläufer Moritz Barkow mit dem letzten Konter sieben Sekunden vor Schluss sein Team ins Glück schoss, kochte die gut besuchte Lallinger Sporthalle. Es war die Krönung einer unglaublichen Willensleistung, als der Außenseiter aus Esch den – wieder einmal – haushohen Favoriten aus Differdingen ohne Punkte die kurze Heimreise antreten ließ.
Zur Erinnerung: Im Hinspiel am 21. Oktober vergangenen Jahres unterlag Esch dem Pokalsieger noch mit 21:27, im zweiten Aufeinandertreffen vor genau einem Monat zum Abschluss der Normalrunde düpierte der Titelverteidiger die Red Boys erstmals und gewann in einer umkämpften Schlussphase mit 30:28. Wie sich die Dinge wiederholen: Auch am 3. Februar dieses Jahres machte Barkow nach dem 29:28-Anschlusstreffer von Igor Anic mit der Schlusssirene den Deckel drauf.
Einer, der eine wahre Wiederauferstehung feierte, war Enes Agovic. Beim Spiel in Niederkorn war der 32-Jährige noch der Pechvogel, als er gleich vier Siebenmeter vergab. Diesmal passte alles: Seine Trefferquote vom Punkt lag bei 100 Prozent, acht Versuche, acht Treffer. „Diesmal hatte ich das Glück auf meiner Seite, denn zwei, drei Mal waren die Torhüter in der richtigen Ecke. Meine Nervenstärke kommt mit der Erfahrung. Und die habe ich mit 32 Jahren reichlich. Ich bin froh, dass ich einen kühlen Kopf bewahrt habe“, erklärte Agovic.
Kurioser Spielverlauf in Halbzeit eins
Dabei standen die Vorzeichen für das Team von Coach Adrian Stot alles andere als gut. Torhüter Hugo Figueira und Ognjen Jokic fehlten verletzungsbedingt, Luca Tomassini war nach einer Erkältung nicht im Vollbesitz seiner Kräfte. „Auch wenn wir wussten, dass Ognjen uns heute nicht mit seinen Toren helfen konnte, hatten wir uns vorgenommen, unser bestes Spiel zu machen. Einer hat für den anderen gekämpft. Es war eine Mannschaftsleistung nach einer schwierigen Woche für uns. Wir wollten im Kollektiv zeigen, dass wir auch gegen große Mannschaften gewinnen können“, sprach der Linksaußen von einer Willens- und Energieleistung.
Dabei sah es in der ersten Halbzeit gar nicht danach aus. Die Red Boys führten immer wieder mit zwei Toren, mussten nur einmal den Ausgleich hinnehmen, als Agovic mit seinem einzigen Feldtor zum 8:8 traf. Kurios, aber auch logisch, dass Esch in der ersten Halbzeit nur dreimal aus dem Spiel heraus traf. „Natürlich haben die Red Boys auch sehr gut und hart verteidigt. Durch viele Anspiele an den Kreis im Eins gegen Eins haben wir viele Siebenmeter heraus gespielt. In der zweiten Halbzeit hat es dann auch aus dem Spiel heraus besser funktioniert“, so der 32-Jährige.
Zudem gab es mit Tom Krier und Tun Biel auf der gemeinsamen Rechtsaußen-Position
eine interessante Variante, die allerdings wirkungslos blieb. Die Gründe für den eher harmlosen Auftritt der Escher im ersten Durchgang lagen auf der Hand: Zu wenige oder ungenaue Anspiele, zu wenig Tempo, um die gut gestaffelte Abwehr der Red Boys auszuhebeln und zu wenig Torgefahr aus dem Rückraum. Zudem leistete sich der neue Tabellenvierte zu viele einfache Ballverluste. Die Partie schien beim 8:12 zur Pause schon fast gelaufen.
„Danach sind wir explodiert, haben nie aufgegeben und immer an unsere Chance geglaubt. Als wir dann in der 56.‘ durch Yann Hippert zum zweiten Mal ausgleichen konnten, haben wir unsere Chance genutzt“, blickte Agovic auf die Partie zurück. Der Fünf-Tore-Vorsprung der Red Boys zu Beginn der zweiten Halbzeit schmolz zusehends.
Zwar legten Elledo Semedo und Brice Aillaud noch einen Doppelpack für die Gäste nach, doch die Treffer von Agovic, Lou Fancelli und Barkow besiegelten die Niederlage der Differdinger. Mit nun acht Punkten Rückstand auf Berchem, das Käerjeng mit 36:31 besiegte, sind die Red Boys meilenweit vom Titel entfernt.„Wir wollen immer gewinnen und unser Bestes geben. Dafür spielen wir Handball. Unser Hauptziel ist es jetzt, den Pokal wieder nach Hause zu holen“, blickte Siebenmeter-Experte Agovic bereits voraus. Er selbst werde „auf jeden Fall noch ein Jahr dranhängen. Dann schauen wir von Jahr zu Jahr, ich habe keinen Druck.“