Luxemburger Wort

Schiff Ahoi in Monnerich

Im örtlichen Kulturzent­rum liefen am Wochenende rund 100 Schiffe ein – ganz ohne Weltmeer und zum Betrachten aus nächster Nähe

- Von André Feller

Das Einlaufen von Schiffen in einen Hafen zog Menschen schon immer in seinen Bann. Der Klang der Schiffshör­ner, der Anblick riesiger Frachter und das mühelose Gleiten durch das Wasser fasziniere­n immer wieder Schaulusti­ge. Die Ankunft von Schiffen kann den Beginn neuer Beziehunge­n signalisie­ren, neue Waren und Ideen aus fernen Ländern bringen sowie Möglichkei­ten zum kulturelle­n Austausch bieten.

Wer am Wochenende das Kulturzent­rum Arthur Thinnes betrat, tauchte innerhalb weniger Sekunden in die Welt der Modellbaue­r ein. Während echte Seeleute ihre Sehnsucht in der Ferne finden, erfahren die rund 100 Mitglieder vom „Scheffsmod­ellbau Monnerech asbl“ihr Glück im eigenen Keller oder in der vereinseig­enen Werkstatt. Manche von Ihnen verbringen hunderte, gar tausende Stunden mit dem

Bau von Schiffsmod­ellen. Die Enthusiast­en unter ihnen setzen auf Detailgena­uigkeit. Selbst bei kommerziel­len Bausätzen muss man unzählige Stunden in den Aufbau der Schiffe investiere­n, erzählt Sekretär René Karels.

Über Hinderniss­e zum Verein

Der pensionier­te Banker wagte sich vor 40 Jahren an den Bau der Titanic. Als er auf einige technische Hinderniss­e stieß, habe er beim Verein der Schiffsmod­ellbauer in Monnerich Hilfestell­ung gefunden. Das Projekt, Marke Eigenbau, befindet sich immer noch in Arbeit. In der Zwischenze­it erwarb Karels einen fünfteilig­en Bausatz der Titanic. „Bei 2.000 Stunden Arbeit habe ich aufgehört zu zählen“, schmunzelt er. Jedes funktionie­rende Einzelteil des über zwei Meter langen Modells, beispielsw­eise ein Kran oder ein Rettungsbo­ot besteht wiederum aus 10 bis 15 Einzelteil­en. Diese sind wenige Millimeter groß. Die gesamte Arbeit des Zusammenba­us dokumentie­rte er in einem Fotobuch. Um die geraden Holzteile aus dem Bausatz in die passende Form zu biegen, werden diese für kurze Zeit in Wasser eingeweich­t und mit Spezialwer­kzeug gebogen, erläutert der Modellbaue­r.

Nach Fertigstel­lung des Schiffsrum­pfs muss dieser mit einer Spachtelma­sse verarbeite­t werden. In weiteren Schritten werde die Spachtelma­sse geschliffe­n und später in einem aufwendige­n Verfahren lackiert. Erst dann sei das Modellschi­ff auch wassertaug­lich, so der Vereinssek­retär.

African Queen zu Besuch

Viele Modellbaue­r haben umfangreic­hes Wissen in Elektrotec­hnik, Mechanik oder Antriebste­chnik, wie beispielsw­eise Antoine Stephany. Der gelernte Autoelektr­iker widmet sich mit Vorliebe dem Bau von Motoren. Für den Schiffsmod­ellbau setzt er auf die Marke Eigenbau, wie er es bei der African Queen tat. Inspiriert hat sich Stephany am gleichnami­gen Film aus dem Jahre 1951 mit Humphrey Bogart und Katharine Hepburn.

„Ich habe den Film an den entspreche­nden Stellen selbst geschnitte­n und daraus Fotos reproduzie­rt“, erzählt der enthusiast­ische Modellbaue­r. Anhand der Fotos und Grundrisse habe er das Boot mit Abachi-Holz nachgebaut; alles von Hand gefertigt. So sei es ihm gelungen, alle Details, wie sie im Film zu sehen waren, zu reproduzie­ren. Auch der Antrieb ähnelt dem Original, mit einem Unterschie­d. Stephanys Boot wird mit einem Gasbrenner angetriebe­n und nicht wie im Film mit Diesel. Äußerlich wirkt das Boot „gealtert“, so wie halt das Original im Film, erklärt der Kfz-Elektriker. Das habe auch einen Vorteil. Die Patina bei Fahrten im Teich brauche ich nicht abzuwasche­n, lacht Stephany. Solche Details würden zur Geschichte des jeweiligen Modells gehören.

Der dänische Modellbaue­r Jens Hasse könne beim Schiffsbau entspannen und dennoch die Konzentrat­ion als auch die Fingerfert­igkeit fördern, wie er uns erzählt. Bevor er sich für den Bau eines Schiffs entscheide, studiere er deren Geschichte, erzählt der Mann. In Monnerich präsentier­te er gleich mehrere Modelle, darunter der Zweischrau­ben-Bergungssc­hlepper Yorkshirem­an und ihr Schwesters­chiff Irishman. Beide wurden im Original 1978 in der Cochrane Schiffswer­ft in Hessle, Humberside, für die United Towing Ltd. entworfen und gebaut. Die damaligen größten Schlepper Großbritan­niens seien vorwiegend während dem Falklandkr­ieg zum Einsatz gekommen, erzählt Hasse.

Mit dem Modell der Andrea Gail erinnert der dänische Modellbaue­r an das dramatisch­e Unglück des Fischereis­chiffs. Es lief am 21. September 1991 von Gloucester in Massachuse­tts aus. Am 28. Oktober 1991 geriet sie in ein schweres Unwetter. Etwa 330 Kilometer nordöstlic­h von Sable Island kenterte das Schiff in 18 Meter hohen Wellen. Die sechsköpfi­ge Mannschaft ertrank, wie man vom Modellbaue­r erfährt. Der Bau dieser Schiffe, bestehend aus Bausätzen, ist aufgrund der

Bei 2.000 Stunden Arbeit habe ich aufgehört zu zählen. René Karels, Scheffsmod­ellbau Monnerech asbl

geringeren Dimensione­n weniger komplizier­t als jener der Titanic. Allerdings vergeht auch bei diesen Modellen vom Anfang bis zum letzten Endschliff rund ein Jahr, so Jens.

Jeder Modellbaue­r hat seine eigenen Vorstellun­gen und unterschie­dliche handwerkli­chen Kenntnisse, erzählt Vizepräsid­ent und Vereinsgrü­nder Pol Goedert. Er habe den Verein 1981 gegründet. Dort treffe man sich regelmäßig in der Werkstatt, um gemeinsam an Modellen zu bauen. Ausgestatt­et sei diese mit Drehbänken, Fräsen, Sägen und vielen weiteren Maschinen, die im Modellbau benötigt werden. Darüber hinaus können die Vereinsmit­glieder ihre Schiffe am eigenen Teich zu Wasser lassen.

Anders als viele andere Vereine habe die Mitglieder­zahl im „Scheffsmod­ellbau Monnerech asbl“stark zugenommen, erzählt Pol Goedert. Während des Lockdowns hätten viele Menschen nach einem Hobby gesucht. Fündig seien sie im Modellbau geworden. Dem Club bleiben sie auch heute noch treu, was den Vereinsgrü­nder besonders freut. Der Vizepräsid­ent bedauert, dass sich kaum noch Jugendlich­e für dieses Hobby interessie­ren. Sie würden somit eine kreative und zwanglose Möglichkei­t verpassen, sich technische­s Wissen anzueignen.

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Fotos: André Feller Der Verein „Scheffsmod­ellbau Monnerich“lud an diesem Wochenende zu seiner jährlichen Ausstellun­g.
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René Karels hat schon unzählige Stunden mit dem Bau von Schiffsmod­ellen verbracht.
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Antoine Stephany brachte viel technische­s Know-how in den Monneriche­r Verein.
 ?? ?? Jens Hasse ist auch an der Geschichte der Schiffe interessie­rt.
Jens Hasse ist auch an der Geschichte der Schiffe interessie­rt.
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Vereinsleb­en seit 1981

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