Schiff Ahoi in Monnerich
Im örtlichen Kulturzentrum liefen am Wochenende rund 100 Schiffe ein – ganz ohne Weltmeer und zum Betrachten aus nächster Nähe
Das Einlaufen von Schiffen in einen Hafen zog Menschen schon immer in seinen Bann. Der Klang der Schiffshörner, der Anblick riesiger Frachter und das mühelose Gleiten durch das Wasser faszinieren immer wieder Schaulustige. Die Ankunft von Schiffen kann den Beginn neuer Beziehungen signalisieren, neue Waren und Ideen aus fernen Ländern bringen sowie Möglichkeiten zum kulturellen Austausch bieten.
Wer am Wochenende das Kulturzentrum Arthur Thinnes betrat, tauchte innerhalb weniger Sekunden in die Welt der Modellbauer ein. Während echte Seeleute ihre Sehnsucht in der Ferne finden, erfahren die rund 100 Mitglieder vom „Scheffsmodellbau Monnerech asbl“ihr Glück im eigenen Keller oder in der vereinseigenen Werkstatt. Manche von Ihnen verbringen hunderte, gar tausende Stunden mit dem
Bau von Schiffsmodellen. Die Enthusiasten unter ihnen setzen auf Detailgenauigkeit. Selbst bei kommerziellen Bausätzen muss man unzählige Stunden in den Aufbau der Schiffe investieren, erzählt Sekretär René Karels.
Über Hindernisse zum Verein
Der pensionierte Banker wagte sich vor 40 Jahren an den Bau der Titanic. Als er auf einige technische Hindernisse stieß, habe er beim Verein der Schiffsmodellbauer in Monnerich Hilfestellung gefunden. Das Projekt, Marke Eigenbau, befindet sich immer noch in Arbeit. In der Zwischenzeit erwarb Karels einen fünfteiligen Bausatz der Titanic. „Bei 2.000 Stunden Arbeit habe ich aufgehört zu zählen“, schmunzelt er. Jedes funktionierende Einzelteil des über zwei Meter langen Modells, beispielsweise ein Kran oder ein Rettungsboot besteht wiederum aus 10 bis 15 Einzelteilen. Diese sind wenige Millimeter groß. Die gesamte Arbeit des Zusammenbaus dokumentierte er in einem Fotobuch. Um die geraden Holzteile aus dem Bausatz in die passende Form zu biegen, werden diese für kurze Zeit in Wasser eingeweicht und mit Spezialwerkzeug gebogen, erläutert der Modellbauer.
Nach Fertigstellung des Schiffsrumpfs muss dieser mit einer Spachtelmasse verarbeitet werden. In weiteren Schritten werde die Spachtelmasse geschliffen und später in einem aufwendigen Verfahren lackiert. Erst dann sei das Modellschiff auch wassertauglich, so der Vereinssekretär.
African Queen zu Besuch
Viele Modellbauer haben umfangreiches Wissen in Elektrotechnik, Mechanik oder Antriebstechnik, wie beispielsweise Antoine Stephany. Der gelernte Autoelektriker widmet sich mit Vorliebe dem Bau von Motoren. Für den Schiffsmodellbau setzt er auf die Marke Eigenbau, wie er es bei der African Queen tat. Inspiriert hat sich Stephany am gleichnamigen Film aus dem Jahre 1951 mit Humphrey Bogart und Katharine Hepburn.
„Ich habe den Film an den entsprechenden Stellen selbst geschnitten und daraus Fotos reproduziert“, erzählt der enthusiastische Modellbauer. Anhand der Fotos und Grundrisse habe er das Boot mit Abachi-Holz nachgebaut; alles von Hand gefertigt. So sei es ihm gelungen, alle Details, wie sie im Film zu sehen waren, zu reproduzieren. Auch der Antrieb ähnelt dem Original, mit einem Unterschied. Stephanys Boot wird mit einem Gasbrenner angetrieben und nicht wie im Film mit Diesel. Äußerlich wirkt das Boot „gealtert“, so wie halt das Original im Film, erklärt der Kfz-Elektriker. Das habe auch einen Vorteil. Die Patina bei Fahrten im Teich brauche ich nicht abzuwaschen, lacht Stephany. Solche Details würden zur Geschichte des jeweiligen Modells gehören.
Der dänische Modellbauer Jens Hasse könne beim Schiffsbau entspannen und dennoch die Konzentration als auch die Fingerfertigkeit fördern, wie er uns erzählt. Bevor er sich für den Bau eines Schiffs entscheide, studiere er deren Geschichte, erzählt der Mann. In Monnerich präsentierte er gleich mehrere Modelle, darunter der Zweischrauben-Bergungsschlepper Yorkshireman und ihr Schwesterschiff Irishman. Beide wurden im Original 1978 in der Cochrane Schiffswerft in Hessle, Humberside, für die United Towing Ltd. entworfen und gebaut. Die damaligen größten Schlepper Großbritanniens seien vorwiegend während dem Falklandkrieg zum Einsatz gekommen, erzählt Hasse.
Mit dem Modell der Andrea Gail erinnert der dänische Modellbauer an das dramatische Unglück des Fischereischiffs. Es lief am 21. September 1991 von Gloucester in Massachusetts aus. Am 28. Oktober 1991 geriet sie in ein schweres Unwetter. Etwa 330 Kilometer nordöstlich von Sable Island kenterte das Schiff in 18 Meter hohen Wellen. Die sechsköpfige Mannschaft ertrank, wie man vom Modellbauer erfährt. Der Bau dieser Schiffe, bestehend aus Bausätzen, ist aufgrund der
Bei 2.000 Stunden Arbeit habe ich aufgehört zu zählen. René Karels, Scheffsmodellbau Monnerech asbl
geringeren Dimensionen weniger kompliziert als jener der Titanic. Allerdings vergeht auch bei diesen Modellen vom Anfang bis zum letzten Endschliff rund ein Jahr, so Jens.
Jeder Modellbauer hat seine eigenen Vorstellungen und unterschiedliche handwerklichen Kenntnisse, erzählt Vizepräsident und Vereinsgründer Pol Goedert. Er habe den Verein 1981 gegründet. Dort treffe man sich regelmäßig in der Werkstatt, um gemeinsam an Modellen zu bauen. Ausgestattet sei diese mit Drehbänken, Fräsen, Sägen und vielen weiteren Maschinen, die im Modellbau benötigt werden. Darüber hinaus können die Vereinsmitglieder ihre Schiffe am eigenen Teich zu Wasser lassen.
Anders als viele andere Vereine habe die Mitgliederzahl im „Scheffsmodellbau Monnerech asbl“stark zugenommen, erzählt Pol Goedert. Während des Lockdowns hätten viele Menschen nach einem Hobby gesucht. Fündig seien sie im Modellbau geworden. Dem Club bleiben sie auch heute noch treu, was den Vereinsgründer besonders freut. Der Vizepräsident bedauert, dass sich kaum noch Jugendliche für dieses Hobby interessieren. Sie würden somit eine kreative und zwanglose Möglichkeit verpassen, sich technisches Wissen anzueignen.