Semedo und Engel stellen Karriere vor Anstand
Hat Monica Semedo eine zweite Chance im Europaparlament verdient? Darüber dürfen natürlich ausschließlich die Wähler und Wählerinnen im Juni entscheiden. Doch sie sollten die Möglichkeit haben, diese Frage fair informiert zu beantworten. Leider zielt die Art und Weise, wie Semedo und ihr de facto neuer Parteichef Frank Engel (Fokus) ihre Wahlkampagne gestartet haben, auf das genaue Gegenteil ab.
Ihre Methode dafür ist klar: Semedo als Opfer darzustellen. Von unehrlichen und faulen Assistenten, von skandalhungrigen Medien, von einem von politischen Gegnern unterwanderten EU-Parlament, das vermeintlich den Rechtsstaat verachtet. Sie alle haben das Arbeitstier Semedo missverstanden und die Abgeordnete unfair behandelt. Die Klagen, die Kündigungen, die Presseartikel, die Anhörungen im Parlament, die Sanktionen: alles tendenziös, Unterstellungen und Lügen.
„Wir werden alles auf den Tisch legen“, versprechen die zwei Kandidaten von Fokus vor den EU-Wahlen und erhoffen sich so, Semedo als seriöse Politikerin zu rehabilitieren. Letztendlich geht es dabei um Engel und Semedos politische und finanzielle Zukunft. Und um diese zu retten, scheint jedes Mittel recht.
Engels Kalkül ist dabei – rein parteipolitisch gesehen – sogar nachvollziehbar. Mit Semedo gewinnt seine bislang erfolglose Mikro-Bewegung eine Kandidatin, die über einen gewissen Bekanntheitsgrad verfügt. Außerdem erspart ihm die Rekrutierung einer Mandatsträgerin die lästige Aufgabe, 250 Unterschriften zu sammeln, um regelgemäß überhaupt erst antreten zu dürfen. Doch ist sein Manöver zu durchsichtig, um zu glücken.
Semedos einseitige und lückenhafte Darstellung, die angeblich bald auf den Tisch kommen soll, wird es nämlich nicht schaffen, den lamentablen Eindruck, den sie in Straßburg und Brüssel hinterlassen hat, zu zerstreuen. Recherchen des „Luxemburger Wort“und 100,7 aus dieser Mandatszeit haben nämlich gezeigt, was für eine Person Luxemburg während der vergangenen fünf Jahren dort vertrat.
Die offensichtlich überforderte Monica Semedo schaffte es einfach nicht, im EU-Parlament Fuß zu fassen. Ihren Frust darüber ließ sie dann an ihren Mitarbeitern aus. Die Folgen: Burnouts, Kündigungen und ein toxisches Arbeitsklima. Einige der Opfer fanden dann den Mut, die Beweislast auf sich zu nehmen und die mühsame und ungewisse Prozedur gegen Mobbing auf dem Arbeitsplatz im EU-Parlament zu starten.
Wohl wissend, dass das Parlament im Zweifel seine Mitglieder, also die Parlamentarier, in Schutz nimmt.
Und dennoch war das Urteil des Parlaments klar – gleich zweimal: Das, was Monica Semedo gemacht hat, ist nicht in Ordnung und gehört bestraft. Eine eindeutige Entschuldigung hätte von persönlicher Größe gezeugt. Doch dazu ist Monica Semedo offenbar nicht fähig. Stattdessen gibt es eine verzweifelte Flucht nach vorne – von der auch Frank Engel profitieren möchte.
Frank Engels Manöver ist zu durchsichtig, um zu glücken.