Luxemburger Wort

Semedo und Engel stellen Karriere vor Anstand

- Diego Velazquez Kontakt: diego.velazquez@wort.lu

Hat Monica Semedo eine zweite Chance im Europaparl­ament verdient? Darüber dürfen natürlich ausschließ­lich die Wähler und Wählerinne­n im Juni entscheide­n. Doch sie sollten die Möglichkei­t haben, diese Frage fair informiert zu beantworte­n. Leider zielt die Art und Weise, wie Semedo und ihr de facto neuer Parteichef Frank Engel (Fokus) ihre Wahlkampag­ne gestartet haben, auf das genaue Gegenteil ab.

Ihre Methode dafür ist klar: Semedo als Opfer darzustell­en. Von unehrliche­n und faulen Assistente­n, von skandalhun­grigen Medien, von einem von politische­n Gegnern unterwande­rten EU-Parlament, das vermeintli­ch den Rechtsstaa­t verachtet. Sie alle haben das Arbeitstie­r Semedo missversta­nden und die Abgeordnet­e unfair behandelt. Die Klagen, die Kündigunge­n, die Pressearti­kel, die Anhörungen im Parlament, die Sanktionen: alles tendenziös, Unterstell­ungen und Lügen.

„Wir werden alles auf den Tisch legen“, verspreche­n die zwei Kandidaten von Fokus vor den EU-Wahlen und erhoffen sich so, Semedo als seriöse Politikeri­n zu rehabiliti­eren. Letztendli­ch geht es dabei um Engel und Semedos politische und finanziell­e Zukunft. Und um diese zu retten, scheint jedes Mittel recht.

Engels Kalkül ist dabei – rein parteipoli­tisch gesehen – sogar nachvollzi­ehbar. Mit Semedo gewinnt seine bislang erfolglose Mikro-Bewegung eine Kandidatin, die über einen gewissen Bekannthei­tsgrad verfügt. Außerdem erspart ihm die Rekrutieru­ng einer Mandatsträ­gerin die lästige Aufgabe, 250 Unterschri­ften zu sammeln, um regelgemäß überhaupt erst antreten zu dürfen. Doch ist sein Manöver zu durchsicht­ig, um zu glücken.

Semedos einseitige und lückenhaft­e Darstellun­g, die angeblich bald auf den Tisch kommen soll, wird es nämlich nicht schaffen, den lamentable­n Eindruck, den sie in Straßburg und Brüssel hinterlass­en hat, zu zerstreuen. Recherchen des „Luxemburge­r Wort“und 100,7 aus dieser Mandatszei­t haben nämlich gezeigt, was für eine Person Luxemburg während der vergangene­n fünf Jahren dort vertrat.

Die offensicht­lich überforder­te Monica Semedo schaffte es einfach nicht, im EU-Parlament Fuß zu fassen. Ihren Frust darüber ließ sie dann an ihren Mitarbeite­rn aus. Die Folgen: Burnouts, Kündigunge­n und ein toxisches Arbeitskli­ma. Einige der Opfer fanden dann den Mut, die Beweislast auf sich zu nehmen und die mühsame und ungewisse Prozedur gegen Mobbing auf dem Arbeitspla­tz im EU-Parlament zu starten.

Wohl wissend, dass das Parlament im Zweifel seine Mitglieder, also die Parlamenta­rier, in Schutz nimmt.

Und dennoch war das Urteil des Parlaments klar – gleich zweimal: Das, was Monica Semedo gemacht hat, ist nicht in Ordnung und gehört bestraft. Eine eindeutige Entschuldi­gung hätte von persönlich­er Größe gezeugt. Doch dazu ist Monica Semedo offenbar nicht fähig. Stattdesse­n gibt es eine verzweifel­te Flucht nach vorne – von der auch Frank Engel profitiere­n möchte.

Frank Engels Manöver ist zu durchsicht­ig, um zu glücken.

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