Imaginäre Freunde und fremde Welten
Das von Wady Films koproduzierte Coming-of-AgeDrama „Kanaval“feiert Luxemburg-Premiere in Anwesenheit des Regisseurs Henri Pardo
Die Luxemburger Filmgesellschaft Wady Films von Adolf El Assal ist Koproduzent des kanadischen Films „Kanaval“, der an diesem Dienstag in der Sparte „Films Made in/with Luxembourg“beim Luxembourg City Film Festival gezeigt wird. Dieser Film von Henri Pardo, einem kanadischen Schauspieler und Filmemacher haitianischer Abstammung, ist ein sehr gefühlvolles und mystisches Coming-of-Age-Drama über das Thema Emigration und Vertreibung.
„Kanaval“erzählt die Geschichte eines Jungen aus einer kleinen Hafenstadt an der Küste Haitis im Jahr 1975. Der Film beginnt mit den Karnevalsfeierlichkeiten der Stadt, bevor dann ein traumatisches Ereignis den Jungen und seine Mutter zur Flucht nach Quebec zwingt.
Rico, gespielt von Rayan Dieudonné, ist ein neugieriger Junge. Seine Mutter, die Lehrerin Erzulie, dargestellt von Penande Estime, warnt ihn vor den Gefahren des Karnevals, Rico aber macht sich heimlich davon, um in der Karnevalsnacht die Geburt der haitianischen Legenden mitzuerleben und die Masken und Kostüme der Feiernden zu bewundern. Aus der Sicht des Jungen erlebt der Zuschauer diesen mystischen „Kanaval“– die haitianische Form des Karnevals – als eine Mischung aus realen und magischen Momenten. Alles ist ausgelassen, und alles fasziniert den Jungen. Als er aber nach Hause kommt, haben Unbekannte seine geliebte Mutter überfallen.
Die beiden fliehen aus der Stadt, aus dem Land. Als Migranten gelangen sie in die Sicherheit einer ländlichen Kleinstadt im kanadischen Quebec und geben dort ihr Bestes, um sich an ihre neue Welt zu gewöhnen. Ein älteres Ehepaar, Rico und Erzulie, heißen sie willkommen und unterstützen sie.
„Amplify Voices Award“beim TIFF
Während Rico versucht, die verschneite Provinz mit der Jagd, den Schneemobilen, aber auch den rassistischen Rüpeln ringsum zu verstehen, kann er nicht begreifen, warum seine Mutter, die immer noch mit ihrem Trauma zu kämpfen hat, ihm gegenüber zunehmend distanziert wirkt. Also tut er das, was viele Sechs
jährige tun, und erfindet einen imaginären Freund, Kana, aus dem haitianischen Mythos, der zu seinem Helfer bei der Entschlüsselung der fremden Welt wird, in die er geraten ist.
Dieser Debütfilm von Henri Prado, in dem auch die Luxemburger Schauspielerin Hana Sofia Lopes mitspielt, hatte seine Premiere 2023 beim Toronto International Film Festival (TIFF). Dort gewann er den „Amplify Voices Award“, der an Filme aus aller Welt verliehen wird, die von Filmemachern stammen, die Indigene oder People of Colour sind.
Henri Pardo hat sich nach der Schauspielerei gezielt der Regie zugewandt, um über diesen Weg die Darstellung von People of Colour in den Medien zu verbessern. Zu seinen Werken gehören die Kurzfilme „Sous bois“(2013) und „Jack“(2020). Er gewann 2021 den MagnusIsacsson-Preis beim Internationalen Dokumentarfilmfestival in Montreal. Sein erstes erzählerisches Werk, „Kanaval“(2023) war auch für den besten kanadischen Film nominiert.
„Kanaval“, koproduziert von Wady Films, heute um 19 Uhr im Kinepolis in Anwesenheit des Regisseurs.