Luxemburger Wort

Die Schmerzen und das gewisse Etwas eines Eishockey-Torwarts

Michel Welter hütet seit mehr als zehn Jahren den Kasten der Beaufort Knights und weiß, worauf es bei der Position des Goalies wirklich ankommt

- Von André Klein

Mit Schläger, Armen, Beinen und Schlittsch­uhen wehrte Michel Welter am Sonntag immer wieder artistisch den Puck ab, als die Angreifer von Meister Tornado Luxemburg auf den Schlussman­n der Beaufort Knights zustürmten. Zum Sieg hat es am Ende dennoch nicht gereicht – im Gegenteil. Am letzten Spieltag der LHL (Luxembourg Hockey League) verloren die Ritter aus Befort in Kockelsche­uer deutlich mit 2:9.

Was auf den ersten Blick wie eine Klatsche anmutet, ist trotzdem ein Schritt nach vorn für den Vizemeiste­r, der im Hinspiel vor heimischen Fans von Tornado mit einem 2:19 wahrlich vom Eis gefegt wurde. „Es ist für die Mannschaft und besonders als Torwart mental schon wichtig, dass es nicht wieder zweistelli­g geworden ist“, sieht Welter zunächst die Steigerung gegen einen schier übermächti­gen Gegner.

Und in der Tat begann die Partie aus der Sicht der Gäste vielverspr­echend. Beforts litauische­r Neuzugang Artemij Frizel schoss das Team bereits nach 3‘08‘‘ in Führung. „Wir haben am Tag zuvor noch in Lüttich gespielt und waren etwas müde. Trotzdem sind wir gut in die Partie gekommen, haben gezeigt, dass auch wir Eishockey spielen können.“Knapp mit 2:3 lagen die Ritter nach dem ersten Drittel zurück, die Hoffnung auf eine Überraschu­ng keimte noch.

„Unser Problem ist, dass wir im zweiten Drittel öfter einbrechen“, analysiert Welter das anschließe­nde Geschehen auf dem Eis, als es in Durchgang Nummer zwei insgesamt fünfmal in seinem Gehäuse klingelte, ohne dass sein Team selbst einen Treffer erzielen konnte. Die Schmach, erneut zweistelli­g zu verlieren, schwebte wie das Damoklessc­hwert über den Häuptern der Ritter, doch Welter wurde im letzten Drittel zur menschlich­en Wand, Schmerzen mussten bei dem Mann mit über 30 Jahren Torwarterf­ahrung hinten anstehen.

„Ich weiß nicht, ob man verrückt sein muss, um Eishockeyt­orwart zu werden, aber manche Spieler behaupten das. Doch was sollte ich machen, wenn man als Fünf

Ich weiß nicht, ob man verrückt sein muss, um Eishockey-Torwart zu werden, aber manche Spieler behaupten das. Michel Welter, Torwart der Beaufort Knights

jähriger die Hand ausstreckt und kein anderer sich für die Position meldet“, muss der 41-Jährige schmunzeln. „Auf jeden Fall braucht man als Goalie das gewisse Etwas. Man muss einfach dafür gemacht sein, denn trotz dicker Polsterung kann es oft ziemlich wehtun, wenn man vom Puck hart getroffen wird.“Oft weh tat es auch im dritten Drittel, als Welter reflexarti­g (fast) alles abwehrte, bis Tornado 38 Sekunden vor Spielende der neunte Treffer gelang. Einziger Trost: es wurde nicht zweistelli­g.

Litauen als Vorbild

Mit einem Vorurteil räumt Welter, der unter anderem sechs Jahre in Finnland gespielt hat, dennoch gleich auf. „Als Torwart muss man zwar nicht der schnellste auf den Kufen sein, aber die richtige Technik beim Schlittsch­uhlaufen muss man absolut beherrsche­n. Das bringe ich auch den kleinsten bei uns im Club als allererste­s bei“, so Welter, der beim Nachwuchs die Torhüter trainiert. Eine Sache ist für Welter ohnehin klar. „Als Torwart, egal in welchem Sport, sind gute Reflexe wichtig. Beim Eishockey hilft es darüber hinaus, das Spiel zu lesen. So kann ich viel antizipier­en und von außen sieht es manchmal spektakulä­rer aus, als es auf dem Eis wirklich ist.“

Dass zu dem schnellen Sport auf den Kufen allerdings mehr gehört als nur die Defensive, beweist Befort mit der Verpflicht­ung von Frizel, der mit zehn Saisontref­fern in der LHL bester Schütze der Ritter ist. „Ich bin erst seit September hier und musste mich noch an alles gewöhnen“, sagt der 24-jährige Litauer. „Zu Saisonbegi­nn haben wir noch unerwartet gegen die Grand Ducs oder die Hurricanes verloren. Das lag aber zum Teil auch daran, dass wir über einen Monat später als die anderen Teams mit dem Training beginnen konnten. Doch jetzt, wo ich die Mannschaft kenne, sind wir besser abgestimmt.“

Frizel ist der einzige „Import Player“der Knights, während Tornado derer gleich mehrere in den eigenen Reihen hat. „Tor

nado spielt in Frankreich, dort ist es erlaubt, mehrere auswärtige Spieler einzusetze­n. Wir spielen parallel noch in Belgien, dort ist nur einer erlaubt“, so der 24jährige Offensivsp­ieler. „In der LHL kann das dann zum Problem werden. Da ist Tornado einfach übermächti­g.“

Frizel selbst, der aus einer „Eishockey-Familie“stammt, ist überzeugt, dass Luxemburg und die LHL den gleichen Weg gehen können, wie sein Heimatland. „Vor 15 Jahren war die Liga in Litauen genau wie in Luxemburg. Mittlerwei­le ist das dort richtig gutes Eishockey. Doch die Sache mit den auswärtige­n Spielern müsste in der LHL einheitlic­her geregelt werden, insbesonde­re dass genug einheimisc­he Talente ihre Chance auf dem Eis bekommen.“Dafür setzt sich der junge Litauer auch bei sich im Verein ein. Denn Frizel trainiert gemeinsam mit Benny Welter, dem Bruder von Keeper Michel, den Nachwuchs der Ritter. Und Michel sorgt derweil dafür, dass selbst die jungen Torhüter Schlittsch­uh laufen können.

Vor 15 Jahren war die Liga in Litauen genau wie in Luxemburg. Mittlerwei­le ist das dort richtig gutes Eishockey. Artemij Frizel, Spieler der Beaufort Knights

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Mit seinem Fanghandsc­huh schnappt Michel Welter nach dem Puck.
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Fotos: André Klein Michel Welter hat sechs Jahre lang in Finnland Eishockey gespielt.

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