Die Schmerzen und das gewisse Etwas eines Eishockey-Torwarts
Michel Welter hütet seit mehr als zehn Jahren den Kasten der Beaufort Knights und weiß, worauf es bei der Position des Goalies wirklich ankommt
Mit Schläger, Armen, Beinen und Schlittschuhen wehrte Michel Welter am Sonntag immer wieder artistisch den Puck ab, als die Angreifer von Meister Tornado Luxemburg auf den Schlussmann der Beaufort Knights zustürmten. Zum Sieg hat es am Ende dennoch nicht gereicht – im Gegenteil. Am letzten Spieltag der LHL (Luxembourg Hockey League) verloren die Ritter aus Befort in Kockelscheuer deutlich mit 2:9.
Was auf den ersten Blick wie eine Klatsche anmutet, ist trotzdem ein Schritt nach vorn für den Vizemeister, der im Hinspiel vor heimischen Fans von Tornado mit einem 2:19 wahrlich vom Eis gefegt wurde. „Es ist für die Mannschaft und besonders als Torwart mental schon wichtig, dass es nicht wieder zweistellig geworden ist“, sieht Welter zunächst die Steigerung gegen einen schier übermächtigen Gegner.
Und in der Tat begann die Partie aus der Sicht der Gäste vielversprechend. Beforts litauischer Neuzugang Artemij Frizel schoss das Team bereits nach 3‘08‘‘ in Führung. „Wir haben am Tag zuvor noch in Lüttich gespielt und waren etwas müde. Trotzdem sind wir gut in die Partie gekommen, haben gezeigt, dass auch wir Eishockey spielen können.“Knapp mit 2:3 lagen die Ritter nach dem ersten Drittel zurück, die Hoffnung auf eine Überraschung keimte noch.
„Unser Problem ist, dass wir im zweiten Drittel öfter einbrechen“, analysiert Welter das anschließende Geschehen auf dem Eis, als es in Durchgang Nummer zwei insgesamt fünfmal in seinem Gehäuse klingelte, ohne dass sein Team selbst einen Treffer erzielen konnte. Die Schmach, erneut zweistellig zu verlieren, schwebte wie das Damoklesschwert über den Häuptern der Ritter, doch Welter wurde im letzten Drittel zur menschlichen Wand, Schmerzen mussten bei dem Mann mit über 30 Jahren Torwarterfahrung hinten anstehen.
„Ich weiß nicht, ob man verrückt sein muss, um Eishockeytorwart zu werden, aber manche Spieler behaupten das. Doch was sollte ich machen, wenn man als Fünf
Ich weiß nicht, ob man verrückt sein muss, um Eishockey-Torwart zu werden, aber manche Spieler behaupten das. Michel Welter, Torwart der Beaufort Knights
jähriger die Hand ausstreckt und kein anderer sich für die Position meldet“, muss der 41-Jährige schmunzeln. „Auf jeden Fall braucht man als Goalie das gewisse Etwas. Man muss einfach dafür gemacht sein, denn trotz dicker Polsterung kann es oft ziemlich wehtun, wenn man vom Puck hart getroffen wird.“Oft weh tat es auch im dritten Drittel, als Welter reflexartig (fast) alles abwehrte, bis Tornado 38 Sekunden vor Spielende der neunte Treffer gelang. Einziger Trost: es wurde nicht zweistellig.
Litauen als Vorbild
Mit einem Vorurteil räumt Welter, der unter anderem sechs Jahre in Finnland gespielt hat, dennoch gleich auf. „Als Torwart muss man zwar nicht der schnellste auf den Kufen sein, aber die richtige Technik beim Schlittschuhlaufen muss man absolut beherrschen. Das bringe ich auch den kleinsten bei uns im Club als allererstes bei“, so Welter, der beim Nachwuchs die Torhüter trainiert. Eine Sache ist für Welter ohnehin klar. „Als Torwart, egal in welchem Sport, sind gute Reflexe wichtig. Beim Eishockey hilft es darüber hinaus, das Spiel zu lesen. So kann ich viel antizipieren und von außen sieht es manchmal spektakulärer aus, als es auf dem Eis wirklich ist.“
Dass zu dem schnellen Sport auf den Kufen allerdings mehr gehört als nur die Defensive, beweist Befort mit der Verpflichtung von Frizel, der mit zehn Saisontreffern in der LHL bester Schütze der Ritter ist. „Ich bin erst seit September hier und musste mich noch an alles gewöhnen“, sagt der 24-jährige Litauer. „Zu Saisonbeginn haben wir noch unerwartet gegen die Grand Ducs oder die Hurricanes verloren. Das lag aber zum Teil auch daran, dass wir über einen Monat später als die anderen Teams mit dem Training beginnen konnten. Doch jetzt, wo ich die Mannschaft kenne, sind wir besser abgestimmt.“
Frizel ist der einzige „Import Player“der Knights, während Tornado derer gleich mehrere in den eigenen Reihen hat. „Tor
nado spielt in Frankreich, dort ist es erlaubt, mehrere auswärtige Spieler einzusetzen. Wir spielen parallel noch in Belgien, dort ist nur einer erlaubt“, so der 24jährige Offensivspieler. „In der LHL kann das dann zum Problem werden. Da ist Tornado einfach übermächtig.“
Frizel selbst, der aus einer „Eishockey-Familie“stammt, ist überzeugt, dass Luxemburg und die LHL den gleichen Weg gehen können, wie sein Heimatland. „Vor 15 Jahren war die Liga in Litauen genau wie in Luxemburg. Mittlerweile ist das dort richtig gutes Eishockey. Doch die Sache mit den auswärtigen Spielern müsste in der LHL einheitlicher geregelt werden, insbesondere dass genug einheimische Talente ihre Chance auf dem Eis bekommen.“Dafür setzt sich der junge Litauer auch bei sich im Verein ein. Denn Frizel trainiert gemeinsam mit Benny Welter, dem Bruder von Keeper Michel, den Nachwuchs der Ritter. Und Michel sorgt derweil dafür, dass selbst die jungen Torhüter Schlittschuh laufen können.
Vor 15 Jahren war die Liga in Litauen genau wie in Luxemburg. Mittlerweile ist das dort richtig gutes Eishockey. Artemij Frizel, Spieler der Beaufort Knights