Der Seiltanz der Gesundheitsministerin
In der Zahnmedizin gibt es sie schon länger, die Zentren, die von Beteiligungsgesellschaften betrieben werden und mit Ärzten arbeiten, die nur zeitweilig dort praktizieren. In der Humanmedizin war man es noch nicht gewohnt. Nun gibt es das Radiologiezentrum in Esch/Alzette der HygieGruppe und weitere sollen folgen. Was mit dem im vergangenen Juli verabschiedeten Gesetz zur ambulanten Wende verhindert werden sollte, ist eingetreten: Es werden schwere Geräte in privaten Praxen betrieben, ohne dass eine Verbindung zu einem Krankenhaus besteht.
Wenn nun von Seiten der früheren LSAP-Gesundheitsminister Mars Di Bartolomeo und Paulette Lenert öffentlich von Gesundheitsministerin Martine Deprez (CSV) verlangt wird, dagegen vorzugehen und durchzugreifen, ist das nicht ganz ehrlich. Denn beide wissen genau: Das Gesetz kam zu spät und es ist auch nicht wasserdicht.
Die Sanktionsmöglichkeiten sind beschränkt und die Türen dort schließen zu wollen, dürfte juristisch gar nicht so einfach durchsetzbar sein. Dann tritt möglicherweise die Situation ein, die der Staatsrat quasi in Aussicht stellte, als er das Gesetz trotz starker Bedenken zur Verhältnismäßigkeit durchwinkte: Die Gerichte werden entscheiden müssen.
Mit dem Gesetz, das das Betreiben schwerer Geräte und die Auslagerung verschiedener Behandlungen, wie Krebstherapien, ausschließlich den Krankenhäusern zubilligt, wird möglicherweise die verfassungsrechtlich garantierte Berufsfreiheit von Medizinern unzulässig eingeschränkt. Ob das Argument ausreicht, dass den Spitälern sonst das Personal wegläuft, wodurch die Versorgungsgarantie gefährdet wird, ist eine Auslegungssache – die könnten Richter zugunsten der Berufsfreiheit ausgehen lassen. Genau wie die Frage, ob es nicht gegen das europäische Niederlassungsrecht verstößt.
Auch dort ist die öffentliche Gesundheit und die Sicherheit des Patienten prioritär. Das heißt: Wenn die Autoritäten in Luxemburg sehen, dass das System beziehungsweise die Patienten in Gefahr sind, weil Anbieter nicht richtig in das System integriert sind oder die Qualität nicht stimmt, erlaubt es das Verhältnismäßigkeitsprinzip, dass man zum Schutz der öffentlichen Gesundheit Bedingungen stellen kann. Für das Schließen sieht es laut der aktuellen Rechtslage allerdings schlecht aus. Das sagt auch der juristische Dienst des Gesundheitsministeriums.
Somit wird deutlich: Die LSAP hat zwar das Gesetz vor den Wahlen mit viel politischem Druck noch schnell durchgedrückt, damit ja keine in Luxemburg verankerten und vernetzten Radiologen tätig werden können, „gutt geschafft“sieht aber anders aus. Aus einer schwachen Position heraus die richtigen Bedingungen für die Patientensicherheit stellen und durchsetzen, das müssen nun andere.
Die richtigen Bedingungen für die Patientensicherheit durchsetzen müssen nun andere.