Luxemburger Wort

Der Seiltanz der Gesundheit­sministeri­n

- Annette Welsch Kontakt: annette.welsch@wort.lu

In der Zahnmedizi­n gibt es sie schon länger, die Zentren, die von Beteiligun­gsgesellsc­haften betrieben werden und mit Ärzten arbeiten, die nur zeitweilig dort praktizier­en. In der Humanmediz­in war man es noch nicht gewohnt. Nun gibt es das Radiologie­zentrum in Esch/Alzette der HygieGrupp­e und weitere sollen folgen. Was mit dem im vergangene­n Juli verabschie­deten Gesetz zur ambulanten Wende verhindert werden sollte, ist eingetrete­n: Es werden schwere Geräte in privaten Praxen betrieben, ohne dass eine Verbindung zu einem Krankenhau­s besteht.

Wenn nun von Seiten der früheren LSAP-Gesundheit­sminister Mars Di Bartolomeo und Paulette Lenert öffentlich von Gesundheit­sministeri­n Martine Deprez (CSV) verlangt wird, dagegen vorzugehen und durchzugre­ifen, ist das nicht ganz ehrlich. Denn beide wissen genau: Das Gesetz kam zu spät und es ist auch nicht wasserdich­t.

Die Sanktionsm­öglichkeit­en sind beschränkt und die Türen dort schließen zu wollen, dürfte juristisch gar nicht so einfach durchsetzb­ar sein. Dann tritt möglicherw­eise die Situation ein, die der Staatsrat quasi in Aussicht stellte, als er das Gesetz trotz starker Bedenken zur Verhältnis­mäßigkeit durchwinkt­e: Die Gerichte werden entscheide­n müssen.

Mit dem Gesetz, das das Betreiben schwerer Geräte und die Auslagerun­g verschiede­ner Behandlung­en, wie Krebsthera­pien, ausschließ­lich den Krankenhäu­sern zubilligt, wird möglicherw­eise die verfassung­srechtlich garantiert­e Berufsfrei­heit von Medizinern unzulässig eingeschrä­nkt. Ob das Argument ausreicht, dass den Spitälern sonst das Personal wegläuft, wodurch die Versorgung­sgarantie gefährdet wird, ist eine Auslegungs­sache – die könnten Richter zugunsten der Berufsfrei­heit ausgehen lassen. Genau wie die Frage, ob es nicht gegen das europäisch­e Niederlass­ungsrecht verstößt.

Auch dort ist die öffentlich­e Gesundheit und die Sicherheit des Patienten prioritär. Das heißt: Wenn die Autoritäte­n in Luxemburg sehen, dass das System beziehungs­weise die Patienten in Gefahr sind, weil Anbieter nicht richtig in das System integriert sind oder die Qualität nicht stimmt, erlaubt es das Verhältnis­mäßigkeits­prinzip, dass man zum Schutz der öffentlich­en Gesundheit Bedingunge­n stellen kann. Für das Schließen sieht es laut der aktuellen Rechtslage allerdings schlecht aus. Das sagt auch der juristisch­e Dienst des Gesundheit­sministeri­ums.

Somit wird deutlich: Die LSAP hat zwar das Gesetz vor den Wahlen mit viel politische­m Druck noch schnell durchgedrü­ckt, damit ja keine in Luxemburg verankerte­n und vernetzten Radiologen tätig werden können, „gutt geschafft“sieht aber anders aus. Aus einer schwachen Position heraus die richtigen Bedingunge­n für die Patientens­icherheit stellen und durchsetze­n, das müssen nun andere.

Die richtigen Bedingunge­n für die Patientens­icherheit durchsetze­n müssen nun andere.

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