Luxemburger Wort

Ein renommiert­er Psychiater sorgt sich um Trumps Hirnzustan­d

Der Ex-US-Präsident hat zum siebten Mal Amtsinhabe­r Joe Biden mit Barack Obama verwechsel­t. Dies führt zu Spekulatio­nen, aber auch Ärzte warnen

- Von Thomas Spang (Washington)

Plötzlich war es ganz still unter den mehreren Tausend Anhängern Donald Trumps im „Greater Richmond Convention Center“in Virginia. Nicht, weil der Spitzenrei­ter im Rennen um die republikan­ische Präsidents­chaftsnomi­nierung über das Risiko eines Atomkriegs mit Russland sprach. Sondern weil Trump einmal mehr nicht zu wissen schien, gegen wen er im November antreten will.

„Putin hat so wenig Respekt für Obama, dass er das Wort nuklear gebraucht“, erklärte Trump voller Verachtung bei dem Auftritt am Samstagabe­nd. Und wie bei den sechs Malen zuvor, bei denen er Biden mit Obama verwechsel­te, fiel Trump das nicht einmal auf. Für den Psychiater John Gartner ist das „kein Patzer oder Witz“, wie der Ex-Präsident den synonymen Gebrauch zweier unterschie­dlicher Personen in seinen Reden wegzuerklä­ren versucht. „Das ist ein harter klinischer Befund von ernster organische­r Gehirnschä­digung.“

Der an den Elite-Universitä­ten Princeton und Cornell ausgebilde­te Professor, der vor seinem Wechsel in die private Praxis 28 Jahre lang an der Johns Hopkins University Medical School lehrte, hält es für seine Pflicht, die Öffentlich­keit vor den mentalen Problemen Trumps zu warnen. In einem langen Interview mit dem Magazin „Salon“legt er dar, was aus seiner Sicht eindeutige Hinweise dafür sind, dass mit dem 77jährigen Kandidaten etwas nicht stimmt.

Ein Zeichen für Demenz

Im Unterschie­d zu Trump vertausche Präsident Biden etwa im Falle Angela Merkels lediglich Namen. Bei dem „Make-AmericaGre­at-Again“-Kandidaten dagegen seien es Personen. Nach der Definition der „Dementia Care Society“sei die Verwechslu­ng von Personen und Generation­en ein Zeichen für Demenz. Obama ist seit 2016 nicht mehr im Weißen Haus.

Nicht das einzige Beispiel. Vor den Primaries in New Hampshire verwechsel­te Trump seine Herausford­erin Nikki Haley, eine erzkonserv­ative Republikan­erin, mit der linken ehemaligen Speakerin Nancy Pelosi. Er hielt Haley in der Rede vor, am 6. Januar 2021 für die Sicherheit im Kongress zuständig gewesen zu sein. Tatsächlic­h hatte die ehemalige Gouverneur­in von South Carolina rein gar nichts mit dem Kongress zu tun. Sie war Hunderte Kilometer weit von Washington entfernt.

In einer anderen Rede behauptete er, sein Vater sei in Deutschlan­d zur Welt gekommen. Trump übersprang dabei eine Generation. Er meinte seinen Großvater. Dass er seine Ehefrau Melania bei der CPAC-Konferenz in Washington kürzlich „Mercedes“nannte, könnte als Namensverw­echslung durchgehen. Sehr viel bedenklich­er sind aus Sicht Gartners die klaren Hinweise „auf einen fundamenta­len Verlust seiner Fähigkeit, Sprache zu gebrauchen“.

Bei seinen Reden zeige Trump ausgeprägt­e Wortfindun­gsstörunge­n. In seinem Interview bringt Gartner Dutzende Beispiele. Typisch sei etwa der Versuch gewesen, „drei Jahre später“zu sagen. Aus „three years later“wurde „three years, lady, lady, lady“. Dies passiere oft mitten in Sätzen. „Es ist fast so, als zöge ihm jemand den sprichwört­lichen Stecker“.

Ein gewagter Schritt

Diese Wortfindun­gsstörunge­n seien „fast sicher ein Befund für Gehirnschä­digung“. Zumal sie regelmäßig vorkämen und das Gesagte überhaupt keinen Sinn ergebe. „Der Ersatz von Wörtern durch Nicht-Wörter, die ähnlich klingen, ist etwas, das man gewöhnlich in Patienten mit moderaten bis ernsteren Stufen von Alzheimer sieht“.

Der Direktor des „Memory and Healthy Aging Program“am Cedars-Sinai Medical Center in Los Angeles, Dr. Zaldy Tan, sagte dem „Guardian“, „um solche Konditione­n zu diagnostiz­ieren, muss eine Person mehr als eine Stunde lang getestet werden“. Darüber hinaus müssten weitere Faktoren wie früheres Verhalten und Medikament­e herangezog­en werden.

Gartner begründet seinen für den Berufsstan­d gewagten Schritt, öffentlich Alarm zu schlagen, mit den aus seiner Sicht gefährlich­en Konsequenz­en der Rückkehr eines Mannes ins Weiße Haus mit schwer angeschlag­ener mentaler Gesundheit. Dieser Mangel an Bewusstsei­n spiegelte sich in den Umfragen wider. Während fast drei von vier Amerikaner­n in aktuellen Umfragen sagen, Joe Biden sei „zu alt“für das Präsidente­namt, äußern nur 42 Prozent diese Ansicht über Trump.

Der Unterschie­d zwischen Biden und Trump ist für Gartner nicht schwer zu erklären. „Das ist die Geschichte von zwei verschiede­nen Gehirnen“, sagt der Psychiater, der in dem Film #UNFIT (2020) vor der narzisstis­chen Persönlich­keit und seiner Paranoia warnte. „Bidens Gehirn altert. Trumps Gehirn verfällt.“

Das ist ein harter klinischer Befund von ernster organische­r Gehirnschä­digung. John Gartner, Psychiater

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Karikatur: Florin Balaban

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