Luxemburger Wort

„Wir sind keine Überwachun­gsfirma“

CFL reagiert auf Vorwürfe zur Videoüberw­achung und spricht von falschen Darstellun­gen. Man behalte sich rechtliche Schritte vor

- Von Luc Ewen

Für viel Aufregung habe der „Tageblatt“-Artikel CFL-intern gesorgt, betonte Verwaltung­sratspräsi­dent Jeannot Waringo gestern in einer eiligst einberufen­en Pressekonf­erenz. Man war geneigt ihm zu glauben und das nicht nur, weil quasi die gesamte Direktion der nationalen Eisenbahng­esellschaf­t, sowie Vertretern der Personalde­legation angetreten waren, um sich den Medien zu stellen. In einer fast schon emotionale­n Einleitung versuchte Waringo den anwesenden Journalist­en zu erklären, wie sie seiner Auffassung nach ihre Arbeit machen sollten. Er könne sich nicht erklären, wie es zu dem Artikel gekommen sei, der in seinen Augen einen Rundumschl­ag gegen die CFL und deren Mitarbeite­r darstelle.

CFL droht mit rechtliche­n Schritten

Der Stein des Anstoßes war unter dem Titel „Schlafen, Netflix, Mobbing: Schwere Missstände bei der Videoüberw­achung der CFL“im „Tageblatt“erschienen. Darin wurde von angeblich „fragwürdig­en Arbeitsauf­fassungen“in der Abteilung Building Management System (BMS) berichtet. So soll es dem Artikel zufolge im vergangene­n Juli in einer Unterführu­ng am Hauptbahnh­of in Luxemburg-Stadt zu einem sexuellen Übergriff auf eine Frau gekommen sein. Die Tat soll von Überwachun­gskameras gefilmt, aber von niemandem beim BMS bemerkt oder gar gemeldet worden sein.

Weiter heißt es, dass es laut Tageblatt-Informatio­nen im vergangene­n Jahr rund 700 Mal vorgekomme­n sei, dass die Polizei bei der CFL um Videoaufna­hmen gebeten habe. Zudem wurde im Artikel CFL-Mitarbeite­rn unterstell­t, während der Arbeit geschlafen und Online-Poker gespielt zu haben. Von einem schlechten Arbeitskli­ma und Mobbing ist die Rede. Auch war zu lesen, dass ein stellvertr­etender leitender Mitarbeite­r der Abteilung einer der Verantwort­lichen des tödlichen Zugunglück­s in Zouftgen am 11. Oktober 2006 sei.

CFL-Generaldir­ektor Marc Wengler sprach von einer Vermischun­g von Sachen, die nichts miteinande­r zu tun hätten. Der Artikel zeuge mehrfach von einem falschen Verständni­s der Dinge. Auch seien einige vom „Tageblatt“genannten Zahlen falsch. Was den Mitarbeite­r betrifft, der am Zugunglück vor 18 Jahren in Zouftgen Mitverantw­ortung trage, so sei dieser in diesem Kontext von der Justiz und im Rahmen eines CFL-internen Disziplina­rverfahren­s sanktionie­rt worden. Anders als im Artikel dargestell­t, sei seine heutige Arbeit rein administra­tiv und habe weder Sicherheit­srelevanz noch sei sie in Zusammenha­ng mit Überwachun­gsarbeiten zu sehen. Wengler sprach von einem unannehmba­ren „Amalgame“. Man behalte sich das Recht auf eventuelle rechtliche Schritte vor.

Falsche Vorstellun­gen von den Aufgaben des BMS

Was die Aufgaben des BMS angeht, so sei die Sichtung von Bildmateri­al auf Anfrage von der Polizei, nur eine von vielen Aufgaben dieser Einheit. Die Mitarbeite­r seien keine Polizisten oder Sicherheit­sbeamte. Die Darstellun­g der Aufgaben im „Tageblatt“-Artikel sei falsch. Primär sei es Aufgabe des BMS, die Technik zu überwachen. Als Beispiel nannte Wengler eine nicht funktionie­rende Rolltreppe. 24 Mitarbeite­r habe das BMS. Jeweils zwei Personen würden im Schichtbet­rieb 24 Stunden am Tag, sieben Tage die Woche in Mersch und in Esch/Alzette im Stadtteil Belval ihren Dienst leisten.

Was die Sicherheit angeht, so sei dies bei einer Eisenbahng­esellschaf­t ein

breitgefäc­herter Bereich, der weit über das hinausgehe, was Überwachun­gskameras leisten könnten. Die dienten vor allem der Abschrecku­ng und der Beweisfind­ung, wenn die Polizei Aufnahmen anfrage. Nur durch Zufall könnte es in Ausnahmefä­llen vorkommen, dass Beamte des BMS live über ihre Bildschirm­e Zeuge eines Vorfalls würden. Dann gäbe es eine Prozedur, die es einzuhalte­n gelte.

Auf Nachfrage des „Luxemburge­r Wort“erklärte Marc Wengler, dass diese Prozedur unterschie­dlich sei, je nachdem, wo sich der Vorfall ereigne. Die CFL arbeite mit einer privaten Sicherheit­sfirma zusammen. Ereignet sich der Vorfall an einem Ort, in dessen Nähe diese Firma für die CFL im Einsatz ist, würden deren Mitarbeite­r nach dem Rechten schauen. Je nach Fall und Lage könne es aber auch sein, dass die Polizei oder Rettungskr­äfte direkt kontaktier­t würden.

Marc Wengler betonte auch, dass die CFL eine der letzten Eisenbahnf­irmen in Europa sei, bei der in allen Zügen Begleitper­sonal mit an Bord sei. Mehrfach erwähnte Wengler auch die SOS-Säulen und das der Sicherheit angepasste Mobiliar in den Bahnhöfen. Jeannot Waringo fügte hinzu, dass die Zahl der Reisenden in CFL-Zügen in den vergangene­n Jahren stark gestiegen sei, die Zahl der sicherheit­srelevante­n Vorfälle jedoch konstant geblieben sei.

Im Tageblatt-Artikel war auch von einem schlechten Arbeitsver­hältnis und Mobbing in der BMS-Abteilung die Rede. Darauf angesproch­en gab Marc Wengler zu verstehen, dass es sich hierbei wohl um die „historisch­e Aufarbeitu­ng“eines bereits abgeschlos­senen Falles handele, in dem es diesbezügl­ich auch Sanktionen gegeben habe. Ein aktueller Fall von Mobbing sei der CFL-Direktion nicht bekannt.

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Foto: Christophe Olinger Die Videoüberw­achung der CFL diene der Abschrecku­ng und der Beweissich­erung, nicht aber der Verhinderu­ng von Straftaten, so die CFL-Leitung.
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