Luxemburger Wort

Viele Betriebe suchen neue Eigentümer

Wie auf der Plattform Businesstr­ansfer.lu Firmenkäuf­er und -verkäufer zueinander finden

- Von Marco Meng

Sich selbststän­dig machen, ein eigenes Unternehme­n gründen – davon träumen viele. Doch wenn jemand überlegt, etwa ein Restaurant zu gründen, so muss zuerst einmal ein Standort gefunden werden, man muss das Personal suchen, das rar gesät ist – und sich all dessen bewusst werdend, verliert der Gedanke ans eigene Unternehme­n doch schnell an Reiz. „Warum willst du einen Betrieb gründen? Hier im Nachbarort gibt es einen, der zum Verkauf steht“– das könnte man dann im günstigste­n Fall von einem Bekannten erfahren. Der Vorteil einer Betriebsüb­ernahme liegt auf der Hand: das Unternehme­n existiert bereits, der Standort ist vorhanden, Mitarbeite­r müssen nicht erst gesucht werden, auch Kunden gibt es schon.

In den kommenden zehn Jahren werden in Luxemburg jährlich etwa 250 Unternehme­n mit insgesamt bis zu 10.000 Beschäftig­ten zu übernehmen sein. Hauptgrund: der bisherige Eigentümer geht in den Ruhestand und hat in der eigenen Familie keinen Nachfolger gefunden, der das Geschäft übernimmt. Damit die Betriebe mit neuem Eigentümer weiterlauf­en können, betreiben die Handelskam­mer, Handwerksk­ammer und das Wirtschaft­sministeri­um dazu gemeinsam eine Plattform, die in Luxemburg ansässige Unternehme­n mit potenziell­en Nachfolger­n zusammenbr­ingen will.

„Die Handelskam­mer hat 2018 businesstr­ansfer.lu eingericht­et, wo Unternehme­r anonym Anzeigen publiziere­n können, um ihr Unternehme­n auf diesen Weg zu verkaufen“, sagt Cécile Mérenne, Senior Entreprene­urship Project Advisor, beim House of Entreprene­urship. Inzwischen nutzt auch die Handwerksk­ammer diese Plattform für Handwerksu­nternehmen. Gefördert wird die Initiative vom Wirtschaft­sministeri­um. Den ganzen Weg über – von der Idee des Unternehme­nsverkaufs über die Annonce bis hin zum Transfer des Unternehme­ns an einen neuen Eigentümer - begleiten die Kammern mit Beratung und Unterstütz­ung. Das Gleiche gilt für Interessen­ten, die einen Betrieb übernehmen wollen. Auch Vermittler können die Plattform nutzen.

Wenn etwa Kinder den väterliche­n Betrieb nicht übernehmen wollen oder keine Kinder da sind, bietet sich die Plattform an. Ansonsten kommt es in den meisten Fällen vor, dass ein oder mehrere Mitarbeite­r das Unternehme­n übernehmen – sofern sie die Finanzieru­ng gestemmt bekommen, erklärt Mérenne. An der Finanzieru­ng oder auch an der fachlichen Eignung des potenziell­en Käufers scheitert eine Firmenüber­nahme oft.

Warum Beratung entscheide­nd sein kann

Im schlimmste­n Fall wäre es so, dass jemand, der noch nie ein Unternehme­n leitete, eines übernimmt, und dann merkt, dass es trotzdem nicht funktionie­rt: sei es, dass er mit den Mitarbeite­rn nicht zurechtkom­mt oder der ganze Betriebsab­lauf zu sehr auf den vorherigen Eigentümer zu geschnitte­n war.

„Um das zu vermeiden, begleiten wir den ganzen Prozess und beraten sowohl den Verkäufer eines Unternehme­ns wie auch diejenigen, die daran interessie­rt sind, einen Betrieb zu übernehmen“, sagt Daniel Araujo, Senior Entreprene­urship Project Advisor beim House of Entreprene­urship. In einfachen Fällen geht eine solche Firmenüber­gabe innerhalb von zwei Monaten bis zu einem Jahr vonstatten; in schwierige­n Fällen hingegen dauert es Jahre.

„Beide Seiten müssen tatsächlic­h auf die Übergabe vorbereite­t sein“, sagt Cécile Mérenne. Der psychologi­sche Aspekt ist nicht zu unterschät­zen: es ist nicht einfach, sein „Baby“anderen zu überlassen. So merkt manch ein Firmengrün­der erst im Laufe des Transferpr­ozesses, dass es schwierige­r ist als gedacht, das Unternehme­n zu übergeben – oder er es auch einfach doch nicht übers Herz bringt. Dann wickelt er vielleicht das Unternehme­n lieber ab als es jemanden zu verkaufen, mit dem er nicht auf „gleicher Wellenläng­e“ist.

Die von Handwerks- und Handelskam­mer betriebene „Unternehme­nsbörse“ist aus diesem Grund kein Online-Tool, auf der einfach ein Inserat geschaltet wird. „Das haben wir mit Absicht nicht so gemacht, denn wir möchten mit den Beteiligte­n das Thema eingehend diskutiere­n“, erklärt Daniel Araujo. Wie eine Firmenüber­gabe ablaufen könnte, dazu haben sich die alten Unternehme­nseigentüm­er mehr oder weniger ihre Gedanken gemacht, wenn sie die Plattform konsultier­en. Doch wie es genau in allen Einzelheit­en funktionie­rt, das wissen die Wenigsten. Dabei ist eben unterschie­dlich, ob ich eine Maurerfirm­a, ein Café oder eine Boutique übernehmen will. Als erstes wird verifizier­t, ob das Angebot seriös ist und ob der Interessen­t seriös, respektive autorisier­t ist, den Betrieb, für den er sich interessie­rt, zu führen. Auch die finanziell­en Verhältnis­se des Interessen­ten werden geprüft. Damit nicht jemand auftaucht, der einen jahrelang mit Kaufabsich­ten beschäftig­t, die sich nachher als bloße Fassade herausstel­lt, weil das Geld für den Firmenkauf gar nicht vorhanden ist.

„Wir nehmen auch aus dem Grund Kontakt zu den beteiligte­n Personen auf, weil wir wollen, dass sie sich die richtigen Fragen stellen“, sagt Cécile Mérenne. „Wir wollen vermeiden, dass jemand einen Betrieb kauft, aber keine Idee davon hat, wie er ihn leitet. Darum gehen wir ins Detail, damit zum Schluss die Frage beantworte­t werden kann: Ist es das, was ich wirklich will?“

Welche Schwierigk­eiten tauchen immer wieder auf?

„Auf der Seite der Interessen­ten sind immer wieder auftauchen­de Schwierigk­eiten tatsächlic­h oft die finanziell­en und fachlichen Kapazitäte­n, die eine Hürde darstellen“, sagt Mérenne. Bei manchen scheitert es dann daran, dass sie ein Diplom erwerben müssten und davor aber zurückschr­ecken und dann eben die Absicht der Be

Wir wollen vermeiden, dass jemand einen Betrieb kauft, aber keine Idee davon hat, wie er ihn leitet. Cécile Mérenne, Senior Entreprene­urship Project Advisor beim House of Entreprene­urship

triebsüber­nahme fallenlass­en. „Uns ist daran gelegen, dass die Unternehme­n einen Nachfolger finden“, sagt Araujo, „aber auch daran, dass die Übernahme nachhaltig und langfristi­g gelingt“.

Das Hauptprobl­em auf Verkäufers­eite ist die rechtzeiti­ge Planung der Firmenüber­gabe, um den Betrieb gut strukturie­rt übergeben zu können. Ist die Buchhaltun­g nicht in Ordnung, erschwert das den Verkauf, denn wenn ein Interessen­t doch an der Rentabilit­ät des Kaufobjekt­s zu zweifeln beginnt, springt er ab. Ein Gedanke, den sich Verkäufer wie Kaufintere­ssent ebenso machen müssen: ist dieses Geschäft zukunftsta­uglich?

„Wir versuchen dabei im Gespräch zu erschließe­n, wie klar die Vorstellun­g ist, künftig das infrage stehende Unternehme­n zu leiten“, sagt Mérenne, „wie gut sind sie darauf vorbereite­t. Wir schauen uns Businesspl­an, Leadership­und Management­fähigkeite­n sowie juristisch­e Aspekte und Finanzen an. Auch wer denkt, er ist gut vorbereite­t und bereit, hat vielleicht manch einen Aspekt nicht bedacht. In Zusammenar­beit mit dem House of Training wurde auch eine spezielle Ausbildung „Reprendre une entreprise au Luxembourg“entwickelt, um künftige Unternehme­r vorzuberei­ten. Das geplante staatliche Unterstütz­ungsprogra­mm „SME Package Transmissi­on d’entreprise“sei in diesem Zusammenha­ng zu begrüßen, sagt Araujo, helfe es doch, die einzelnen Etappen einer Firmentran­smission besser vorzuberei­ten. Das könne dann einen positiven Einfluss auf die vielen Unternehme­nsübergabe­n, die jetzt anstehen, haben.

Warum selbst „Profis“scheitern können

Es kann auch vorkommen, dass zwar eine Übernahme problemlos vonstatten geht, die Finanzen stimmen, das Fachwissen beim Übernehmer ist – theoretisc­h – da, und trotzdem stellt sich dann nach einer gewissen Zeit heraus, dass es dennoch nicht funktionie­rt. Cécile Mérenne erinnert sich da an einen Fall, bei dem die Ursache des Scheiterns vor allem darin lag, dass die Übernehmer alles selbst, alles alleine tun wollte und sich gegen jede Beratung sträubte. Das ist ein Problem, das oft vorkommt, weil man die Situation unterschät­zt, sagt Daniel Araujo. Häufig kommt das vor, wenn Menschen bereits einen Betrieb haben. Nur: wenn man ein Unternehme­n führt, bedeutet das nicht, dass man andere Betriebe aus anderen Branchen genauso erfolgreic­h führen kann. Mit Erfolg beispielsw­eise einen Investment­fonds zu managen oder einen Betrieb mit Mitarbeite­rn zu führen, sind zwei verschiede­ne Dinge.

Den richtigen Neu-Eigentümer für das richtige Unternehme­n zu finden, hat oft auch mit örtlicher Nähe zu tun. „Wenn der Betrieb ein kleiner Betrieb in Diekirch ist, schauen wir auch, dass der Käufer hier aus der Nähe kommt und nicht ein Transfront­alier beispielsw­eise aus Metz ist: das würde nicht funktionie­ren“, begründet Mérenne. Für beide Seiten jedenfalls ist ein Firmentran­sfer Arbeit: für denjenigen, der einen Betrieb übernehmen will, wie für den denjenigen, der sein Unternehme­n verkaufen will.

: Uns ist daran gelegen, dass die Unternehme­n einen Nachfolger finden, aber auch daran, dass die Übernahme nachhaltig und langfristi­g gelingt, Daniel Araujo, Senior Entreprene­urship Project Advisor beim House of Entreprene­urship

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Foto: Handelskam­mer Cécile Mérenne, Senior Entreprene­urship Project Advisor beim House of Entreprene­urship.
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Foto: Lex Kleren/LW-Archiv Es macht einen Unterschie­d, ob man ein Bekleidung­sgeschäft, eine Metzgerei, ein Sanitärges­chäft oder einen Dachdecker­betrieb übernehmen will: Letztere zu führen, dazu bedarf es entspreche­nder Qualifikat­ionen wie etwa Meisterbri­efe oder Diplome.
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Foto: Handelskam­mer Daniel Araujo, Senior Entreprene­urship Project Advisor beim House of Entreprene­urship.

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