Viele Betriebe suchen neue Eigentümer
Wie auf der Plattform Businesstransfer.lu Firmenkäufer und -verkäufer zueinander finden
Sich selbstständig machen, ein eigenes Unternehmen gründen – davon träumen viele. Doch wenn jemand überlegt, etwa ein Restaurant zu gründen, so muss zuerst einmal ein Standort gefunden werden, man muss das Personal suchen, das rar gesät ist – und sich all dessen bewusst werdend, verliert der Gedanke ans eigene Unternehmen doch schnell an Reiz. „Warum willst du einen Betrieb gründen? Hier im Nachbarort gibt es einen, der zum Verkauf steht“– das könnte man dann im günstigsten Fall von einem Bekannten erfahren. Der Vorteil einer Betriebsübernahme liegt auf der Hand: das Unternehmen existiert bereits, der Standort ist vorhanden, Mitarbeiter müssen nicht erst gesucht werden, auch Kunden gibt es schon.
In den kommenden zehn Jahren werden in Luxemburg jährlich etwa 250 Unternehmen mit insgesamt bis zu 10.000 Beschäftigten zu übernehmen sein. Hauptgrund: der bisherige Eigentümer geht in den Ruhestand und hat in der eigenen Familie keinen Nachfolger gefunden, der das Geschäft übernimmt. Damit die Betriebe mit neuem Eigentümer weiterlaufen können, betreiben die Handelskammer, Handwerkskammer und das Wirtschaftsministerium dazu gemeinsam eine Plattform, die in Luxemburg ansässige Unternehmen mit potenziellen Nachfolgern zusammenbringen will.
„Die Handelskammer hat 2018 businesstransfer.lu eingerichtet, wo Unternehmer anonym Anzeigen publizieren können, um ihr Unternehmen auf diesen Weg zu verkaufen“, sagt Cécile Mérenne, Senior Entrepreneurship Project Advisor, beim House of Entrepreneurship. Inzwischen nutzt auch die Handwerkskammer diese Plattform für Handwerksunternehmen. Gefördert wird die Initiative vom Wirtschaftsministerium. Den ganzen Weg über – von der Idee des Unternehmensverkaufs über die Annonce bis hin zum Transfer des Unternehmens an einen neuen Eigentümer - begleiten die Kammern mit Beratung und Unterstützung. Das Gleiche gilt für Interessenten, die einen Betrieb übernehmen wollen. Auch Vermittler können die Plattform nutzen.
Wenn etwa Kinder den väterlichen Betrieb nicht übernehmen wollen oder keine Kinder da sind, bietet sich die Plattform an. Ansonsten kommt es in den meisten Fällen vor, dass ein oder mehrere Mitarbeiter das Unternehmen übernehmen – sofern sie die Finanzierung gestemmt bekommen, erklärt Mérenne. An der Finanzierung oder auch an der fachlichen Eignung des potenziellen Käufers scheitert eine Firmenübernahme oft.
Warum Beratung entscheidend sein kann
Im schlimmsten Fall wäre es so, dass jemand, der noch nie ein Unternehmen leitete, eines übernimmt, und dann merkt, dass es trotzdem nicht funktioniert: sei es, dass er mit den Mitarbeitern nicht zurechtkommt oder der ganze Betriebsablauf zu sehr auf den vorherigen Eigentümer zu geschnitten war.
„Um das zu vermeiden, begleiten wir den ganzen Prozess und beraten sowohl den Verkäufer eines Unternehmens wie auch diejenigen, die daran interessiert sind, einen Betrieb zu übernehmen“, sagt Daniel Araujo, Senior Entrepreneurship Project Advisor beim House of Entrepreneurship. In einfachen Fällen geht eine solche Firmenübergabe innerhalb von zwei Monaten bis zu einem Jahr vonstatten; in schwierigen Fällen hingegen dauert es Jahre.
„Beide Seiten müssen tatsächlich auf die Übergabe vorbereitet sein“, sagt Cécile Mérenne. Der psychologische Aspekt ist nicht zu unterschätzen: es ist nicht einfach, sein „Baby“anderen zu überlassen. So merkt manch ein Firmengründer erst im Laufe des Transferprozesses, dass es schwieriger ist als gedacht, das Unternehmen zu übergeben – oder er es auch einfach doch nicht übers Herz bringt. Dann wickelt er vielleicht das Unternehmen lieber ab als es jemanden zu verkaufen, mit dem er nicht auf „gleicher Wellenlänge“ist.
Die von Handwerks- und Handelskammer betriebene „Unternehmensbörse“ist aus diesem Grund kein Online-Tool, auf der einfach ein Inserat geschaltet wird. „Das haben wir mit Absicht nicht so gemacht, denn wir möchten mit den Beteiligten das Thema eingehend diskutieren“, erklärt Daniel Araujo. Wie eine Firmenübergabe ablaufen könnte, dazu haben sich die alten Unternehmenseigentümer mehr oder weniger ihre Gedanken gemacht, wenn sie die Plattform konsultieren. Doch wie es genau in allen Einzelheiten funktioniert, das wissen die Wenigsten. Dabei ist eben unterschiedlich, ob ich eine Maurerfirma, ein Café oder eine Boutique übernehmen will. Als erstes wird verifiziert, ob das Angebot seriös ist und ob der Interessent seriös, respektive autorisiert ist, den Betrieb, für den er sich interessiert, zu führen. Auch die finanziellen Verhältnisse des Interessenten werden geprüft. Damit nicht jemand auftaucht, der einen jahrelang mit Kaufabsichten beschäftigt, die sich nachher als bloße Fassade herausstellt, weil das Geld für den Firmenkauf gar nicht vorhanden ist.
„Wir nehmen auch aus dem Grund Kontakt zu den beteiligten Personen auf, weil wir wollen, dass sie sich die richtigen Fragen stellen“, sagt Cécile Mérenne. „Wir wollen vermeiden, dass jemand einen Betrieb kauft, aber keine Idee davon hat, wie er ihn leitet. Darum gehen wir ins Detail, damit zum Schluss die Frage beantwortet werden kann: Ist es das, was ich wirklich will?“
Welche Schwierigkeiten tauchen immer wieder auf?
„Auf der Seite der Interessenten sind immer wieder auftauchende Schwierigkeiten tatsächlich oft die finanziellen und fachlichen Kapazitäten, die eine Hürde darstellen“, sagt Mérenne. Bei manchen scheitert es dann daran, dass sie ein Diplom erwerben müssten und davor aber zurückschrecken und dann eben die Absicht der Be
Wir wollen vermeiden, dass jemand einen Betrieb kauft, aber keine Idee davon hat, wie er ihn leitet. Cécile Mérenne, Senior Entrepreneurship Project Advisor beim House of Entrepreneurship
triebsübernahme fallenlassen. „Uns ist daran gelegen, dass die Unternehmen einen Nachfolger finden“, sagt Araujo, „aber auch daran, dass die Übernahme nachhaltig und langfristig gelingt“.
Das Hauptproblem auf Verkäuferseite ist die rechtzeitige Planung der Firmenübergabe, um den Betrieb gut strukturiert übergeben zu können. Ist die Buchhaltung nicht in Ordnung, erschwert das den Verkauf, denn wenn ein Interessent doch an der Rentabilität des Kaufobjekts zu zweifeln beginnt, springt er ab. Ein Gedanke, den sich Verkäufer wie Kaufinteressent ebenso machen müssen: ist dieses Geschäft zukunftstauglich?
„Wir versuchen dabei im Gespräch zu erschließen, wie klar die Vorstellung ist, künftig das infrage stehende Unternehmen zu leiten“, sagt Mérenne, „wie gut sind sie darauf vorbereitet. Wir schauen uns Businessplan, Leadershipund Managementfähigkeiten sowie juristische Aspekte und Finanzen an. Auch wer denkt, er ist gut vorbereitet und bereit, hat vielleicht manch einen Aspekt nicht bedacht. In Zusammenarbeit mit dem House of Training wurde auch eine spezielle Ausbildung „Reprendre une entreprise au Luxembourg“entwickelt, um künftige Unternehmer vorzubereiten. Das geplante staatliche Unterstützungsprogramm „SME Package Transmission d’entreprise“sei in diesem Zusammenhang zu begrüßen, sagt Araujo, helfe es doch, die einzelnen Etappen einer Firmentransmission besser vorzubereiten. Das könne dann einen positiven Einfluss auf die vielen Unternehmensübergaben, die jetzt anstehen, haben.
Warum selbst „Profis“scheitern können
Es kann auch vorkommen, dass zwar eine Übernahme problemlos vonstatten geht, die Finanzen stimmen, das Fachwissen beim Übernehmer ist – theoretisch – da, und trotzdem stellt sich dann nach einer gewissen Zeit heraus, dass es dennoch nicht funktioniert. Cécile Mérenne erinnert sich da an einen Fall, bei dem die Ursache des Scheiterns vor allem darin lag, dass die Übernehmer alles selbst, alles alleine tun wollte und sich gegen jede Beratung sträubte. Das ist ein Problem, das oft vorkommt, weil man die Situation unterschätzt, sagt Daniel Araujo. Häufig kommt das vor, wenn Menschen bereits einen Betrieb haben. Nur: wenn man ein Unternehmen führt, bedeutet das nicht, dass man andere Betriebe aus anderen Branchen genauso erfolgreich führen kann. Mit Erfolg beispielsweise einen Investmentfonds zu managen oder einen Betrieb mit Mitarbeitern zu führen, sind zwei verschiedene Dinge.
Den richtigen Neu-Eigentümer für das richtige Unternehmen zu finden, hat oft auch mit örtlicher Nähe zu tun. „Wenn der Betrieb ein kleiner Betrieb in Diekirch ist, schauen wir auch, dass der Käufer hier aus der Nähe kommt und nicht ein Transfrontalier beispielsweise aus Metz ist: das würde nicht funktionieren“, begründet Mérenne. Für beide Seiten jedenfalls ist ein Firmentransfer Arbeit: für denjenigen, der einen Betrieb übernehmen will, wie für den denjenigen, der sein Unternehmen verkaufen will.
: Uns ist daran gelegen, dass die Unternehmen einen Nachfolger finden, aber auch daran, dass die Übernahme nachhaltig und langfristig gelingt, Daniel Araujo, Senior Entrepreneurship Project Advisor beim House of Entrepreneurship