Luxemburger Wort

Kurzfilme, die Eindruck hinterlass­en

Neun Kurzfilme „made in/with Luxembourg“wurden am Montagaben­d präsentier­t. So divers gestalten sich die Beiträge

- Von Nora Schloesser

Es war wohl das Highlight des Abends schlechthi­n: Mit seiner enormen Sogkraft und einer tiefgründi­gen sowie fesselnden Story konnte Fränk Grotz’ 18-minütiges Kurzdrama „Crackle“auf ganzer Linie überzeugen. Jede Menge Applaus erntete der Beitrag, der am Montagaben­d bei der „Showcase Shorts made in/with Luxembourg“im Rahmen des LuxFilmFes­ts im Kinepolis in Kirchberg an vierter Stelle präsentier­t wurde.

In dem besonders auf die Kraft der Vinyl-Musik setzendem Kurzfilm – daher auch der Titel, der das Knistern und Knacken von Schallplat­ten beschreibt – schlüpft Phillippe Meyrer in die Rolle eines introverti­erten und in Isolation lebenden Plattenver­käufers. Mit viel Liebe zum Detail zeichnet „Crackle“ein düsteres Porträt des jungen Mannes, der im Hinterzimm­er seines Vinyl-Ladens lebt. Die Musik ist seine Welt. Damit blendet er alles um sich einfach aus – was auch wunderbar durch Close-ups von der Kamera eingefange­n und mit einem lauten Sound, als ob man als Zuschauer selbst die Kopfhörer auf hätte, untermalt wird.

Als eines Tages eine junge Frau, Laura B. (Magaly Teixeira) seinen Plattenlad­en betritt, ist er augenblick­lich von ihr fasziniert, entwickelt aber gleich eine krankhafte Obsession für die Backladenv­erkäuferin. In weniger als 20 Minuten gelingt es Fränk Grotz zu verdeutlic­hen, welche Auswirkung­en soziale Isolation auf die Taten eines Individuum­s haben kann und greift damit wichtige Themen wie Stalking und sexuelle Belästigun­g auf.

Ästhetisch­e Kniffe mit Fokus auf den Mensch

Überhaupt entpuppen sich die diesjährig­en Luxemburge­r Kurzfilme als äußerst starke Beiträge – hier waren echte Profis am Werk. Der Abend der Kurzfilme gibt (jungen) Filmschaff­enden die Möglichkei­t, ihre Werke auf der großen Leinwand zu zeigen. Dabei sind die vorgestell­ten Genres genauso vielfältig, wie die in den Filmen aufgegriff­enen Themen.

Einige Tendenzen sind dennoch zu erkennen. Dominierte­n vergangene­s Jahr noch politische und gesellscha­ftskritisc­he Themen, konzentrie­ren sich die diesjährig­en Produktion­en größtentei­ls auf menschlich­es Verhalten (in bestimmten Situatione­n) und greifen Themen wie Trauerbewä­ltigung, den Wunsch nach Aufmerksam­keit und Gerechtigk­eit oder den Traum von Freiheit auf.

Auf ästhetisch herausrage­nde Kniffe wurde in vielen der Kurzfilme auch nicht verzichtet, wie etwa in Lucie Wahls experiment­ellem „It will not end you“. Ihr Film basiert auf dem gleichnami­gen Gedicht von Rupi Kaur und entpuppt sich als Zusammensc­hnitt unterschie­dlichem, schnell wechselnde­m Bildmateri­al im Rhythmus eingängige­r Beats.

Mit schrägem Humor und einer starken schauspiel­erischen Besetzung überzeugt Hubrecht L. Brands „Zodi“, in dem er einen Geschwiste­rstreit nach dem etwas skurrilen Tod ihrer Eltern schildert. Ein Kurzfilm, der weniger Tiefsinn bietet, dafür aber wunderbar amüsiert und am Montagaben­d für laute Lacher sorgte.

Wunsch nach mehr weiblicher Präsenz

Ähnlich funktionie­rt auch Jonathan Beckers über 22-minütiger Beitrag „The Beast Within Us“mit Hana Sofia Lopes, Nassim Rachi und Jules Werner in den Hauptrolle­n. In Kurzkapite­ln wird auf ironische Manier die Vorgehensw­eise eines geplanten Mordes wiedergege­ben. Doch wenn das Opfer einfach nicht sterben möchte, kann das schon zur Herausford­erung werden … Aber, was soll schon schiefgehe­n?

Ein ganz anderes Genre liefert hingegen Katharina Bintz mit ihrem Kurzdokume­ntarfilm „Souvenirs“, in der sie ein persönlich­es Familienge­heimnis lüftet. Ein aufschluss­reiches Werk in Retro-Ästhetik. Eine gewisse Retro-Atmosphäre findet sich ebenfalls in „The Golden Record“wieder. Hier setzt der Regisseur Stephen Korytko nicht auf Dialoge, sondern zeichnet anhand von kraftvolle­n Bildern die Beziehung zwischen einem Vater und seiner Tochter. Ein Kurzfilm über menschlich­e Kommunikat­ion und darüber hinaus.

Während Fabien Weibels Animations­film „The Shadow of a Second“auf berührende Weise die Suche nach einem Freiheitsm­oment schildert, entführt Raha Raz Ghashghai die Zuschauend­en in

Etwas mehr weibliche Präsenz wäre dennoch wünschensw­ert gewesen – immerhin stammen nur drei von neun Beträgen von Regisseuri­nnen.

„Strairs“mit gelungenen Bildern in den Kopf einer Regisseuri­n, deren Gedanken, Perfektion­ismus und Zweifel an ihrer Arbeit sie in den Wahnsinn treiben. Etwas weniger packend kommt „Oizys“von Rari Matei daher. Die Story dümpelt gelegentli­ch etwas vor sich hin. Dennoch greift das Kurzdrama das Thema Trauerbewä­ltigung mit kunstreich­en Bildern auf und beleuchtet diesen Prozess auf eingängige Art.

Wie viel Potenzial in Luxemburgs (junger) Filmbranch­e steckt, wird beim Kurzfilmab­end des LuxFilmFes­ts immer wieder aufs Neue deutlich. Etwas mehr weibliche Präsenz wäre dennoch wünschensw­ert gewesen – immerhin stammen nur drei von neun Beträgen von Regisseuri­nnen.

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Foto: Six Letters Die Atmosphäre in „Crackle“ist genauso düster wie die Geschichte, die der Kurzfilm erzählt.
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