Großes Rätselraten um die Sparmaßnahmen
Die Regierung will das Investitionsniveau des Staates hochhalten und nebenbei sparen. Doch wo genau, das haben die Oppositionspolitiker gestern vermisst
Eigentlich läuft es jedes Jahr immer gleich. Mehrheitsparteien jubeln dem Budget der Regierung zu, die Opposition übt sich in Kritik. Dieses Jahr war es nach der Budget-Rede von Finanzminister Gilles Roth (CSV) vor der Chamber nicht anders.
„Wir fragen uns, ob uns nicht ein Wolf im Schafspelz verkauft wird“, zeigte sich die grüne Sprecherin Sam Tanson besorgt über die Ankündigungen Roths gestern vor der Chamber. Zwar wurden von der Regierung in den letzten Wochen und auch in Roths Rede Sparmaßnahmen angepeilt – wo allerdings genau gespart werden soll, das hat niemand aus der Opposition so richtig verstanden. „Auf der einen Seite wird von Sparen geredet, auf der anderen Seite werden mit der Senkung der Betriebssteuer die Einnahmen reduziert. Entweder man sagt uns nicht alles, oder es wird wieder Voodoo-economics betrieben“, kritisiert Tanson.
Auch beim Thema Armut enttäuscht die Budget-Rede. Die Regierung habe sich die Armutsbekämpfung bei den Koalitionsverhandlungen in Senningen noch groß auf die Fahne geschrieben, im Budget sei jedoch keine konkrete Maßnahme genannt worden, betont Tanson.
Dem pflichtet die Fraktionschefin der LSAP, Taina Bofferding, bei. Es fehle bei der Armutsbekämpfung an „großen Akzenten“. Ein Budget sei nicht nur Zahlenmaterial, sondern müsse die soziale Kohäsion im Land stärken. Das sei hier nicht der Fall. „Nach den Diskussionen der letzten Wochen über die Armut hätten wir uns etwas Konkreteres gewünscht“, bemängelt Bofferding.
Insgesamt entpuppe sich der von Schwarz-Blau angepriesene „neue Schwung“für Luxemburg als bloße Kontinuität. „Es wurde nicht viel Neues vorgesehen“. Die LSAP begrüße zwar, dass das Investitionsniveau hochgehalten werde, damit sei die CSV-DP-Regierung jedoch weit weg von einer Austeritätspolitik, so Bofferding.
Beim Logement „massiv“versagt
Dass es nicht zu den angekündigten Sparmaßnahmen kommen werde, das haben sich unter anderem die Piraten schon gedacht, gibt Piratensprecher Sven Clement nach der Budget-Rede zu. „Es war klar, dass sie vor den EUWahlen nicht mit Sparmaßnahmen daherkommen. Vielleicht wird die Austeritätspolitik dann auf das nächste Jahr verschoben.“Vor allem beim Logement habe die Regierung massiv versagt. „Keine einzige Maßnahme für Mieter wurde in der Rede genannt“, bemängelt Clement. Zwar mache die Regierung immer wieder konkrete Versprechen, wie sie den Finanzsektor unterstützen wollen, bei den Schwächsten würde es bei Lippenbekenntnissen bleiben.
Eines musste die Opposition dem Budget trotz aller Kritik jedoch lassen: „Es ist kein Budget, das alles zerschlagen wird und es ist auch kein Thatcher-Budget“, gestand Déi Lénk-Abgeordneter David Wagner. Die Ankündigungen würden ihn aber nicht wundern. „Das war bei einer liberalen
Regierung zu erwarten.“Zu wenig konkret seien die Ankündigungen bisher gewesen, um viel darüber aussagen zu können. Man müsse schauen, wie die Ausgaben sich auf Dauer entwickeln. Vor allem bei Klima und Energie: In dem Bereich sollen die Investitionen bis 2025 steigen – danach stagnieren sie. „Was danach kommt, wissen wir nicht“, so Wagner. Beim Logement würde Schwarz-Blau ein „service minmal“anbieten und einfach schauen, dass der Privatsektor sich stärker beteiligt. „Die öffentliche Hand übergibt damit die Verantwortung ab.“
Es ist kein Budget, das alles zerschlagen wird und es ist auch kein Thatcher-Budget. David Wagner, Déi Lénk
Wir fragen uns, ob uns nicht ein Wolf im Schafspelz verkauft wird. Sam Tanson, Déi Gréng
„Eine Milliarde Euro Defizit ist nichts, womit man angeben kann“
Obwohl die Opposition sich skeptisch darüber zeigte, wo genau Roth gedenkt zu sparen, gab es doch eine Partei, die eine andere Kritik an den Sparplänen hatte: die ADR. Der Partei gehen die Sparmaßnahmen nicht weit genug. Fraktionschef Fred Keup spricht hier sogar von einem „Budget vom Minus“. Die Ankündigungen Roths seien enttäuschend, weil weiter Schuldenpolitik auf Kosten der nächsten Generation geführt werde. „Wo unsere Regierung mit unserem Land genau hin will, sehe ich nicht. Es ist ein Budget ohne jegliche Ambitionen“, so die Kritik Keups. Dass die Regierung per se Schulden macht, sei hier nicht das Problem, doch „eine Milliarde Euro Defizit ist nichts, womit man angeben kann“.
Wo jetzt schlussendlich Sparpotenzial herrscht, das konnte selbst der Koalitionspartner nach der Rede von CSV-Finanzminister Gilles Roth nicht genau benennen. Auf die Nachfrage der Journalisten sagte der DP-Politiker André Bauler: „Sparen ist ein Wort, das nicht gut ankommt, man kann aber die Funktionskosten des Staates hinterfragen.“Es sei wichtig, die Schulden des Staates in den Griff zu bekommen, und die 30 Prozent-Schwelle nicht zu überschreiten. Damit solle das Triple A auch in Zukunft sichergestellt werden. „Das soll aber kein Fetischismus sein“, fügt Bauler hinzu. Die Regierung solle jedoch die Staatsfinanzen nicht aus den Augen verlieren.