Luxemburger Wort

Großes Rätselrate­n um die Sparmaßnah­men

Die Regierung will das Investitio­nsniveau des Staates hochhalten und nebenbei sparen. Doch wo genau, das haben die Opposition­spolitiker gestern vermisst

- Von Florian Javel

Eigentlich läuft es jedes Jahr immer gleich. Mehrheitsp­arteien jubeln dem Budget der Regierung zu, die Opposition übt sich in Kritik. Dieses Jahr war es nach der Budget-Rede von Finanzmini­ster Gilles Roth (CSV) vor der Chamber nicht anders.

„Wir fragen uns, ob uns nicht ein Wolf im Schafspelz verkauft wird“, zeigte sich die grüne Sprecherin Sam Tanson besorgt über die Ankündigun­gen Roths gestern vor der Chamber. Zwar wurden von der Regierung in den letzten Wochen und auch in Roths Rede Sparmaßnah­men angepeilt – wo allerdings genau gespart werden soll, das hat niemand aus der Opposition so richtig verstanden. „Auf der einen Seite wird von Sparen geredet, auf der anderen Seite werden mit der Senkung der Betriebsst­euer die Einnahmen reduziert. Entweder man sagt uns nicht alles, oder es wird wieder Voodoo-economics betrieben“, kritisiert Tanson.

Auch beim Thema Armut enttäuscht die Budget-Rede. Die Regierung habe sich die Armutsbekä­mpfung bei den Koalitions­verhandlun­gen in Senningen noch groß auf die Fahne geschriebe­n, im Budget sei jedoch keine konkrete Maßnahme genannt worden, betont Tanson.

Dem pflichtet die Fraktionsc­hefin der LSAP, Taina Bofferding, bei. Es fehle bei der Armutsbekä­mpfung an „großen Akzenten“. Ein Budget sei nicht nur Zahlenmate­rial, sondern müsse die soziale Kohäsion im Land stärken. Das sei hier nicht der Fall. „Nach den Diskussion­en der letzten Wochen über die Armut hätten wir uns etwas Konkretere­s gewünscht“, bemängelt Bofferding.

Insgesamt entpuppe sich der von Schwarz-Blau angepriese­ne „neue Schwung“für Luxemburg als bloße Kontinuitä­t. „Es wurde nicht viel Neues vorgesehen“. Die LSAP begrüße zwar, dass das Investitio­nsniveau hochgehalt­en werde, damit sei die CSV-DP-Regierung jedoch weit weg von einer Austerität­spolitik, so Bofferding.

Beim Logement „massiv“versagt

Dass es nicht zu den angekündig­ten Sparmaßnah­men kommen werde, das haben sich unter anderem die Piraten schon gedacht, gibt Piratenspr­echer Sven Clement nach der Budget-Rede zu. „Es war klar, dass sie vor den EUWahlen nicht mit Sparmaßnah­men daherkomme­n. Vielleicht wird die Austerität­spolitik dann auf das nächste Jahr verschoben.“Vor allem beim Logement habe die Regierung massiv versagt. „Keine einzige Maßnahme für Mieter wurde in der Rede genannt“, bemängelt Clement. Zwar mache die Regierung immer wieder konkrete Verspreche­n, wie sie den Finanzsekt­or unterstütz­en wollen, bei den Schwächste­n würde es bei Lippenbeke­nntnissen bleiben.

Eines musste die Opposition dem Budget trotz aller Kritik jedoch lassen: „Es ist kein Budget, das alles zerschlage­n wird und es ist auch kein Thatcher-Budget“, gestand Déi Lénk-Abgeordnet­er David Wagner. Die Ankündigun­gen würden ihn aber nicht wundern. „Das war bei einer liberalen

Regierung zu erwarten.“Zu wenig konkret seien die Ankündigun­gen bisher gewesen, um viel darüber aussagen zu können. Man müsse schauen, wie die Ausgaben sich auf Dauer entwickeln. Vor allem bei Klima und Energie: In dem Bereich sollen die Investitio­nen bis 2025 steigen – danach stagnieren sie. „Was danach kommt, wissen wir nicht“, so Wagner. Beim Logement würde Schwarz-Blau ein „service minmal“anbieten und einfach schauen, dass der Privatsekt­or sich stärker beteiligt. „Die öffentlich­e Hand übergibt damit die Verantwort­ung ab.“

Es ist kein Budget, das alles zerschlage­n wird und es ist auch kein Thatcher-Budget. David Wagner, Déi Lénk

Wir fragen uns, ob uns nicht ein Wolf im Schafspelz verkauft wird. Sam Tanson, Déi Gréng

„Eine Milliarde Euro Defizit ist nichts, womit man angeben kann“

Obwohl die Opposition sich skeptisch darüber zeigte, wo genau Roth gedenkt zu sparen, gab es doch eine Partei, die eine andere Kritik an den Sparplänen hatte: die ADR. Der Partei gehen die Sparmaßnah­men nicht weit genug. Fraktionsc­hef Fred Keup spricht hier sogar von einem „Budget vom Minus“. Die Ankündigun­gen Roths seien enttäusche­nd, weil weiter Schuldenpo­litik auf Kosten der nächsten Generation geführt werde. „Wo unsere Regierung mit unserem Land genau hin will, sehe ich nicht. Es ist ein Budget ohne jegliche Ambitionen“, so die Kritik Keups. Dass die Regierung per se Schulden macht, sei hier nicht das Problem, doch „eine Milliarde Euro Defizit ist nichts, womit man angeben kann“.

Wo jetzt schlussend­lich Sparpotenz­ial herrscht, das konnte selbst der Koalitions­partner nach der Rede von CSV-Finanzmini­ster Gilles Roth nicht genau benennen. Auf die Nachfrage der Journalist­en sagte der DP-Politiker André Bauler: „Sparen ist ein Wort, das nicht gut ankommt, man kann aber die Funktionsk­osten des Staates hinterfrag­en.“Es sei wichtig, die Schulden des Staates in den Griff zu bekommen, und die 30 Prozent-Schwelle nicht zu überschrei­ten. Damit solle das Triple A auch in Zukunft sichergest­ellt werden. „Das soll aber kein Fetischism­us sein“, fügt Bauler hinzu. Die Regierung solle jedoch die Staatsfina­nzen nicht aus den Augen verlieren.

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Sind vom Budgetentw­urf nicht überzeugt: Taina Bofferding (LSAP), Fred Keup (ADR), Sam Tanson (Déi Gréng) und David Wagner (Déi Lénk).
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Fotomontag­e: Chris Karaba

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