„D’Land am Schiet“zeigt die Konflikte in einem Luxemburger Dorf
Lukas Grevis hat seinen Debütfilm über Radikalisierung im ländlichen Milieu gedreht. Morgen ist die Premiere in der Cinémathèque
In Lëtzweiler, einem fiktiven Dorf im Herzen Luxemburgs, versucht ein Kaffeehausangestellter ein Kulturzentrum für Flüchtlinge einzurichten. Das gefällt offenbar nicht allen. Eines Tages wird das Maskottchen des Dorfes, ein wilder Hund, am Waldrand erschossen. Dieses Ereignis führt zu einer Spaltung unter den Bewohnern …
So der Plot von „D’Land am Schiet“, einem luxemburgischen Film, der an diesem Freitag beim Luxembourg City Film Festival in der Sparte „Made in/with Luxembourg“gezeigt wird (um 16.30 Uhr in der Cinémathèque). Es ist auch der Debütfilm des jungen Luxemburger Filmemacher Lukas Grevis, der Regie führt und das Drehbuch geschrieben hat. Er beschäftigt sich in seinem Film mit dem Aufkommen des Extremismus in Europa und den manchmal im Keim erstickten Bemühungen, diesen zu bekämpfen. Es ist ein kompromissloser Blick des Filmemachers auf eine erschreckende Realität. Vorige Woche erreichten wir Lukas Grevis in seiner Wahlheimat Wien am Telefon.
„Mit 14 Jahren schon war ich als Schüler auf Filmdrehs, habe auch unter Freunden mit der Kamera experimentiert“, erzählt Lukas Grevis, der nach dem Abitur auf die Sarajevo Film Academy ging, eine renommierte Filmschule in Bosnien-Herzegowina. „Ich kam sehr spontan dazu, dort zu studieren, denn ursprünglich wollte ich eher nach London. Mein Vater aber hat in Serbien gearbeitet, und ich war mehrmals da und fand diesen Teil von Europa sehr spannend. Da bin ich dann auf die Akademie von Sarajevo gestoßen.“
Lukas Grevis war lange Zeit der einzige Luxemburger an der Filmakademie in Sarajevo. Mittlerweile hat auch Damir Mehic, ein Luxemburger mit bosnischen Wurzeln, der in Polen studiert und einige Filme in Bosnien gedreht hat. „Es gibt eine gewisse Überschneidung zwischen uns beiden, da er mit Schauspielern gearbeitet hat, die auch ich vor die Kamera geholt habe, Schauspieler in Bosnien und auch bosnische, die in Luxemburg leben“, so Grevis. Die Welt des Films ist halt doch sehr klein … Seit der Covid-Pandemie lebt Lukas Grevis nun in Wien, was auch seiner Freundin geschuldet ist, die ebenfalls dort ist. Und Wien liegt ganz passend zwischen dem Balkan und Luxemburg.
Kurzfilme, die der junge Regisseur während seines Studiums gedreht hat, wurden bei internationalen Festivals gezeigt und haben auch Filmpreise gewonnen. Vor drei Jahren entstand die Web-Mini-Serie „The Inside of the Outsider“, die die Radikalisierung unter Jugendlichen behandelt und als pädagogisches Tool in den Schulen gezeigt wird. Diese Serie, die auch auf Festivals und im Web lief, mit immerhin 8.000 Views, besteht aus fünf Kurzfilmen, hat auch filmische Qualität, was bei audiovisueller Schuldidaktik nicht unbedingt immer der Fall ist.
Musik der Luxemburger Szene
„D’Land am Schiet“ist Grevis‘ erster Langspielfilm und knüpft auch an seine vorausgegangene Mini-Serie an. „Diesmal habe ich dasselbe Thema in Form eines Langspielfilms angepackt“, erklärt der Filmemacher. Gedreht hat dasselbe Team, das auch die Web-Serie erstellt hat, es sind aber diesmal keine Laiendarsteller, sondern richtige Schauspieler. U. a. zu sehen sind Max Thommes, Marie Jung, Nora Koenig und Jil Devresse. Mit Pierre Bodry, 79 Jahre, ist auch der Mitbegründer des Théâtre du Centaure im Film, er spielt den Förster Frenz der Region, „eine sehr interessante Figur“, so Lukas Grevis. Das Szenario richtet sich an ein breites Publikum, nicht nur an Jugendliche, so wie das mit der Web-Serie der Fall war. Die Musiker Tun Biever von Tuys und die Rapper Maz & Maalen haben auch kleine Nebenrollen in diesem Film. Tom Biren und Felix Keiser haben die Filmmusik geschrieben, aber auch Musik aus der aktuellen Luxemburger Szene ist im Soundtrack dabei.
Gedreht wurde an zehn Drehtagen in Weicherdingen im Norden des Landes (Kanton Clerf). Die Geschichte spielt sich im ausklingenden Winter ab – das traditionelle Burgbrennen kommt im Film vor. „Wir drehten gut zwei Wochen da oben und waren mit der ganzen Mannschaft dort auch untergebracht“, erzählt Lukas Grevis.
Die Filmproduktion hat keine Unterstützung beim Film Fund Luxembourg angefragt. Geholfen haben aber die Fondation Sommer, das Kulturministerium, das Familienministerium und die Oeuvre GrandeDuchesse Charlotte. Die staatlichen Beihilfen waren geknüpft an den pädagogischen Aspekt dieses Filmprojektes. Jugendliche im Alter von 16 bis 20 Jahren aus der Großregion durften an zehn Tagen der Filmcrew in Weicherdingen über die Schulter schauen. Sie bekamen dabei auch Aufklärung über die Ausbildung, die Filmschulen, die Filmberufe und über das Filmthema selbst, also die Radikalisierung.
Im Juli 2023 war eine erste Fassung des Films fertig. Beim Fest Espinho in Portugal, einem Festival für junge Filmschaffende, wurde erstmals das Konzept des Films vorgestellt. Danach kam auch schnell die Zusage des Luxembourg City Film Festivals. „Wir hoffen, den Film aber noch auf weiteren internationalen Festivals zeigen zu dürfen“, so Grevis.
Er hat inzwischen seinen zweiten Langspielfilm abgedreht, „Apples & Pears“. Es ist ein Roadmovie über zwei Geschwister, die über Deitschland, Österreich, Ungarn und Bulgarien nach Griechenland reisen. Der Film ist in der Postproduktion, wird 2025 fertig sein und war in der Pitch-Session 3’52 bei diesem LuxFilmFest. Es spielen in diesem Film Margarida Domingos in der Hauptrolle sowie Jil Devresse, Max Thommes, Luc Schiltz, Sacha Ley, Sophie Mousel und Chaild.
: Es ist ein kompromissloser Blick des Filmemachers Lukas Grevis auf eine erschreckende Realität.