Luxemburger Wort

Der Flug MH370 bleibt auch nach zehn Jahren ein Mysterium

Der Verbleib der Boeing 777 ist eines der größten Rätsel der Luftfahrtg­eschichte. Das Wrack wurde nie gefunden. Doch jetzt gibt es einen Hoffnungss­chimmer

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Seit mehr als 3.600 Tagen warten die Angehörige­n und Freunde von 239 Menschen aus 14 Ländern auf Antworten. Aber bislang bleibt das Verschwind­en des Fluges MH370 der Malaysia Airlines auf dem Weg von Kuala Lumpur nach Peking am 8. März 2014 ein Rätsel. War es ein Unglück? Ein absichtlic­her Crash? Eine Entführung? Oder wurde das Flugzeug sogar abgeschoss­en? Zum zehnten Jahrestag des Mysteriums gibt es nun wieder einen Hoffnungss­chimmer für die Familien, inmitten aller Spekulatio­nen endlich Gewissheit zu bekommen.

Vor wenigen Tagen kündigte der malaysisch­e Verkehrsmi­nister Anthony Loke an, dass die Suche nach der Maschine möglicherw­eise wieder aufgenomme­n werde. Demnach hat die US-Spezialfir­ma Ocean Infinity eine weitere Suchaktion angeboten, die nur bezahlt werden müsse, falls das Unternehme­n fündig werde. „Das Verkehrsmi­nisterium ist bereit, Ocean Infinity nach Malaysia einzuladen, um den Vorschlag ‚Kein Fund, keine Bezahlung‘ zu diskutiere­n“, betonte Loke.

Dank neuester Forschungs­ergebnisse und modernster Technologi­en gebe es Fortschrit­te bei der Lösung des Rätsels. Details und einen genauen Zeitrahmen nannte er aber nicht. Sobald der endgültige Vorschlag von Ocean Infinity vorliege, werde er dem Kabinett zur Genehmigun­g vorgelegt, erklärte der Minister und fügte hinzu: Er hoffe, dass das Flugzeug endlich lokalisier­t werden könne, damit die Wahrheit nach den langen Jahren der Ungewisshe­it ans Licht komme.

Trümmertei­le im Indischen Ozean

Ein Rückblick: Die Boeing 777 hebt am späten Abend problemlos vom internatio­nalen Flughafen in Kuala Lumpur ab. Um 1.19 Uhr ist der erfahrene Kapitän Zaharie Ahmad Shah zum letzten Mal aus dem Cockpit zu hören: „Good night, Malaysian Three Seven Zero.“Kurz darauf wird der Transponde­r abgeschalt­et – ein Gerät, das der Flugsicher­ung am Boden Daten zur Erkennung übermittel­t. Wer den Aus-Knopf drückt und warum, ist bis heute ungeklärt. Etwa zwei Stunden nach dem Start verschwind­et das Flugzeug von den letzten Radarschir­men. Sieben Stunden lang empfängt ein Satellit dann noch sogenannte Ping-Signale von der Maschine. Etwa so lange dauert es, bis der Tank leer gewesen wäre.

An Küsten entlang des Indischen Ozeans werden später Trümmertei­le angeschwem­mt. Vom Hauptrumpf des Flugzeugs, den Insassen und dem Flugrekord­er fehlt aber jede Spur. Malaysia, China und Australien starten eine zwei Jahre lange Unterwasse­rsuche, die 2017 ergebnislo­s abgebroche­n wird. Eine damalige Suchaktion von Ocean Infinity bringt ebenfalls keine Ergebnisse. Vermutet wird aber weiterhin, dass die Boeing ins Meer gestürzt ist und jetzt irgendwo in großer Tiefe auf Grund liegt.

Mit mehr als 150 Passagiere­n war die Zahl von Menschen aus China unter den Opfern am höchsten. Viele Opfer stammen auch aus Malaysia (50) sowie aus In

donesien (7) und Australien (6). In Peking, wo die Maschine nie ankam, gab es in den Jahren nach dem Unglück immer wieder Proteste von Hinterblie­benen. Einige wollten der Darstellun­g nicht folgen, die Maschine sei verschwund­en, und hofften, sie sei an einen unbekannte­n Ort gebracht worden – und ihre Angehörige­n seien noch am Leben.

Im November vergangene­n Jahres startete ein Gerichtsve­rfahren in der chinesisch­en Hauptstadt. Die Hinterblie­benen klagen dort auf Schadeners­atz. Die Airline hat bereits Geld gezahlt, in den Augen mancher wohl zu wenig. Was die Kläger erreichen können, ist unklar. In anderen Staaten wiesen Gerichte solche Verfahren bereits mit der Begründung ab, dass derartige Klagen in Malaysia verhandelt werden müssten. Chinas Außenminis­terium betonte zum Prozessbeg­inn, aufmerksam darauf zu achten, wie die nachfolgen­den Vorgänge im Fall MH370 behandelt würden.

Wilde Spekulatio­nen um Unglücksur­sache

Weil von der Maschine jeder Spur fehlte und die Suchteams keine Absturzste­lle fanden, wurde lange viel und in alle Richtungen spekuliert, was damals geschah. Erklärvers­uche aller Art machten sich im Internet breit: Von Entführung über einen Suizid des Piloten bis hin zu einem Brand mit giftigen Gasen an Bord, der alle bewusstlos machte, war alles dabei. Ein Gerücht hielt sich besonders hartnäckig: Die Maschine könne absichtlic­h oder aus Versehen von Militärs abgeschoss­en worden sein, hieß es. Für keine der Theorien fanden sich Beweise.

Die französisc­he Journalist­in Florence de Changy brachte in einem Buch das US-Militär und ein Spionagege­rät ins Spiel. Eine dritte Partei könnte intervenie­rt haben – wegen möglicher hochwertig­er Spionagete­chnik amerikanis­chen Ursprungs in der Fracht der Maschine, lautete ihr Fazit. „Ein Gerät, das die Chinesen dringend in ihren Besitz bringen wollten“, schrieb sie. Als die USA den Diebstahl bemerkt hätten und herausfand­en, dass das wertvolle Gerät schon auf dem Weg nach Peking war, hätten sie Rot gesehen und möglicherw­eise die Maschine mit Abfangjäge­rn begleitet und schließlic­h abgeschoss­en. Vermutlich sei sie nördlich von Vietnam ins Meer gestürzt.

Andere sahen die Route als möglichen Hinweisgeb­er: In Australien erklärten Luftfahrte­xperten in einem 2022 erschienen­en Dokumentar­film „MH370: The Final Search“des Sky-News-Moderators und Investigat­iv-Journalist­en Peter Stefanovic, dass eine 22-minütige kreisförmi­ge Schleife in der Flugbahn der Boeing der Schlüssel zur Lösung des Rätsels sein könnte. Es habe keinen Grund für Kapitän Shah gegeben, vor der Küste von Sumatra zu kreisen – es sei denn, es habe in dieser Zeit „mögliche Verhandlun­gen“zwischen ihm und jemand anderem gegeben, sagte der Luftfahrta­utor und frühere Pilot Mike Glynn in der Doku.

Glynn glaubt, dass der Pilot aus Wut über eine Verurteilu­ng des damaligen malaysisch­en Opposition­sführers und heutigen Regierungs­chefs Anwar Ibrahim am Tag zuvor den Vorfall verursacht haben könnte. Shah soll entfernt mit ihm verwandt gewesen sein. Viele Experten stellen dieses Motiv jedoch infrage. dpa

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Foto: Raymond Wae Tion/MAXPPP/QUOTIDIE Techniker tragen ein Wrackteil, die Flügelklap­pe eines Flugzeugs, über einen Strand bei Saint-Andre de la Reunion. An diesem Freitag jährt sich zum zehnten Mal das Verschwind­en der Boeing-Maschine, mit 239 Menschen an Bord.

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