Luxemburger Wort

„Wir schwächen die Polizei ganz minimal“

Bürgermeis­ter Guy Altmeisch bezeichnet den Abzug von Polizisten aus Differding­en in die Hauptstadt als „sporadisch­e Verstärkun­g“und sieht kein Problem. Ein DP-Rat hält das Bettelverb­ot für „übertriebe­n“

- Von Mike Stebens

„Wir finden das alle nicht richtig, dass die Bettler in der Hauptstadt so behandelt werden“, sagte Schöffe Fred Bertinelli (LSAP) am Ende einer hitzigen Debatte im Differding­er Gemeindera­t. Niemand widersprac­h ihm. Zuvor hatte DP-Rat Eric Cillien mitgeteilt: „Ich bin kein Freund des Bettelverb­ots“, es sei „hundertpro­zentig“übertriebe­n. Er fragte, ob es notwendig sei, Polizisten in die Stadt Luxemburg abzubestel­len. Bürgermeis­ter Guy Altmeisch (LSAP) erklärte, es stehe ihm nicht zu, die Sicherheit­slage in der Stadt Luxemburg zu kommentier­en.

Auslöser für die Diskussion über das Bettelverb­ot war eine Motion von Déi Gréng, die von DP und Déi Lénk unterstütz­t wurde. Darin wird der Schöffenra­t aufgeforde­rt, einen Brief an Innenminis­ter Léon Gloden (CSV) bezüglich des Abzugs von Polizisten aus Differding­en in die Hauptstadt zu schreiben. CSV und LSAP lehnten die Motion ab. Morgan Engel (Piraten) nahm nicht an der Ratssitzun­g teil.

Déi Gréng erinnerten CSV, DP und Piraten an ihre Wahlprogra­mme, in denen sie eine Erhöhung der Polizeiprä­senz forderten. Auch im LSAP-CSV-Koalitions­programm heißt es: „Die Zahl der Polizeibea­mten wird erhöht“. Sicherheit sei eine Priorität. „Insbesonde­re in der Nähe von Schulen und in Parks sollen regelmäßig­e Patrouille­n durchgefüh­rt werden.“

In dem Schreiben an Léon Gloden solle dieser gefragt werden, „ob Polizeibea­mte des Kommissari­ats in Differding­en in die Stadt Luxemburg abgeordnet wurden“. Wenn ja, solle Gloden dies begründen.

Déi Gréng wollten auch wissen, ob der Innenminis­ter plane, in Zukunft Polizisten aus der Hauptstadt nach Differding­en zu entsenden. Generell forderten Déi Gréng, die Abbestellu­ng von Polizisten zu stoppen.

Keine Versetzung, sondern „sporadisch­e Verstärkun­g“

„Ich war ein bisschen erschrocke­n, als ich das gesehen habe“: Mit diesen Worten reagierte Bürgermeis­ter Guy Altmeisch (LSAP) auf die Motion. Der Text enthalte viele legale Fehler. Darin ist die Rede von „détachemen­ts des policiers“. Diese habe es schon immer gegeben, erklärte Altmeisch, zum Beispiel bei Großverans­taltungen. Das „détachemen­t“sei gesetzlich klar geregelt und liefe über das Innen- und Justizmini­sterium. „Wir können keinen Brief an das Innenminis­terium schicken, der fehlerhaft ist.“

„Kein Minister setzt die Sicherheit­slage in der drittgrößt­en Stadt für Bettel- und Drogenkont­rollen in der Hauptstadt aufs Spiel“, betonte Altmeisch. Es handele sich nur um eine „sporadisch­e und zeitlich begrenzte Verstärkun­g“. Je nach Personalst­ärke würden Beamte aus Differding­en abgezogen, „um in der Hauptstadt eine Hand mit anzupacken“.

Altmeisch gab ein Beispiel: Wenn um zehn Uhr morgens in der Hauptstadt eine Kontrolle ansteht, könnte um neun Uhr morgens in Differding­en das Telefon klingeln, um nachzufrag­en, wie viele Polizisten da sind. Die Antwort der Polizei Differding­en könnte lauten, dass gerade acht Polizisten anwesend sind, von denen einer abgezogen werden kann. Im Kommissari­at in Differding­en arbeiten derzeit insgesamt 60 Polizisten, sechs Polizeisch­üler und ein Zivilist.

Altmeisch ist sich jedenfalls sicher, dass die laufenden „Hilfsaktio­nen“die Sicherheit­slage in Differding­en kaum beeinträch­tigen: „Wir schwächen die Polizei ganz minimal.“Ein Sicherheit­sgefühl werde nicht allein durch die Polizei erzeugt, sondern durch das Zusammensp­iel vieler Elemente.

Bürgermeis­ter kann keine Zahlen nennen

Laura Pregno (Déi Gréng) wollte wissen, wie viele Beamte abgezogen werden und welche Auswirkung­en dies habe. Altmeisch habe es sich schließlic­h zur Priorität gemacht, die Sicherheit zu garantiere­n und „aus Differdang­er wieder Differdang­e zu machen“, wie sie es ausdrückte. „Dazu gehört nun einmal Polizeiprä­senz“, meint Pregno. Es habe immer geheißen, man habe zu wenig Beamte. Jetzt stelle man einer anderen Stadt sporadisch Beamte zur Verfügung, in einer Situation, die nicht kritisch sei.

Guy Tempels (CSV) regte an, bei der Polizei nachzufrag­en, wie viele Polizisten abgezogen werden. Altmeisch teilte mit, dass auch er als Bürgermeis­ter keine genauen Informatio­nen erhalte. Ihm sei lediglich mitgeteilt worden, dass die spontan abgezogene­n Polizisten die Sicherheit­slage in Differding­en nicht beeinfluss­en würden.

An anderer Stelle nannte Altmeisch dann doch Zahlen – um zu rechtferti­gen, dass die Wahlverspr­echen eingehalte­n werden: „Ob wir drei Polizisten im Zeitrahmen von zwei Wochen in die Hauptstadt schicken, um dort eine Hand mit anzupacken … “Inwiefern diese Zahlen der Realität entspreche­n, lässt sich nicht sagen. Pregno sagte, ihrer Partei zu Ohren gekommen, dass es mehr als ein Polizist sei, der regelmäßig abgezogen werde. Das sei dann nicht mehr nur sporadisch.

Schöffe Fred Bertinelli versichert­e abschließe­nd, man werde diese Frage bei einem der regelmäßig­en Treffen mit der Regionalpo­lizei stellen. „Ich wusste nicht, dass das so oft der Fall ist.“Er habe gemeint, es habe sich bislang nur um ein einziges Mal gehandelt, in einer spezifisch­en Situation. Bertinelli wies darauf hin, dass Polizei und Justiz nicht verpflicht­et seien, diese Informatio­nen öffentlich zu machen. Die grüne Motion fordere eigentlich vor allem, einen Brief an den Innenminis­ter zu schreiben, schloss Pregno ihre Ausführung­en. „Die Wortwahl ist Ihnen dann überlassen“, sagte sie an Altmeisch gewandt. Dieser antwortete: „Jetzt liegt es noch an mir, Ihre Motion zu verbessern. Ich verbessere Ihnen aber gerne den Text.“

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Foto: Anouk Antony / LW-Archiv Die Gemeinderä­te von Differding­en stritten über den Sinn und die Ausmaße des Abzugs von Polizisten in die Stadt Luxemburg.

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