Der neue Nationaltrainer setzt auf das Sandwich-Prinzip
Beim CIJ Meet in der Coque messen sich Nachwuchsschwimmer mit Olympia-Kandidaten. Jérémy Bruggeman ist vom amerikanischen Weg überzeugt
15 Jahre lang arbeitete Jérémy Bruggeman in Kanada. Die Erfahrungen aus dieser Zeit überträgt der 45-Jährige nun in seine Arbeit als Nationaltrainer in Luxemburg. Vor dem CIJ Meet, das von heute bis Sonntag in der Coque stattfindet, erläutert Bruggeman den besonderen nordamerikanischen Weg im Sport. Im Interview spricht er über Olympiachancen und verrät, warum er sich in jungen Jahren für ein Ganzkörpertattoo entschieden hat.
Jérémy Bruggeman, wieso haben Sie so viele Tattoos?
Eigentlich ist es nur eines, das den ganzen Körper bedeckt. Das war etwas, was ich schon viele Jahre machen wollte, schon als Teenager. Da will man ja manchmal verrückte Dinge tun (lacht). Als ich nach Kanada zog, habe ich einen polynesischen Tattookünstler kennengelernt, der mit vielen Leuten überall auf der Welt gearbeitet hat. Wir haben uns direkt gut verstanden und über alles Mögliche gesprochen. Das Tattoo hat auf dem Arm angefangen, dann haben wir immer weitergemacht. Ich mag die Kunst, aber auch die Symbolik dahinter. Es geht um viele Dinge, wie jung sein und reisen. Während des
Prozesses wurden wir Freunde. Und auch für mich selbst war es eine ganz spezielle Erfahrung.
Auch im Sportbereich sind Sie in Kanada in eine ganz besondere Welt eingetaucht...
Der amerikanische Weg ist ganz anders als der, den ich aus Frankreich kannte. Die Leute dort denken anders. Es geht vor allem um die Mentalität, das Mindset hinter dem Sport. Im Englischen gibt es zwischen Trainer und Coach einen großen Unterschied. Trainer trainieren, Coaches begleiten. Es geht darum, sich um die Athleten zu kümmern. Ich habe gelernt, was es heißt, einen Sportler in seinem Projekt zu pushen.
Was bedeutet das?
Es gibt das Sandwich-Prinzip. Dabei wechselt man Lob und positives Feedback immer mit konstruktiver Kritik ab. Das treibt die Athleten an. Wir sind Menschen, wir haben Erfolge und Misserfolge. Aber wichtig ist, dass es nach jedem Ergebnis immer wieder das nächste Rennen gibt. Es geht immer weiter nach vorne.
Welche Aufgaben haben Sie bei der FLNS?
In der Praxis arbeite ich jeden Tag gemeinsam mit Christophe Audot (Sportdirektor, Anm. d. Red.) am Becken. Während er vor allem für die Hochleistungsathleten zuständig ist, kümmere ich mich um den Nachwuchs. Ich bin auch verantwortlich für die Zusammenarbeit mit dem Sportlycée und den Kontakt zu den Vereinen und ihren Trainern.
Wie vielversprechend ist die luxemburgische Schwimm-Zukunft?
Wir haben einige gute Nachwuchsathleten. Aber ich schaue auch auf die ganz jungen Schwimmerinnen und Schwimmer. Sie sind noch Kinder, deshalb denken wir bei
ihnen noch nicht an Höchstleistungen. Aber wir achten darauf, was sie lernen und dass sie sich in die richtige Richtung entwickeln. Grundsätzlich möchte ich, dass sich das Schwimmen in Luxemburg weiterentwickelt. Christophe und ich haben dabei die gleiche Vision.
In den letzten Jahren haben mit Raphaël Stacchiotti, Julie Meynen, Laurent Carnol und Monique Olivier einige erfolgreiche Athleten ihre Karrieren beendet. Wie wichtig sind solche Vorbilder für die nächsten Generationen?
Sie alle sind Botschafter unseres Sports – und natürlich wichtige Vorbilder. Man sieht aber, dass junge Athleten wie Rémi Fabiani, Ralph Daleiden oder Finn Kemp auch schon Vorbilder für die noch Jüngeren sind. Sie zeigen dem Nachwuchs den Weg, wie man es nach oben schaffen kann.
Beim CIJ Meet in der Coque bietet sich dem Nachwuchs am Wochenende eine große Bühne. Welchen Wert haben solche Wettkämpfe im eigenen Land?
Es ist eine gute Sache, dass die Jugendlichen mit den Senioren zusammen schwimmen. Für mich ist es interessant, diese ganze Bandbreite zu beobachten, denn beispielsweise zum Euro Meet schaffen es die meisten nicht. Wir als Verband haben jetzt die Möglichkeit, uns in der Coque zu präsentieren und zu zeigen, wie gut wir aufgestellt sind. Denn es ist wichtig, dass man stolz auf das Land ist, das man vertritt.
Das CIJ Meet ist ein olympischer Qualifikationswettkampf, unter anderem gehen Julien Henx und Rémi Fabiani an den Start. Welche Luxembuger Schwimmer werden wir im Sommer in Paris sehen?
Das ist eine schwierige Frage. Ich will keinen Druck aufbauen. Fakt ist, dass unsere Kandidaten das Zeug dazu haben. Auch Ralph Daleiden hat das Potenzial. Leider habe ich ihn noch nicht kennengelernt, weil er weiterhin in den USA ist. Es ist aber wichtig, dass alle daran glauben, dass sie ihre Ziele erreichen können. Sie sollen träumen und gierig sein. Am liebsten würde ich in Paris alle sehen.
: Man sieht, dass junge Athleten wie Rémi Fabiani, Ralph Daleiden oder Finn Kemp schon Vorbilder für die noch Jüngeren sind.